Nach dem Timoschenko-Urteil EU sagt dem ukrainischen Präsidenten ab

Stand: 18.10.2011 11:44 Uhr

Bereits kurz nach der Verurteilung der Oppositionspolitikerin Timoschenko hatte die EU der Ukraine mit Konsequenzen gedroht. Jetzt sagte sie ein Treffen mit Präsident Janukowitsch ab und verschob es auf einen "späteren Zeitpunkt". Die EU bezweifelt die Unabhängigkeit der Richter in Kiew.

Die Europäische Union hat einen für Donnerstag geplanten Besuch des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch in Brüssel abgesagt. Dies teilte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton mit. Damit protestiert die EU gegen die Verurteilung der ukrainischen Oppositionspolitikerin und früheren Regierungschefin Julia Timoschenko zu sieben Jahren Haft wegen angeblichen Machtmissbrauchs.

Ashton-Sprecherin: "Gespräche verschoben"

"Die Gespräche wurden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, wenn die Umstände für eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen geeigneter sind", sagte Ashtons Sprecherin Maja Kocijancic der Nachrichtenagentur dpa. In den vergangenen Tagen war das Urteil gegen Timoschenko mehrfach von der EU kritisiert worden. Die EU bezweifelt die Unabhängigkeit der Richter in Kiew.

Debatte über Freihandelsabkommen stand auf der Agenda

Bei seinem Besuch in Brüssel hätte Janukowitsch EU-Ratspräsident Herman van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso treffen sollen. Dabei sollte es um die laufenden Verhandlungen über eine umfassende Freihandelszone im Rahmen eines sogenannten Assoziierungsabkommens gehen, das bis Jahresende geschlossen werden sollte. Die Ukraine hatte bislang eine Annäherung an die EU angestrebt.

International kritisierter Prozess

Am vergangenen Dienstag hatte ein Gericht in der Ukraine die frühere Regierungschefin in einem international kritisierten Prozess wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Eine Sprecherin der EU-Kommission drohte der Ukraine daraufhin "ernste Folgen" für die gegenseitigen Beziehungen an. Der Prozess habe nicht internationalen Justizstandards entsprochen. Auch die Bundesregierung sah in der Verurteilung Timoschenkos eine Belastung der Beziehungen zur Ukraine. "Demokratische Rückschritte in der Ukraine werden Folgen in unseren Beziehungen haben", sagte Vizeregierungssprecher Georg Streiter vergangene Woche.

Stephan Laack, S. Laack, ARD Moskau, 18.10.2011 20:30 Uhr