EU-Minister beraten über Asylpolitik Mazedonien will Roma mit allen Mitteln im Land halten
Die EU-Innenminister diskutieren heute, ob sie angesichts der steigenden Zahl von Asylbewerbern aus dem Balkan die Einreise einschränken. Im Gespräch ist, wieder Visa einzuführen. Die mazedonische Regierung will das verhindern - und versucht, die Roma im Land zu halten.
Von Ralf Borchard, ARD-Hörfunkstudio Wien, zzt. Skopje
Mazedonien will ein Aussetzen der Visafreiheit für seine Bürger mit allen Mitteln verhindern. Die Regierung in Skopje habe das Problem steigender Asylbewerberzahlen in Deutschland und anderen EU-Ländern erkannt, sagt Ivo Kotevksi, Sprecher des mazedonischen Innenministeriums.
Seit Monaten gebe es Gegenmaßnahmen in zwei Richtungen: Prävention und Repression. "Was vorbeugende Maßnahmen betrifft, organisieren wir fast täglich vor allem in Gegenden mit hohem Roma-Anteil Informationsveranstaltungen. Beteiligt sind die Roma-Selbstverwaltungen und die Polizei. Dabei erklären wir den Roma, was Visafreiheit wirklich bedeutet, dass sie mit Asylanträgen keinerlei Aussicht auf Erfolg haben und damit nur riskieren, viel Geld für den Transport zu bezahlen, noch ärmer zurückzukehren und Probleme mit ihren Reisepässen zu bekommen."
Zudem hat die mazedonische Regierung die Grenzkontrollen verschärft. Vor allem an der Grenze zu Serbien, der Hauptroute Richtung EU-Staaten: "In den vergangenen eineinhalb Jahren haben wir an der Grenze mehr als 6500 Mal die Ausreise verweigert", sagt Kotevski. Der Sprecher des Innenministeriums nennt auch Zahlen zur Bekämpfung von Schleppern. Man habe seit April 2011 in 408 Fällen sogenannte Reisebüros, Busunternehmen oder Einzelpersonen kontrolliert, die Transporte in EU-Staaten anbieten.
Regierung spricht von "Dekade der Roma"
Natürlich weiß auch Kotevski, dass all dies das Grundproblem nicht lösen kann: die extreme Armut vieler Roma, die in Mazedonien zu rund 80 Prozent arbeitslos sind und in ihren Behausungen häufig weder fließendes Wasser noch ausreichend Strom oder Heizung haben. Aber auch hier hält sich die Regierung in Skopje zugute: "Wir sind zusammen mit anderen Ländern in einer 'Dekade für die Roma' engagiert, mit dem Ziel, bessere Sozialleistungen, Gesundheitsversorgung und vor allem Arbeitsplätze zu schaffen. Und wir halten Mazedonien für das fortschrittlichste Land in der Region, wenn es um politische Mitverantwortung geht: es gibt einen Roma-Minister, Roma-Abgeordnete im Parlament und Roma-Bürgermeister in den entsprechenden Stadtbezirken."
Visafreiheit ist "zentral wichtig"
Mazedonien sei bereit, die Anstrengungen noch zu verstärken, sagt Kotevski mit Blick auf das EU-Ministertreffen. Nur ein Aussetzen der allgemeinen Visafreiheit darf es aus Sicht Mazedoniens wie auch Serbiens auf keinen Fall geben, denn hier geht es um den bisher größten und für die Bürger greifbarsten Schritt in Richtung EU: "Die Visafreiheit ist für Schüler, Studenten und Geschäftsleute zentral wichtig. Sie zeigt das Wesen Europas. Wir dürfen nicht zulassen, dass eine kleine Gruppe, die fälschlicherweise Asylanträge stellt, die Errungenschaft für die große Mehrheit in Gefahr bringt."