Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge EU-Verfahren gegen ungarische Verfassungsreform

Stand: 17.01.2012 15:21 Uhr

Gleich mehrere Punkte der ungarischen Verfassung sind nach Ansicht der EU-Kommission undemokratisch. Deshalb hat sie ein Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge gegen Ungarn eingeleitet. Unter anderem bezweifelt die EU, dass Zentralbank und Datenschutzbehörde unabhängig von der Regierung sind.

Die EU will Ungarn notfalls vor Gericht zur Einhaltung demokratischer Grundsätze im europäischen Recht zwingen. Die EU-Kommission eröffnete drei Verfahren wegen des Verstoßes gegen EU-Recht. Diese betreffen die Unabhängigkeit der Zentralbank und der Datenschutzbehörde sowie die Senkung des Pensionsalters von Richtern, erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Straßburg.

Nach Befürchtung der EU-Behörde wird die Unabhängigkeit der drei Institutionen gegenüber dem Staat nicht gewährleistet. Die ungarische Regierung unter Premier Viktor Orban hatte in dem seit Wochen schwelenden Streit über die jüngste Verfassungsreform bisher nicht auf die Kritik der EU reagiert. Nun muss Orban auf die offizielle Post aus Brüssel reagieren.

Jörg Paas, J. Paar, ARD Wien, 17.01.2012 15:09 Uhr

Klage vor dem Europäischen Gerichtshof droht

Erhält die EU-Kommission keine zufriedenstellenden Antworten von Orban, dann droht eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Dieser könnte hohe Geldstrafen gegen das schon vor der Pleite stehende Land verhängen. Nach Angaben aus EU-Kreisen hat die Kommission Ungarn eine Frist von einem Monat eingeräumt.

Die EU setzt Ungarn nicht nur rechtlich, sondern auch finanziell unter Druck. Das krisengeplagte Land hat vor zwei Monaten Finanzhilfe von der EU beantragt. Die Kommission und der Internationale Währungsfonds hatten die Verhandlungen darüber wegen des Streits über die Zentralbank abgebrochen. Sie würden nur wieder aufgenommen, wenn das Notenbankgesetz geändert werde, erklärte die Kommission.

Orban vor dem Europaparlament

Morgen wird Orban in Straßburg erwartet: "Premierminister Orban hat mich wissen lassen, dass er morgen hier vor dem Europäischen Parlament seine Sichtweise der Dinge vortragen will", sagte der neugewählte Parlamentspräsident Martin Schulz. In welchem Rahmen Orban genau sprechen wird, ist noch unklar. Einige Abgeordnete des Parlaments fordern strengere Maßnahmen gegen Ungarn und wollen ein Verfahren in Gang setzen, bei dem Ungarn im Extremfall auch die Stimmrechte im Kreise der EU-Staaten entzogen werden könnten.