Zahlreiche Staaten weisen syrische Botschafter aus Der Westen erhöht den Druck auf Assad
Die internationale Gemeinschaft erhöht den politischen Druck auf das Regime in Syrien. Zahlreiche Staaten wiesen ihre syrischen Spitzen-Diplomaten aus, darunter Deutschland und die USA sowie Großbritannien und Frankreich. Der Westen reagiert damit auf das Massaker in Al Hula.
Deutschland und weitere Staaten haben die syrischen Gesandten des Landes verwiesen. Neben den Vereinigten Staaten forderten Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien die Gesandten Syriens auf, ihr Land zu verlassen. Der Botschafter in Deutschland, Diplomat Radwan Lutfi, wurde ins Auswärtige Amt einbestellt.
Dort sei der 52-Jährige darüber informiert worden, dass er die Bundesrepublik innerhalb von 72 Stunden verlassen muss, wie Außenminister Westerwelle bekanntgab. Die internationale Gemeinschaft reagiert damit in einem gemeinsamen Schritt auf das Massaker in der syrischen Ortschaft Al Hula.
Dort waren am Freitag mehr als 100 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden. Unter den Toten waren viele Kinder. Auch die Schweiz, die Niederlande, Bulgarien, Australien und Kanada wiesen syrische Top-Diplomaten aus oder erklärten sie zur "Persona non grata", zur unerwünschten Person.
Gemeinsames Handeln der internationalen Partner
"Das syrische Regime trägt für die schrecklichen Vorkommnisse in Hula Verantwortung. Wer dort und anderswo in Syrien unter Missachtung von Resolutionen des Sicherheitsrates schwere Waffen gegen das eigene Volk einsetzt, muss mit ernsten diplomatischen und politischen Konsequenzen rechnen", heißt es in der Erklärung des Auswärtigen Amtes. "Deutschland handelt gemeinsam mit seinen Partnern. Wir setzen darauf, dass unsere unmissverständliche Botschaft in Damaskus nicht auf taube Ohren stößt."
Westerwelle forderte Syriens Präsident Baschar al-Assad zum Rücktritt auf. "Syrien hat unter Assad keine Zukunft", sagte er. "Er muss den Weg für einen friedlichen Wandel in Syrien frei machen." Der oppositionelle syrische Nationalrat begrüßte die Ausweisung des Botschafters aus Berlin. Dies sei ein "wichtiger Schritt zur Aberkennung der Legitimität des Assad-Regimes" und zeige die Entschlossenheit der Staaten der internationalen Gemeinschaft.
Großbritannien und Frankreich wollen internationale Konferenz
Großbritannien und Frankreich betonten gemeinsam, den Druck der internationalen Gemeinschaft auf Syrien weiter verstärken zu wollen. Premier David Cameron und Staatspräsident François Hollande vereinbarten eine gemeinsame Syrien-Konferenz. Ein konkretes Datum dafür wurde noch nicht genannt.
Derweil wächst der Druck auf Syriens Machthaber Assad auch von Seiten der Vereinten Nationen. In Damaskus traft der UN-Sondergesandte Annan mit Assad zusammen. Annan zeigte sich "persönlich schockiert und entsetzt" über das Massaker an Zivilisten. Er sprach von einem "Abscheu erregenden Akt mit weitreichenden Konsequenzen" und forderte von Assad "mutige Maßnahmen zur Beendigung der Gewalt". Laut syrischem Staatsfernsehen machte Assad erneut die Opposition im Land für die Gewalt verantwortlich.
Das Massaker wirft die Bemühungen um eine Beilegung des seit mehr als einem Jahr andauernden Konflikts weit zurück. Annan hatte im April einen Sechs-Punkte-Plan vorgelegt, der unter anderem eine Waffenruhe vorsieht. Diese wird bislang aber weder von Assad-Truppen noch von den Oppositionellen eingehalten.
OHCHR: Die meisten wurden hingerichtet
Die Vereinten Nationen veröffentlichten unterdessen Details erster Untersuchungen zu dem Massaker. Die meisten Opfer kamen nicht beim Artilleriebeschuss durch die syrischen Truppen ums Leben, sondern bei zwei Massenhinrichtungen. Die Opfer seien aus der Nähe erschossen worden, erklärte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR). Zu diesem Schluss sei der OHCHR aufgrund von Angaben der UN-Beobachter und anderen Quellen gekommen.
Weniger als 20 der 108 Opfer seien durch Artillerie-Beschuss getötet worden. "Die meisten anderen Opfer wurden bei zwei getrennten Zwischenfällen gemeinsam hingerichtet", sagte OHCHR-Sprecher Rupert Colville.
Sicherheitsrat verurteilt "abscheuliche Gewalt"
Der UN-Sicherheitsrat hatte den Einsatz des syrischen Militärs kritisiert. In einer Erklärung, die nach einer Sondersitzung des Gremiums veröffentlicht wurde, heißt es, bei dem Angriff in Wohngebieten habe es "mehrfachen Artillerie- und Panzerbeschuss von den Regierungstruppen" gegeben.
Diese "abscheuliche Gewalt gegen die Zivilbevölkerung" verurteilte der Rat "mit den stärksten möglichen Worten". Erneut verlangte das Gremium, dass alle Parteien jegliche Gewalt beenden müssten. Russland, das als einer der engsten Verbündeten Syriens gilt, hatte im UN-Sicherheitsrat zweimal Resolutionen zur Verurteilung der Gewalt in Syrien verhindert. Außenminister Sergej Lawrow betonte erneut, beide Seiten müssten zu einem Ende der Gewalt finden, ohne weitere Verzögerung.
Der Angriff in Al Hula gilt als eines der blutigsten Ereignisse seit Beginn des Aufstands in Syrien vor mehr als einem Jahr.