EU-Parlament zur Wasserversorgung Regeln, aber kein Zwang zur Privatisierung
Der Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments befürwortet einheitliche Regeln für die Trinkwasserversorgung. Aber Kommunen sollen weiterhin entscheiden können, ob sie die Wasserversorgung privatisieren wollen. Und es soll eine Übergangsfrist bis 2020 geben.
Von Cai Rienäcker, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
Bei ihrer Ausschusssitzung hatten es die Europaparlamentarier wie so oft mit einer unübersichtlichen Vielzahl von Änderungsanträgen zu tun. Noch bis kurz vor der Abstimmung wurde versucht, den Druck aus der öffentlichen Diskussion ums Trinkwasser zu nehmen. Die SPD-Europaabgeordnete Evelyne Gebhardt ist sich jetzt sicher, dass die EU keine Kommune in Deutschland dazu zwingen kann, ihre Wasserversorgung zu verkaufen: "Wir haben ganz klar in das Gesetz hineingeschrieben, dass die Entscheidung Sache der Mitgliedsstaaten ist. In Deutschland sind damit eher die lokalen Behörden, also die Stadtwerke, die Städte, die Gemeinderäte gemeint."
Ausschreibungspflicht erst ab 2020
Bei der geplanten Richtlinie der EU geht es nur um die Gemeinden und Städte, die ihre Wasserversorgung bereits privatisiert haben oder dies in Zukunft wollen. Für solche Fälle nachvollziehbare öffentliche Regeln zu haben, ist nach Meinung der Europaabgeordneten Gebhardt auch sinnvoll: "Wir müssen verhindern, dass im Hintergrund gemauschelt wird. Wir müssen die Qualität des Wassers sicherstellen, aber auch die Arbeitsbedingungen in den Versorgungsunternehmen."
Es soll also einheitliche europäische Regeln geben für den Fall, dass Gemeinden ihre Wasserversorgung vollkommen oder teilweise privat organisieren. Wird mehr als ein Fünftel des Geschäfts außerhalb der eigenen Kommune erbracht und ist der Vertragswert höher als acht Millionen Euro, dann muss künftig öffentlich nach EU-Regeln ausgeschrieben werden. Aber auch das nicht sofort: "Es wird eine Übergangsregelung geben", erläutert Heide Rühle, EU-Abgeordnete der Grünen: "Wenn sich der Ausschussentwurf durchsetzt, haben die Stadtwerke bis 2020 Zeit, die Richtlinie umzusetzen."
Kommunen wollen EU-Gesetz verhindern
Vor allem große Stadtwerke werden bis dahin sicherstellen müssen, dass ihr Wassergeschäft klar von privatisierten Sparten getrennt ist und 80 Prozent des Geschäfts vor Ort betrieben wird. Wenn neben dem Wasser auch Strom und Gas unter dem Dach der Stadtwerke vertrieben werden, wird das schwierig. "Energie hat meistens den zwei- bis dreifachen Umsatz des Wassers", sagt Rühle: "Und der Energiemarkt lässt sich nicht regional isolieren. Deshalb ist die 80-Prozent-Regelung völlig irreal."
Deshalb befürchten viele Kritiker, einige Städte oder kommunale Zweckverbände könnten schließlich doch gezwungen sein, ihre Wasserversorgung öffentlich auszuschreiben - eine Privatisierung durch die Hintertür. Die deutschen Kommunalverbände wollen die EU-Pläne deshalb noch stoppen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte Bundeskanzlerin Merkel auf, die Trinkwasserversorgung zur Chefsache zu machen.