EU erhöht den Druck auf Ungarn Orbans erfolglose Werbetour in Brüssel
Die EU erhöht den finanziellen und politischen Druck auf Ungarn: Die EU-Finanzminister ebneten den Weg für ein Defizitverfahren gegen das verschuldete Mitgliedsland. Zudem zeigten die Präsidenten von Kommission und Parlament Ungarns Regierungschef Orban bei seinem Besuch in Brüssel die kalte Schulter.
Dem hoch verschuldeten Ungarn droht im kommenden Jahr der Entzug von wichtigen Geldern der Europäischen Union. Die EU-Finanzminister kamen in Brüssel zu dem Ergebnis, dass die Regierung in Budapest nicht genug getan hat, das Haushaltsdefizit 2012 nachhaltig unter die vorgeschriebene Marke von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken. "Ungarn hat nicht das Nötige getan", begründete die dänische Finanzministerin Margrethe Vestager, deren Land zu Jahresbeginn die EU-Ratspräsidentschaft übernahm, die Entscheidung. Die Finanzminister schlossen sich damit einer Bewertung der EU-Kommission an und machten so den Weg für Finanzsanktionen gegen das südosteuropäische Land frei.
EU-Kommission muss Sanktionen durchsetzen
Die EU-Kommission wirft der ungarischen Regierung vor, nicht genug zu unternehmen, um ihr Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen. Die Brüsseler Behörde hatte kritisiert, dass die ungarische Neuverschuldung 2011 zwar unter der vorgegebenen Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung lag - dies aber nur wegen der Berechnung auf Basis außergewöhnlicher Faktoren.
Nun liegt es bei der Kommission, eventuelle Sanktionen durchzusetzen, weil die Verwaltung der Gelder aus EU-Entwicklungstöpfen, wie dem Kohäsionsfonds, dem EU-Organ obliegt. Daraus werden etwa der Bau von Straßen und Schienen oder Ausbildungsprojekte finanziert. EU-Staaten werden gefördert, wenn deren Pro-Kopf-Einkommen unter 90 Prozent des EU-Durchschnitts liegt.
Rückschlag für Orban
Für Regierungschef Viktor Orban bedeutet die Entscheidung einen herben Rückschlag, da seine Regierung derzeit versucht, wegen der schwierigen Haushaltslage Milliardenhilfen von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erhalten. Orban hat nun zwei Monate Zeit, um seine Haushaltspläne nachzubessern.
Nachbessern muss Orban nach Ansicht der EU auch auf politischer Ebene. Er eilte daher zu einem erneuten Krisentreffen nach Brüssel und signalisierte Kompromissbereitschaft. Es geht um umstrittene Gesetze der Regierung, die nach Ansicht der EU die Unabhängigkeit von Medien, Justiz und der Zentralbank bedrohen. Die EU hatte wegen Verstoßes gegen EU-Recht drei Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet.
Kühle Reaktion von Barroso
In Brüssel bekam Orban harsche Vorwürfe zu hören. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach von "breiteren politischen Bedenken", die die ungarische Regierung beseitigen müsse. Die Europäische Kommission werde sicherstellen, "dass Ungarn wie jeder andere Mitgliedstaat das Wort und den Geist des EU-Rechts vollkommen respektiert", sagte Barroso nach dem Treffen und machte Orban klar: Diese Unterhaltung könne "den förmlichen Prozess eines Vertragsverletzungsverfahrens nicht ersetzen."
Gespräch in "wechselseitiger Konfrontation"
Orban traf in Brüssel auch den Präsidenten des Europaparlamentes, Martin Schulz. Der frühere Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament ist einer der schärfsten Kritiker Orbans. Schulz sagte, das Treffen habe "in wechselseitigem Respekt, aber auch in wechselseitiger Konfrontation stattgefunden".
Orban wies Schulz' Vorwurf zurück, er betreibe eine "konfrontative" Politik zur Spaltung des Landes: "Wir versuchen das Volk hinter einem Wirtschafts- und Sozialprogramm zu einen und nicht zu spalten." Und Orban zeigte sich offen für Gespräche: "Ich bin absolut bereit, alle Fragen - egal, wie schwierig sie sein mögen - offen zu diskutieren und wenn möglich zu gemeinsamen Schlussfolgerungen zu kommen."