EU-Finanzministertreffen

EU-Finanzministertreffen Nachsitzen nach der Nachtsitzung

Stand: 04.12.2018 05:33 Uhr

Euro-Rettungsschirm, Euro-Haushalt, Finanztransaktions- und Digitalsteuer, Italiens Defizit - die EU-Finanzminister haben sich die ganz großen Themen vorgenommen. Da reichte auch eine Nachtschicht nicht.

Sie kamen gestern Nachmittag, sie verschwanden hinter verschlossene Türen und tauchten bis zum frühen Morgen nicht mehr auf. "Es lohnt sich, bis in die Nacht zu verhandeln. Es wäre toll für Europa, wenn wir uns auf eine Euro-Reform einigen können", so ließ sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz noch gestern vor Beginn der am Ende unergiebigen Marathonsitzung vernehmen.

"Wir haben uns übernommen"

Danach verhakten sich die Finanzminister der Euro-Staaten in stundenlangen Debatten. Eine übervolle Tagesordnung voller Probleme tat ein Übriges: "Wir haben uns übernommen", klagten EU-Diplomaten am Morgen. Das gemeinsame Ziel ist klar, nicht aber der Weg. Der Euro soll Krisen besser aushalten, der Euro-Rettungsschirm soll größer und stabiler werden

Umstritten ist aber, ob der Schirm im Notfall auch Pleitebanken schützen darf, wenn sich die Kreditinstitute nicht mehr gegenseitig helfen können. Das sollen sie im Regelfall tun und dafür auch besser vorsorgen. Einige Länder befürchten, für fremde Schulden haften zu müssen.

Euroraum-Haushalt verschoben

Umstritten auch: ein eigener Extra-Haushalt für die Länder des Euroraumes. Die Debatte über dieses schwierige Thema wurde verschoben auf Januar. Noch keine Einigung gab es auch bei der angedachten Finanztransaktionssteuer auf Aktiengeschäfte. Zumindest eine EU-Steuer für Digitalkonzerne wie Google, Facebook und Co. wollen Deutschland und Frankreich bis 2021 durchsetzen, aber nur unter engen Voraussetzungen.

EU-Finanzministertreffen

Keine wirkliche Annäherung: Italiens Finanzminister Tria und EU-Kommissar Moscovici

Streit mit Italien geht weiter

Italien bleibt ein Sorgenkind des Euroraums. Ein Defizitverfahren wegen zu hoher Schulden ist noch nicht vom Tisch. Gestern Abend hatte sich der Streit zwischen Italien und den anderen Euro-Ländern um Gegenmaßnahmen noch einmal verschärft. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici hatte noch gestern von "Entspannungssignalen" aus Rom gesprochen: "Der Ton hat sich doch geändert", zumal die anderen EU-Staaten bei möglichen Sanktionen zusammenhalten.

Ändert Italien nicht seinen Kurs, dann droht ein beispielloses Defizitverfahren und am Ende eine Milliardenstrafe. Italien, so die Hoffnung der Minister, werde alles tun, um diese Extrabelastung für das überschuldete Land zu umgehen. Ein möglicher Weg wäre eine Änderung in der italienischen Gesetzgebung. Nach den bisherigen Plänen will die Regierung mehr Schulden machen als bisher angekündigt, um Renten aufzubessern und ein Grundeinkommen für alle zu finanzieren.

Am Abend hatte der italienische Vize-Premier und Vorsitzende der Lega-Partei, Matteo Salvini, auf einer Veranstaltung in Brüssel wenig Versöhnliches durchblicken lassen. Allenfalls marginale Änderungen am Haushaltsentwurf für das Jahr 2019 seien denkbar: "Alles andere haben wir den Wählern im Wahlkampf versprochen. Das können wir nicht zurücknehmen". Um danach noch eine handfeste Unfreundlichkeit nachzuschieben. "Die EU-Kommission behandelt Italiener wie Teppichhändler". Entspannung im Streit mit der EU klingt anders.

Andreas Meyer-Feist, Andreas Meyer-Feist, ARD Brüssel, 04.12.2018 07:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 04. Dezember 2018 um 05:08 Uhr.