EU-Parlament stimmt über Fischereipolitik ab "Was nützt uns ein Meer ohne Fische?"
Das EU-Parlament stimmt heute über eine Reform der Fischereipolitik ab. Die Neuregelung soll der Überfischung ein Ende setzen und dafür sorgen, dass sich die Bestände bis zum Jahr 2020 erholen. Zurzeit werfen die Fischer einen Großteil ihrer Fänge zurück ins Wasser - um ihre Quoten nicht zu überschreiten.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Wer darf wie viel fischen - das ist die Kernfrage bei der Fischereireform. Die SPD-Europaabgeordnete Ulrike Rodust hat die Vorlage für das Parlament ausgearbeitet, sie sagt: "Was nützt uns ein Meer ohne Fisch, da bricht uns das Ökosystem zusammen. Das würde weltweite Folgen haben, über die sich manche Leute gar keine Gedanken machen."
Ein Unding, findet auch Rebecca Harms von den Grünen. Ihr sind vor allem die Fangmethoden der großen Fischtrawler ein Dorn im Auge. Diese seien schwimmende Schlachtfabriken, die auf dem Meer ihr Unwesen treiben, wettert Harms: "Man kann sich das so vorstellen, dass ein riesengroßer Schlepper über Land fährt und Wald, Buschland und Gründland bedingungslos zerstört. Hätten wir diese Methoden an Land, wir würden alle pausenlos demonstrieren und niemand würde mehr so viel Fisch essen."
Wenn Fisch, dann nur mit Siegel
Und wenn Fisch, dann nur solcher mit einem Siegel, das beweist: diese Scholle, dieser Kabeljau stammt aus nachhaltiger Fischerei.
Doch derzeit kann von Nachhaltigkeit keine Rede sein: Jedes Jahr kurz vor Weihnachten feilschen die EU-Staaten um die Fangquoten für ihre Fischer - und gehen dabei regelmäßig über die wissenschaftlichen Ratschläge hinaus. Damit soll Schluss sein, aus Ratschlägen sollen 2015 verbindliche Obergrenzen werden, durch die sich die Bestände wieder erholen können.
Dazu gehört auch ein Rückwurfverbot: EU-Fischereikommissarin Maria Damanaki meint, man könne niemandem glaubhaft machen, dass man im Schnitt fast ein Viertel des gefangenen Fisches wegschmeißen muss.
EU-Parlament uneins über Zeitplan
Doch genau das passiert derzeit: Fischer werfen einen beträchtlichen Teil des Fangs wieder über Bord, um so die Quoten einzuhalten - oder weil der Beifang, also unerwünschte Fische, wertlos und nicht zu verkaufen ist. Eine Verschwendung, der das Europaparlament Einhalt gebieten will.
Doch es gibt Meinungsverschiedenheiten, zum Beispiel beim Zeitplan. Die Konservativen hätten gern etwas längere Übergangszeiten. Auch bei den Strafen wollen sie nicht ganz so streng vorgehen. Trotzdem, sagt der CDU-Abgeordnete Werner Kuhn: Wer die Vorgaben nicht erfüllt, dem müsse man Beihilfen streichen. Und Kontrollen müssten auch sein.
Eine einmalige Gelegenheit, etwas bedeutsames zu schaffen
Davor kommt aber noch das Ringen mit den EU-Staaten, denen die Vorschläge von EU-Kommission und Parlament viel zu weit gehen.
Der irische Landwirtschaftsminister Simon Coveney, der momentan die Sitzungen der EU-Agrarminister leitet, hofft dennoch auf eine Einigung bis zur Sommerpause. Er spricht von der einmaligen Gelegenheit, etwas wirklich Bedeutsames zu schaffen. Denn das Zeitfenster werde nicht ewig offen bleiben, glaubt Coveney. Sein Ziel ist eine pragmatische Einigung, die der Umwelt zu Gute kommt, den Fischern ihr Auskommen sichert und die Industrie im wahrsten Sinne des Wortes mit ins Boot holt.