Merkel trifft EU-Partner auf Schloss Meseberg Heute wohl kein Bild der Geschlossenheit
Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt heute die Regierungschefs von Österreich, Kroatien, Slowenien und Bulgarien auf Schloss Meseberg. Doch für ein Bild der Geschlossenheit liegen die EU-Partner bei vielen Themen zu weit auseinander.
Die Regierungschefs aus Österreich, Kroatien, Slowenien und Bulgarien reisen mit höchst unterschiedlichen Intentionen nach Schloss Meseberg. Bei den beiden großen Themen der Zusammenkunft, der europäischen Flüchtlingspolitik und dem Umgang mit der Türkei, unterscheiden sie sich teilweise deutlich.
"Kein Bittsteller gegenüber der Türkei"
Österreichs Bundeskanzler Christian Kern ist äußerst skeptisch, ob die EU Ankara angesichts der innenpolitischen Verhältnisse in der Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch von Mitte Juli noch weiterhin als Beitrittskandidaten betrachten sollte. "Ich bin der Auffassung, dass man dieses Thema wirklich kritisch diskutieren muss. Die Beitrittsverhandlungen, so wie sie jetzt laufen, sind eigentlich nur noch eine diplomatische Fiktion."
So wichtig das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei für die EU und Österreich sei - man sei gegenüber der Türkei kein Bittsteller, wie Kern formuliert. Gemeint ist damit die Forderung Ankaras, die der türkische Ministerpräsident Yildirim nochmals erneuerte: Demnach werde der Flüchtlingspakt aufgekündigt, falls die Visafreiheit für türkische Staatsbürger von der EU nicht bis Ende Oktober beschlossen würde.
"Österreich wird zur Wartezone"
Österreichs Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil legte weitaus kräftiger nach: Man könne den türkischen Staatspräsidenten Erdogan angesichts der Entwicklungen der vergangenen Wochen nicht mehr ernst nehmen, sagte er in einem Interview mit der "Kronenzeitung": "Ich glaube, man muss akzeptieren, wie die Türkei sich verhält. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass wir weiter über Visaliberalisierung und Fragen des EU-Beitritts diskutieren. Da muss man auch von europäischer Seite klare Grenzen aufzeigen."
Doskozil übte zudem massive Kritik an der unveränderten Haltung der Bundeskanzlerin in der Flüchtlingsfrage - und sorgte damit in Österreich für großes Aufsehen. Das Motto der Kanzlerin - 'Wir schaffen das schon!' - sei unverantwortlich, sagte er. "Wir haben keine Lehren aus dem letzten Jahr gezogen. Vor wenigen Wochen sagte sie 'Wir schaffen das immer noch!'. Natürlich machen sich die Menschen auf die Reise. Aber ich erwarte von Deutschland restriktive Grenzkontrollen. Es kann nicht sein, dass Österreich zur Wartezone wird. Das werden wir nicht hinnehmen."
Bulgarien fühlt sich im Stich gelassen
Kroatien und Slowenien verzeichnen seit Inkrafttreten des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei einen signifikanten Rückgang der Migrantenzahlen. Beide Regierungschefs haben die Befürchtung, dass ohne die Visafreiheit das Flüchtlingsabkommen platzen könnte - und damit eine Wiederholung der Szenarien nahezu garantiert sei, die sich vor einem Jahr in der Region abgespielt haben. Bulgariens Regierungschef Borissow tritt daher für ein weitgehendes Entgegenkommen gegenüber der Türkei ein. Man sei auf eine enge Kooperation mit dem großen Nachbarn angewiesen.
Bereits wenige Tage nach dem Putschversuch hatte er sich um eine sehr gemäßigte Tonart gegenüber Ankara bemüht: "Wir pflegen regelmäßige Kontakte zur Türkei auf verschiedenen Ebenen. So schaffen wir es, trotz der Probleme eine relative Ruhe an der Grenze zu erhalten." Bulgarien fühlt sich von der EU "praktisch im Stich gelassen", wie Borissow in einem FAZ-Interview wiederholte. Er wisse nicht, wie lange sein Land dem Migrationsdruck an seiner Grenze noch standhalten könne.