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Milliardengeschäfte an der Börse Warum Konzerne ihre eigenen Aktien kaufen

Stand: 03.05.2024 13:08 Uhr

Mercedes macht es, Siemens, Apple und Berkshire Hathaway auch: Aktienrückkäufe nehmen zu. Welche Ziele die Unternehmen dabei verfolgen - und was die Folgen für Anleger sind.

Von Antje Erhard, ARD-Finanzredaktion

Immer mehr Unternehmer nehmen Geld in die Hand, um ihre eigenen Aktien aufzukaufen. Das nennt man an der Börse Aktienrückkauf. Unternehmen haben dafür verschiedene Möglichkeiten: Zum einen der Weg über die Börsen. Wie jeder Marktteilnehmer können Unternehmen dort Aktien kaufen oder verkaufen, auch ihre eigenen. Zum anderen können sie ihren Aktionären ein öffentliches Angebot zum Kauf unterbreiten mit fester Anzahl und festem Preis.

Die Hauptversammlung muss dem Vorstand dazu das "Go" geben. Dazu werden Umfang und Zeitraum des Rückkaufes genau festgelegt. Gesetzlich geregelt ist von vornherein, dass Unternehmen nur maximal zehn Prozent des Grundkapitals zurückerwerben dürfen.

Die zurückgekauften Aktien kann ein Unternehmen aus dem Verkehr ziehen, also löschen. Eine andere Möglichkeit ist, sie an die Belegschaft auszugeben als eine Art Bonus. Manche Unternehmen nutzen das durchaus zur Motivation.

Update Wirtschaft vom 30.04.2024

Antje Erhard, HR, Update Wirtschaft, 30.04.2024 09:00 Uhr

Mehrwert für Aktionäre

Aber warum kaufen Unternehmen ihre eigenen Aktien - ein Aktienrückkauf kostet schließlich Geld? Geld, das für Investitionen oder Schuldentilgung dann nicht mehr zur Verfügung steht?

Es geschehe dann, "wenn Unternehmen mehr Chancen darin sehen, ins eigene Unternehmen zu investieren, statt weiter in das operative Geschäft oder am Kapitalmarkt anzulegen", sagt Börsenexperte Andreas Lipkow. Das sei eine gut abzuwägende unternehmerische Entscheidung. "Und natürlich gibt man den Aktionären mehr Wert."

Kurz gesagt: Diese Programme hübschen den Kurs auf - auf legale Art: Wenn eine größere Anzahl Aktien vom Markt verschwindet und die Zahl der handelbaren Aktien sinkt, dann wird das Angebot knapper. Gewinne und Dividenden verteilen sich dann auf weniger Aktien. Das Ergebnis: Der Gewinn pro Aktie steigt, obwohl das Unternehmen nicht mehr verdient haben muss. Der Aktienkurs legt meistens zu.

Schutz vor Übernahmen

Aktien-Rückkäufe können aber ein Unternehmen auch vor einer Übernahme schützen. Will ein Unternehmen nicht übernommen werden, kann es mit Aktien-Rückkäufen gegenhalten. Dann wird es für den kaufwilligen Konkurrenten schwerer, denn weniger Aktien bedeuten: höhere Preise.

Vor allem die Kurssteigerungen machen sich immer mehr Unternehmen auch hierzulande zunutze: Siemens, SAP und Mercedes sind die größten Rückkäufer. In Deutschland wollen die DAX-Unternehmen in diesem Jahr insgesamt rund 16 Milliarden Euro in Rückkäufe ihrer Aktien stecken, analysierte die Commerzbank kürzlich. Das wäre ein Rekordwert.

Aktionäre profitieren davon kurz- wie langfristig. Schon die Ankündigung eines solchen Programms lässt meistens den Aktienkurs zulegen. Langfristig belegt eine Auswertung des Vermögensverwalters HQ Trust, dass Aktien-Rückkäufe für die Aktionäre ein Vorteil sein können.

Rückkäufe bringen häufig Kurssteigerungen

Dazu analysierte HQ Trust die Entwicklung des weltweit investierenden MSCI All Country World-Index über zehn Jahre: Im Durchschnitt stiegen die nordamerikanischen Aktien im Index in dem Zeitraum jährlich um 13,7 Prozent. 3,5 Prozentpunkte gehen nach Einschätzung von HQ Trust auf das Konto der Rückkäufe - in Europa sogar noch mehr: Obwohl die Kurse im Schnitt 6,8 Prozent jährlich gestiegen waren, haben die Rückkäufe in Europa 26,8 Prozent ausgemacht.

In den USA sind Rückkäufe seit Jahren gängige Praxis. Beispiel Apple: Der iPhone-Hersteller kündigte in dieser Woche an, Aktien für 110 Milliarden US-Dollar zu kaufen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte er für 78 Milliarden US-Dollar eigene Anteile vom Markt genommen, 2022 im Volumen von 90 Milliarden - und das in Zeiten, in denen die iPhone-Nachfrage sinkt und der wichtige chinesische Markt schwieriger geworden ist. Auch Groß-Investor Warren Buffett steckt immer wieder Milliarden in eigene Aktien.

Was Kritiker bemängeln

Nicht nur wenn es geschäftlich schwieriger läuft - grundsätzlich gibt es an Aktien-Rückkäufen Kritik: Einfallslos sei es, eigene Aktien zurückzukaufen; nur den Aktionären verpflichtet. Investitionen in das Geschäft wären sinnvoller. In schwierigen Zeiten halte man besser sein Geld zusammen.

Während in Deutschland die Rückkauf-Mentalität in den letzten Jahren zunimmt, rudern die USA aktuell etwas zurück. Im vergangenen Jahr haben US-Unternehmen für rund 773 Milliarden Dollar eigene Aktien gekauft. Allerdings waren das 17 Prozent weniger als im Vorjahr, das ergab eine Studie des Vermögensverwalters Janus Henderson.

In den USA könnte die Billionen-Dollar-Marke fallen

Die Investmentbank Goldman Sachs prognostiziert allerdings für das kommende Jahr, dass die Rückkäufe einen Rekord erreichen, weil vor allem die Technologie-Unternehmen sich an den Programmen beteiligen: "Das Gewinnwachstum ist der wichtigste Antrieb für Aktienrückkäufe", erklärte Goldman Sachs im März in einer Studie und untermauerte das mit Zahlen: Erstmals soll die Billionen-Dollar-Grenze für Aktienrückkäufe der Unternehmen des S&P 500 Aktienindex fallen.

Neben den Aussichten auf steigende Gewinne könnten die möglicherweise sinkenden Zinsen Unternehmen animieren, mehr Geld für Rückkäufe auszugeben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. Mai 2024 um 09:00 Uhr.