Streubomben-Konvention in Kraft Ächtung einer hinterhältigen Waffe

Stand: 01.08.2010 04:53 Uhr

Fast alle Opfer von Streumunition sind Zivilisten. Oft trifft es Kinder, die lebenslang Prothesen tragen müssen. Heute nun tritt die internationale Streubomben-Konvention in Kraft. Auch wenn die größten Militärmächte die Konvention nicht unterschrieben haben, entfaltet sie Wirkung.

Von Pascal Lechler, ARD-Hörfunkstudio Genf

Mehr als 100 Staaten haben inzwischen die Streubomben-Konvention unterschrieben, fast 40 Länder, darunter auch Deutschland, haben sie ratifiziert. Damit seien von der Unterzeichnung in Oslo bis zum Inkrafttreten der Konvention gerade mal 20 Monate vergangen, freut sich Paul Vermeulen, der Direktor von "Handicap International": "Bereits zum zweiten Mal nach der Antipersonenminen-Konvention engagieren sich die Staaten mit Hochdruck für das Verbot einer Waffe, die im großen Stil eingesetzt wurde."

Mit der Konvention ächten die Länder den Einsatz, die Entwicklung, die Produktion, die Lagerung und die Weitergabe der Streubomben. Streumunition wird in Behältern von Flugzeugen abgeworfen. Nach dem Aufprall auf dem Boden öffnen sich die Container und Hunderte kleiner Bomben verteilen sich auf einer Fläche so groß wie mehrere Dutzend Fußballfelder. In mehr als 20 Ländern kamen bislang Streubomben zum Einsatz. Besonders stark betroffen ist Laos. Dort wurden während des Vietnamkrieges über 400.000 Streubomben abgeworfen.

Fast alle Opfer sind Zivilisten

Das Heimtückische: Oft explodieren die Streubomben nicht. Sie bleiben als Blindgänger in Bäumen hängen oder werden von Kindern in dem Glauben aufgesammelt, es handele sich um Spielzeug. Nach Schätzungen von "Handicap International" sind 98 Prozent der Menschen, die durch Streubomben verletzt wurden, Zivilisten.

Mit der Streubomben-Konvention verpflichten sich die Staaten nun auch, den Opfern medizinisch und psychologisch zu helfen. Eine langwierige und kostspielige Aufgabe, wie Florian Westpfal vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes sagt. So werde ein von Streumunition verstümmeltes Kind sein ganzes Leben lang Prothesen, Physiotherapie und andere medizinische Betreuung brauchen."Das sind leider nie Fälle, die ein für alle Mal geregelt und gelöst werden können. Diese Menschen werden lebenslang Unterstützung brauchen."

Streubomben
Streubomben bestehen aus größeren Geschossen oder Bomben, die viele kleine Sprengsätze enthalten. Diese sogenannten Bomblets oder Submunitionen werden über das Zielgebiet verteilt und explodieren dort.
Problematisch ist die hohe Blindgängerrate vor allem bei älteren Typen: Bis zu 40 Prozent der Bomblets explodieren beim Aufschlag nicht. Die Blindgänger stellen auch nach den Kampfhandlungen eine große Gefahr dar, da sie schon bei Annäherung explodieren können. Vor allem Kinder werden immer wieder durch nicht explodierte Bomblets verletzt oder getötet.
Moderne Munition dieses Typs ist mit Selbstzerstörungsmechanismen ausgerüstet, die die Munition nach einer bestimmten Zeit entschärft oder zur Explosion bringt. Streubomben werden gegen Fahrzeuge, Panzer und Personen eingesetzt.

Lagerbestände müssen zerstört werden

Die Konvention verpflichtet die Staaten zudem, ihre Lagerbestände an Streumunition innerhalb der nächsten acht Jahre zu zerstören. Spanien und Österreich haben diesen Vertragsbestandteil bereits erfüllt.

Allerdings haben die großen Militärmächte USA, Russland und China den Oslo-Vertrag zum Verbot von Streubomben bislang nicht unterschrieben, wie auch schon das Ottawa-Übereinkommen über das Verbot von Antipersonenminen.

Alle Staaten verändern ihr Verhalten

Doch können sich diese Staaten der weltweiten Ächtung der Streubomben nicht entziehen, sagt Vermeulen. "Eine Verbotskonvention wie diese stigmatisiert eine ganze Waffengattung. Das ist äußerst kraftvoll. Wir beobachten, dass alle Staaten ihr Verhalten ändern. Die Amerikaner haben bereits angekündigt, ihre Lagerbestände zu zerstören, obwohl sie der Konvention nicht beitreten werden. Sie werden die Streubomben durch andere Waffen ersetzen, die nicht dieselbe Funktionsweise haben."

Selbst wenn ab 1. August keine Streubomben mehr zum Einsatz kommen würden, wird es wohl noch Jahrzehnte dauern, bis die Erde streubombenfrei ist. Die erste Konferenz der Vertragsstaaten der Konvention zur Ächtung der Streubomben wird im November in Laos stattfinden. Dann soll ein Aktionsplan verabschiedet werden, um eine effiziente Umsetzung des Vertrags und dessen Kontrolle zu stärken