EU-Kommissarin Kroes erklärt Abkommen für erledigt "Macht Euch um ACTA keine Sorgen mehr"

Stand: 04.05.2012 15:04 Uhr

Steht das umstrittene Urheberrechtsabkommen ACTA vor dem Aus? Die EU-Kommissarin Kroes hat es auf der Internet-Konferenz re:publica für erledigt erklärt. Die massiven Proteste seien "ein Weckruf" für Brüssel gewesen. Ihrem Sprecher zufolge ist die Kommission von der Richtigkeit ACTAs aber weiter überzeugt.

Dass es Politiker, zumal, wenn es sich um EU-Politiker handelt, in die Trends von Twitter schaffen, ist eher ungewöhnlich. Neelie Kroes, EU-Kommissarin mit Zuständigkeitsgebiet für Medien und damit für die "Digitale Agenda", hat aber genau das heute geschafft: Denn auf der Konferenz re:publica in Berlin erklärte sie das umstrittene Urheberrechtsabkommen ACTA für erledigt: "Macht Euch um ACTA keine Sorgen mehr", sagte Kroes in Richtung der Netzaktivisten, die seit Monaten gegen das Abkommen Front machen.

Weckruf für Brüssel

Der massive Protest gegen ACTA sei ein "Weckruf" für Brüssel gewesen, erklärte Kroes. Es sei daher wahrscheinlich, dass das Vertragswerk nicht in Kraft treten werde. Der Widerstand der Netzgemeinde zeige zudem, welche politische Kraft dem Internet innewohne: "Das ist eine starke neue politische Stimme", sagte Kroes. Und auch wenn sie nicht alle Argumente und Forderungen der Netzaktivisten teile, sei sie doch davon überzeugt, dass das Internet offen und unzensiert bleibe. Zugleich müsse es aber auch eine faire Bezahlung für Künstler und Kreative geben. Der Wandel von analog zu digital könne nicht bedeuten, dass Inhalte immer kostenlos zu haben seien.

EU-Medienkommissarin Neelie Kroes (Archivbild)

EU-Medienkommissarin Neelie Kroes erklärt ACTA für erledigt.

Die Äußerung der EU-Kommissarin kommt überraschend: Bislang hatte die EU-Kommission das umstrittene Abkommen verteidigt und erklärt, zunächst eine Prüfung des Europäischen Gerichtshofs abwarten zu wollen.

Kroes' Sprecher in Brüssel erklärte inzwischen, dass Kroes ebenso wie die gesamte Kommission weiterhin von der Richtigkeit ACTAs überzeugt sei. Allerdings habe sich seine Chefin offenbar mit "der politischen Realität" abgefunden. Zuständig für ACTA ist nicht Kroes, sondern EU-Handelskommissar Karel De Gucht.

Breite Zustimmung im Netz

Im Netz stieß Kroes' Vorstoß erwartungsgemäß auf breite Zustimmung. Und auch die Vorreiter des Protests, etwa der Verein Digitale Gesellschaft, nahm das Statement positiv auf, warnte aber zugleich vor zu viel Optimismus: "Das Abkommen ist damit noch nicht erledigt", sagte der Vorsitzende des Vereins, Markus Beckedahl. Der Verein ruft weiterhin zu Aktionen gegen ACTA auf, bis das Europaparlament voraussichtlich Anfang Juli über das Abkommen abstimmt.