EU-Gipfel in Brüssel Einigung auf Mittelmeerunion
Die Teilnehmer des EU-Gipfels haben sich einstimmig für die Gründung einer Mittelmeerunion ausgesprochen. Ziel ist eine bessere Zusammenarbeit mit den Anrainerstaaten in Nordafrika und Nahost. Schon heute sollen erste konkrete Vorschläge präsentiert werden.
Die Teilnehmer des EU-Gipfels haben sich auf den deutsch-französischen Kompromiss zur Gründung einer Mittelmeerunion geeinigt. Das Projekt habe bei den Ratsmitgliedern große Unterstützung erhalten, sagte der slowenische Regierungschef und EU-Ratspräsident Janez Jansa in Brüssel.
Bereits heute wollen die Staats- und Regierungschefs erste konkrete Vorschläge unterbreiten. Dann "wird formell der Beschluss gefasst, den Barcelona-Prozess in die Union für das Mittelmeer umzuwandeln", kündigte Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy an.
Mittelmeerunion löst Barcelona-Prozess ab
Die EU hatte bereits vor mehr als zehn Jahren den sogenannten Barcelona-Prozess begonnen, der engere Beziehungen zu den Mittelmeeranrainern wie Algerien und Marokko zum Ziel hat. Der Prozess kam aber vor allem wegen Problemen zwischen den arabischen Anrainern und Israel nicht wirklich voran. EU-Ratspräsident Jansa wehrte sich jedoch gegen den Eindruck, der Barcelona-Prozess habe keine Ergebnisse gebracht. "Es geht nicht darum, ihn zu beerdigen und bei Null anzufangen. Es geht darum, ihn auf den neuesten Stand zu bringen", betonte er.
Einzelheiten zur Gründung der Mittelmeerunion sollen bei einem Gipfeltreffen im Juni ausgearbeitet werden. Aus der Taufe gehoben werden soll sie am 13. Juli auf einem Sondergipfel in Paris. Vorgesehen ist, dass die Union von zwei Direktoren mit einem 20-köpfigen Sekretariat geleitet werden soll. Den Vorsitz sollen jeweils für zwei Jahre ein EU-Staat und ein Nicht-EU-Staat wahrnehmen.
Merkel setzt sich durch
Sarkozy hatte sein Vorhaben zur Gründung einer Mittelmeerunion im vergangenen Jahr vorgestellt. Auf Druck Deutschlands musste Sarkozy seinen Plan eines exklusiven Clubs der Mittelmeerstaaten unter Leitung Frankreichs jedoch zurücknehmen. Nach dem Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel sollen sich an der Mittelmeerunion alle 27 EU-Staaten beteiligen. Von einigen EU-Mitgliedern hatte es vorher Widerstand gegeben, da sie zusätzliche Kosten befürchteten.
Klimaschutzpaket in einem Jahr Gesetz
Neben der Mittelmeerunion stand das Thema Klimaschutz auf der Agenda der Staats- und Regierungschefs der EU. Nach Angaben Jansas vereinbarten sie, innerhalb eines Jahres verbindliche Ziele für die Verringerung von klimaschädlichen Treibhausgasen festzulegen.
Die EU hatte vor einem Jahr unter deutscher Präsidentschaft ein Klimapaket geschnürt, dessen Details bei der Umsetzung bis heute umstritten sind. So kämpft Deutschland für die Belange seiner Autoindustrie, deren überdurchschnittlich schwere Modelle mehr Kohlendioxid (CO2) produzieren als die Kleinwagen von Herstellern in Frankreich oder Italien.
Deutschland setzt sich ferner mit sieben weitern Mitgliedsstaaten für den Schutz der Stahl-, Aluminium- oder Zementindustrie ein, die auch nach dem Auslaufen des Kyoto-Vertrages 2012 weiterhin gratis CO2-Verschmutzungsrechte zugeteilt bekommen sollten. Die EU erwägt, diese wie bei den Energieversorgern ab 2012 zu verkaufen. Bisher ist geplant, im Jahr 2011 darüber eine Einigung zu erreichen. Deutschland will schon 2009 einen Beschluss herbeiführen, um den Firmen Sicherheit bei Investitionen zu geben. Dies trifft aber bei Staaten wie Großbritannien auf Widerstand. Sie weisen darauf hin, dass die EU ihre Klimaziele noch verschärfen will, wenn es für die Zeit nach 2012 zu einem weltweiten Abkommen kommt.
Bis 2020 will die Gemeinschaft ihren CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 20 Prozent reduzieren. Falls ein internationales Abkommen nach Kyoto mit verbindlichen Senkungszielen zustande kommt, sollen es 30 Prozent sein.