Rüstungsexporte Wer gibt grünes Licht, welche Regeln gelten?
Wie laufen Kriegswaffengeschäfte mit Panzern, U-Booten oder Kanonen eigentlich ab? Wer genehmigt sie in Deutschland - und nach welchen Regeln? tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie läuft ein Kriegswaffengeschäft ab?
Der Rüstungskonzern beantragt beim Bundeswirtschaftsministerium eine Exportgenehmigung für Kriegswaffen wie Kampfpanzer, Kanonen oder U-Boote. Dieses entscheidet dann in Abstimmung mit anderen relevanten Ressorts wie dem Auswärtigem Amt.
Tatsächlich dürfte es vor allem bei größeren und möglicherweise heiklen Geschäften aber schon vor dieser offiziellen Anfrage Kontakte geben, um die Chancen zu klären.
Was ist der Bundessicherheitsrat?
Bei heiklen Geschäften und/oder wenn sich die beteiligten Ressorts nicht einigen können, entscheidet der Bundessicherheitsrat. Er ist ein Kabinettsausschuss und das höchste Organ für die deutsche Sicherheitspolitik. Das Gremium hat neun ständige Mitglieder - neben der Kanzlerin, dem Vizekanzler und dem Bundeskanzleramtschef sind das die Minister für Finanzen, Auswärtiges, Inneres, Justiz, Verteidigung und Entwicklung.
Der Rat entscheidet mit einfacher Mehrheit über Exportgenehmigungen für Waffen und Rüstungserzeugnisse. Seine unregelmäßig stattfindenden Beratungen sind geheim, die Öffentlichkeit wird über Termine und Tagesordnungen nicht informiert. Die Protokolle landen zudem als geheime Verschlusssache im Bundeskanzleramt.
Welche Rolle spielt der Bundestag?
Quasi keine. Die Exportgenehmigungen sind Sache der Exekutive. Der Bundestag könnte allenfalls protestieren oder gesetzgeberisch tätig werden und das Kriegswaffenkontrollgesetz verschärfen.
Zumindest bei der Union scheint es auch wenig Bereitschaft zu geben, das zu ändern. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa lehnte Fraktionschef Volker Kauder in einer Fraktionssitzung zum Saudi-Arabien-Deal Bundestagsentscheidungen zu Rüstungsexporten ab.
Welchen rechtlichen Rahmen gibt es?
Herstellung, Handel, Vermittlung und Ausfuhr von Kriegswaffen regelt das Kriegswaffenkontrollgesetz. Wichtige Kriterien sind zudem die Menschenrechtslage im Empfängerland und die Frage, ob es sich in einem Krisengebiet befindet. Wichtig: Niemand hat einen Anspruch auf eine Genehmigung.
Hinzu kommt der "Gemeinsame Standpunkt" des Europäischen Rats von 2008, in dem die Staats- und Regierungschefs ebenfalls Menschenrechte und regionale Stabilität als zentrale Kriterien hervorhoben - und eine Vereinheitlichung der Bestimmungen forderten.
Welche Maßstäbe gelten sonst noch?
Im Jahr 2000 beschloss die damalige rot-grüne Regierung die "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen" - oder kurz: Rüstungsexportrichtlinie.
Schon zu Beginn der Richtlinie ist von dem Bestreben die Rede, die Rüstungsexportpolitik restriktiv zu halten. Den Menschenrechten werde "besonderes Gewicht" beigemessen, Kriegswaffenexporte grundsätzlich nicht genehmigt, "wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass diese zur internen Repression … oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden".
Vor allem für Staaten, die nicht in der EU oder der NATO sind, gelten eine Reihe von Einschränkungen. "Lieferungen an Länder, die sich in bewaffneten äußeren Konflikten befinden oder bei denen eine Gefahr für den Ausbruch solcher Konflikte besteht", scheiden beispielsweise grundsätzlich aus.
Wie groß ist der politische Spielraum?
Wie der Name schon sagt, lassen die Rüstungsexportrichtlinien als Richtlinien einen gewissen Interpretationsspielraum: Wo genau droht ein bewaffneter äußerer Konflikt - oder wie genau ist die Menschenrechtslage in einem bestimmten Land zu beurteilen? Umstrittene Rüstungsexporte gab es immer wieder, beispielsweise segnete der Bundessicherheitsrat U-Boot-Lieferungen an Israel oder Panzerlieferungen in die Türkei ab.
Welche Rolle spielen wirtschaftliche Interessen und Arbeitsplätze?
Laut Rüstungsexportrichtlinie eigentlich fast keine: "Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine ausschlaggebende Rolle spielen." Exporte in Nicht-EU/NATO-Staaten dürften "insbesondere nicht zum Aufbau zusätzlicher, exportspezifischer Kapazitäten führen".
Volkswirtschaftlich ist die Rüstungsindustrie kein relevanter Faktor - strategisch aber schon, meint SWP-Experte Mölling. Schließlich seien die deutschen Hersteller mit ihrer Spitzentechnologie auf Exporte angewiesen und diese im Übrigen ein wichtiger Faktor in den Beziehungen zu anderen Staaten.