Libyen an historischem Wendepunkt Gaddafi ist tot, Libyen feiert die Freiheit
In ganz Libyen feiern die Menschen den Tod des langjährigen Diktators Muammar al Gaddafi. Wie genau er ums Leben kam, ist noch immer nicht klar - Todesursache war aber wohl ein Kopfschuss. Mit Gaddafis Ende dürfte auch der Krieg in dem Land zu Ende sein. Die NATO wird wohl heute den Abschluss des Einsatzes verkünden. Ebenfalls heute will der Übergangsrat erklären, wie Gaddafi starb.
Die Menschen in Libyen feiern das endgültige Ende der knapp 42 Jahre langen Herrschaft ihres Diktators. Muammar al Gaddafi wurde acht Monate nach dem Beginn des Volksaufstands in Libyen in seiner Heimatstadt Syrte getötet. Er war im Sommer gestürzt worden, seitdem war er abgetaucht.
Mit dem Tod Gaddafis steht der monatelange Krieg in Libyen offenbar vor dem Ende. Der NATO-Rat wurde für heute zu einer Sondersitzung einberufen. Das Gremium der Botschafter der 28 NATO-Staaten werde aller Voraussicht nach den Einsatz für abgeschlossen erklären, sagten Diplomaten. In einer Erklärung von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen heißt es: "Die NATO und unsere Partner haben das historische Mandat des UN-Sicherheitsrates zum Schutz der libyschen Bevölkerung erfolgreich umgesetzt."
"Zeit, ein neues, einiges Libyen zu schaffen"
Der französische Außenminister Alain Juppé sagte, der NATO-Einsatz werde gestoppt, sobald der Übergangsrat die vollständige Befreiung Libyens bekannt gebe. Dies steht offenbar unmittelbar bevor. Der Regierungschef des Übergangsrats, Mahmud Dschibril, bestätigte am Nachmittag in Tripolis den Tod Gaddafis. "Wir bestätigen, dass alles Böse und Gaddafi aus diesem geliebten Land verschwunden sind." Nun sei es an der Zeit, ein neues, einiges Libyen zu schaffen. Spätestens heute werde Übergangspräsident Mustafa Abdel Dschalil die Befreiung des Landes von Gaddafis Herrschaft verkünden.
Widersprüchliche Angaben zu den Umständen des Todes
Nach wie vor sind die Angaben über die genauen Umstände des Todes Gaddafis widersprüchlich. Nach Angaben des Nationalen Übergangsrats wurde Gaddafi nach seiner Festnahme in Syrte bei einer Schießerei durch einen Schuss in den Kopf getötet. "Als er gefunden wurde, war er bei guter Gesundheit und hatte eine Waffe", sagte der Regierungschef des Übergangsrats, Mahmud Dschibril. Er sei anschließend auf einen Pickup gebracht worden. Als das Fahrzeug losfuhr, sei jedoch eine Schießerei ausgebrochen, bei der er einen Schuss in den Kopf erhalten habe. Bis zu seinem Eintreffen im Krankenhaus in Misrata sei er jedoch am Leben gewesen, sagte Dschibril.
Der Kommandeur des Übergangsrats in Syrte, Mohammed Leith, hatte zuvor gesagt, Gaddafi habe aus einem Jeep zu fliehen versucht, als dieser beschossen wurde. Er habe sich in einem Abwassergraben versteckt, sei dann jedoch mit einer Kalaschnikow und einer Pistole in den Händen herausgekommen und habe sich umgeschaut. Da sei er von Kämpfern des Übergangsrats an der Schulter und am Bein getroffen worden, sagte Leith.
Als gesichert gilt nur, dass Gaddafi in oder in der Nähe von Syrte starb - kurz bevor diese letzte noch von Gaddafi-Anhängern gehaltene Bastion fiel. Nach Angaben eines Arztes des Krankenhauses von Misrata, in das der Leichnam von Syrte aus gebracht worden war, starb er an Schussverletzungen. Gaddafi sei am Kopf und am Bauch von Schüssen getroffen worden, sagte der Arzt dem Nachrichtensender Al Dschasira.
In früheren Berichten hatte es geheißen, Gaddafi könnte bei der Flucht aus Syrte durch einen NATO-Luftangriff getötet worden sein. Die NATO bestätigte zwar den Angriff auf einen Fahrzeugkonvoi, betonte aber, man wisse nicht, wer dabei getötet worden sei.
Auch zwei Gaddafi-Söhne tot
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) forderte eine Untersuchung der Todesumstände von Muammar al Gaddafi. Es sei wichtig, dass dem libyschen Volk durch eine unabhängige Untersuchung alle Fakten offenbart würden. Neben Gaddafi wurden auch zwei seiner Söhne getötet. Die Leichen Saif al-Islam und Mutassim al Gaddafi seien in das Krankenhaus von Misrata gebracht worden, berichtete das libysche Fernsehen. Beide sollen ebenfalls beim Kampf um Syrte ums Leben gekommen sein.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bezeichnete den Tod des gestürzten libyschen Machthabers als entscheidenden Wendepunkt für das nordafrikanische Land. Dieser Tag markiere "eindeutig einen historischen Übergang für Libyen". Der weitere Weg für die libysche Bevölkerung werde aber "schwer und voller Herausforderungen" sein. Ban rief die Kämpfer auf beiden Seiten auf, ihre Waffen niederzulegen. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, nun sei der Weg "endgültig frei für einen politischen Neuanfang in Frieden".
US-Präsident Barack Obama bezeichnete den Tod Gaddafi als "Ende eines langen und schmerzhaften Kapitels". Das libysche Volk habe nun die Chance, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Obama sprach von einem "historischen Tag in der Geschichte Libyens". "Sie haben ihre Revolution gewonnen", sagte er an die Adresse der Rebellen.