Nach der Wahl in Österreich Europa-Feinde machen der EU Angst
Europaskeptische und europafeindliche Parteien legen bei den Wahlen in Europa zu. Gerade erreichten Rechtspopulisten in Österreich 30 Prozent. In Brüssel geht die Befürchtung um, dass EU-Gegner bei der Europawahl im Mai 20 Prozent gewinnen könnten.
Mehr als 30 Prozent für rechte Parteien, die offen ihre Abneigung gegen Euro und Europa propagieren: Damit setzt Österreich einen neuen Maßstab in der EU. Aber auch in vielen anderen Ländern sind Rechtspopulisten und Rechtsradikale auf dem Vormarsch.
Graham Watson, der die Allianz der Europäischen Liberalen Parteien anführt, zählt auf: "Das gibt es in fast jedem Land Europas. Die UKIP in Großbritannien hat bei den Kommunalwahlen 26 Prozent erreicht, der Front National in Frankreich 22 bis 25 Prozent."
Man könnte die Liste fortsetzen. Von den Wahren Finnen über die Partei der Freiheit von Geert Wilders in den Niederlanden, dem Vlaams Belang in Belgien, bis hin zur Lega Nord und der Fünf-Sterne-Bewegung in Italien. Ganz zu schweigen von den Parteien faschistischer Couleur wie der Morgenröte in Griechenland oder Jobbik in Ungarn.
Die AfD vor den Toren Brüssels
Die Bundesrepublik ist da noch so etwas wie ein Fels in der Brandung. Aber die AfD hat es bei der Bundestagswahl aus dem Stand beinahe in das Parlament geschafft. Das wurde in Brüssel sehr aufmerksam registriert, wie der Politologe Janis Emmanouilidis feststellt: "Es ist natürlich ein Signal, wenn es eine Partei mit einem derartigen Programm innerhalb weniger Monate auf 4,7 Prozent schafft."
Sollte die Partei um Bernd Lucke ein ähnlich gutes Resultat bei den nächsten Europa-Wahlen im Mai schaffen, dann wäre sie problemlos im Europäischen Parlament. Denn für die Europawahl gilt in Deutschland nur eine Hürde von drei Prozent.
In manch anderem EU-Land gibt es gar keine Sperrklausel. Da macht sich auch der Liberale Watson nichts vor: "Was sicher ist und das sieht man jetzt seit zehn Jahren oder auch schon länger, dass immer mehr Europafeinde, Europagegner ins Parlament gewählt werden."
Auf der Suche nach Gegenrezepten
Die Politikstrategen in Brüssel gehen davon aus, dass nach den Wahlen bis zu 20 Prozent der Abgeordneten das Europäische Parlament eigentlich abschaffen wollen. Das wäre mehr als eine Verdoppelung. Derzeit kann man etwa 60 der 765 Abgeordneten dem Lager der Europaskeptiker zuordnen.
Eine solche Aussicht bereitet natürlich vielen zunehmend Kopfschmerzen. Man geht auf die Suche nach Gegenrezepten. So auch der Präsident des Parlaments, Martin Schulz. "Das ist sicher ein Risiko. Deshalb kommt es darauf an, dass die Parteien beim Wahlkampf keinen Wettbewerb führen, ob man für oder gegen die EU ist, sondern wie man die EU steuert und gestaltet." Also ein Plädoyer dafür, dass man Europa nicht weiter vor allem durch die innenpolitische Brille betrachtet.
Europa-Skeptiker ernst nehmen
Der Chef der Unions-Abgeordneten, Herbert Reul, setzt an anderer Stelle an: Man dürfe die Argumente der Europaskeptiker nicht wegwischen. "Deswegen plädiere ich für einen pro-europäischen Kurs, aber eine realistischere europäische Politik in den einzelnen Gesetzgebungen. Wir müssen auch den Mut haben, Stellen zu benennen, wo es schiefläuft.
Noch weiter geht der französische EU-Kommissar Michel Barnier. "Diese populistischen Bewegungen bringen ernstzunehmende Argumente vor, es gebe zu viel Bürokratie und generell zu viel Brüssel. Darüber müssen wir im nächsten Jahr die Debatte führen. Wir müssen sehen, was wir weniger machen können in Brüssel, was wir in Brüssel einfacher machen können. Es gibt Dinge, die wir ändern müssen."
Nicht jeder in Brüssel geht in der Selbstkritik so weit wie der französische Konservative. Aber dass es keinen Europa-Wahlkampf aus der Retorte geben darf, darüber zumindest sind sich alle einig.