Bürger von Bogotá (Kolumbien) stehen Schlange, um von einem Lkw Wasser zu bekommen.

Wassermangel in Kolumbien Seltener und kürzer duschen

Stand: 20.04.2024 15:11 Uhr

Bogotá erlebt die schlimmste Dürre seit 40 Jahren - und das Wasser für die rund zehn Millionen Einwohner der Region wird knapp. Die Verwaltung schränkt den privaten Wasserverbrauch nun ein.

Von Nicole Ris, Bogota und Anne Herrberg, ARD Rio de Janeiro

Drei Minuten 16 Sekunden - so lange dauert das Lied "Agua" ("Wasser") der kolumbianischen Band Bomba Estéreo, und genauso lange beziehungsweise genauso kurz sollten die Einwohner von Bogotá derzeit maximal duschen.

So die offizielle Empfehlung der Stadtregierung, die eine Liste mit "Duschliedern" herausgegeben hat, die alle weniger als fünf Minuten lang sind. Wasser ist derzeit extrem knapp, Kolumbiens Hauptstadt erlebt die schlimmste Dürre seit 40 Jahren.

Der Verbrauch soll daher von bisher 17 Kubikmeter pro Sekunde auf 15 gesenkt werden, erklärte Bogotás Bürgermeister Fernando Galan, sonst müssten die Beschränkungen noch verschärft werden: "Halten Sie Bäder kurz!", denn die machten mehr als 50 Prozent des Wasserverbrauchs aus.

Ein Angestellter der Wasserwerke von Bogotá kontrolliert den Pegelstand am Reservoir San Rafael (Kolumbien)

Wie weit ist der Pegel zurückgegangen? Ein Mitarbeiter der Wasserwerke von Bogotá kontrolliert den Stand am Stausee San Rafael.

Das Wasser wird tageweise abgedreht

Die Stadt wurde dazu in neun Sektoren aufgeteilt, in denen im Wechsel täglich das Wasser ab acht Uhr morgens für 24 Stunden abgedreht wird, so dass die Menschen jeweils alle neun Tage ohne Wasser auskommen müssen.

Diana Villada und ihre Familie haben so viele Eimer gefüllt, wie sie vorrätig hatten: "Ich habe die Befürchtung, dass das hier zur neuen Normalität werden könnte", sagt Villada, "dass das Wasser in den Stauseen immer mehr sinkt und es wirklich kein Wasser mehr für uns gibt".

Bürger von Bogotá (Kolumbien) stehen Schlange, um von einem Lkw Wasser zu bekommen.

Auch die Kleinen müssen mit zum Anstehen - wenn in Bogotá Wasser an die Bürger verteilt wird.

Stauseen auf Tiefstand

Die Maßnahmen sollen so lange in Kraft bleiben, bis sich die Wasserreserven der Hauptstadt erholt hätten. Der San-Rafael-Stausee, einer des wichtigsten Wasserreservoirs der Metropolregion mit rund zehn Millionen Einwohnern ist auf einem kritischen Tiefstand: Er ist gerade mal zu 16 Prozent gefüllt. Ohne Sparmaßnahmen würde das Wasser nur noch etwa einen Monat reichen, erklärte der Bürgermeister.

Die Wasserkrise hat auch regionale Auswirkungen: Aufgrund des Mangels und der kritischen Produktion von Wasserkraftwerken kündigte Andrés Camacho, Kolumbiens Minister für Bergbau und Energie Anfang der Woche an, den Stromexport in das benachbarte Ecuador einzustellen: "Im Moment exportieren wir keinen Strom. Wir ergreifen alle Maßnahmen um unseren nationalen Bedarf zu decken."

Dabei leidet Ecuador selbst unter einer Energiekrise. Am Dienstag rief Präsident Daniel Noboa den Notstand aus - wenige Tage vor einem wichtigen Referendum über die angespannte Sicherheitslage im Land.

Ökosysteme besser schützen

Grund für die Wasserkrise ist einerseits das Klimaphänomen El Niño. Die normalerweise starken regionalen Niederschläge sind seit letztem Jahr nahezu ausgefallen. Dazu litt das Land Anfang des Jahres bis im März unter einer Hitzewelle, in den Bergen rund um die 2.600 Meter hoch gelegene Hauptstadt wüteten Waldbrände.

Doch das waren nicht die einzigen Faktoren, die zur aktuellen Krise geführt haben. "Wir müssen unsere Abhängigkeit von der Natur verstehen. Das ist es, was uns diese Krise im Grunde zeigt", sagt Carlos Mauricio Herrera, Naturschutzdirektor von WWF Kolumbien.

In den vergangenen Jahren sei der Wasserverbrauch in Bogotá gestiegen, da die Stadt weiter wachse. Die Regierung habe jedoch kaum auf die Entwicklung reagiert. Die Stadt müsse ihre Ressourcen besser planen und regulieren und sich um die lokalen Ökosysteme kümmern: "Ohne Bewirtschaftung, Schutz und Erhaltung der Andenwälder und der Feuchtgebiete, von denen wir abhängig sind, wird sich der Mangel noch verschärfen", so der WWF-Experte.

Die Krise hält derweil an. Hoffnung macht den Bewohnern von Bogotá, dass es Mitte der Woche erste Regenfälle gab.

Anne Herrberg, ARD Rio de Janeiro, tagesschau, 19.04.2024 12:42 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. April 2024 um 11:51 Uhr.