Dalai Lama im Europaparlament Gefeiert wie ein Popstar
Kaum ein Platz blieb leer, als ein gut gelaunter Dalai Lama vor dem EU-Parlament sprach. Er machte den Anwesenden Komplimente, bedankte sich für die gezeigte Solidarität und wetterte gegen China. Viele Abgeordnete stellten sich hinter seine Forderungen.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Er wurde gefeiert wie ein Popstar - einen solchen Empfang hat noch kein Staatschef im Europaparlament erlebt. Hunderte Mitarbeiter des Parlaments hatten sich vor dem Plenum eingefunden, um auf den Dalai Lama zu warten. Viele trugen weiße Schals, um Solidarität zu demonstrieren. Im Plenum selbst blieb kaum ein Platz leer, fast alle Abgeordnete waren anwesend.
Sie erlebten einen gut gelaunten Dalai Lama, der über Spiritualität sprach, über Politik, und auch über Frauen. "Ich sehe hier viele Frauen im Parlament - einige von ihnen sind ziemlich hübsch", meinte der Dalai Lama und hatte die Lacher auf seiner Seite. Manches von dem was er sagte, war nur schwer zu verstehen, denn er bestand darauf, auf Englisch zu sprechen.
"Sie glauben, das Problem ist nur mit Waffen zu lösen"
Dafür waren seine politischen Botschaften eindeutig: Jeder wisse, dass es ihm nicht um Unabhängigkeit von China gehe - sondern um Autonomie innerhalb Chinas. Um dieses Ziel zu erreichen, dürfe keine Gewalt angewendet werden, betonte der Dalai Lama.
Den chinesischen Behörden warf er vor, kein Interesse an Verhandlungen mit den Tibetern zu haben. "Sie wollen nicht mit uns reden. Sie glauben, dass man das Problem nur mit Unterdrückung, mit Waffen lösen kann." China hatte sich im Umfeld der Olympischen Spiele in Peking zu Gesprächen mit Vertretern des Dalai Lama bereit erklärt - diese Gespräche aber mittlerweile wieder abgebrochen.
Tibet soll nicht wieder in Vergessenheit geraten
Ein Grund mehr, die Solidarität mit dem Dalai Lama gerade jetzt deutlich zu zeigen, sagt Thomas Mann, Tibet-Beauftragter des Europa-Parlaments. "Das war eine große PR-Show der Chinesen, die olympischen Spiele auszurichten. Und dann haben sie gemeint, das Thema ist vorbei. Das Zeichen, das wir jetzt setzen wollen, ist klar: Das Schicksal des tibetischen Volkes ist uns wichtig."
Hans Gert Pöttering, der Präsident des Europa-Parlaments, betonte, man unterstütze die politischen Ziele des Dalai Lama: "Was wir fordern ist, dass das tibetische Volk seine kulturelle und religiöse Identität leben kann."
Der Preis der Solidarität
Aufgrund der großen Unterstützung, die der Dalai Lama in der EU erfährt, hat China die Gipfeltreffen mit der Europäischen Union abgesagt. Ein politischer Preis, den man dennoch verkraften kann, ist die vorherrschende Meinung im Europa-Parlament.
"China braucht die Welt so wie die Welt China braucht - das wird sich beruhigen", sagte Martin Schulz, Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament. Der Dalai Lama bedankte sich ausdrücklich für die Solidarität der Abgeordneten. Am Samstag ist ein Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, dem amtierenden EU-Vorsitzenden, geplant.