Wirtschaftspolitik in Venezuela Das Bier wird knapp
In Venezuela gibt es inzwischen von fast allem zu wenig: Lebensmittel, Wasser und Strom, der nun sogar vier Stunden am Tag abgeschaltet werden soll. Ein weiterer schwerer Schlag ist die drohende Bier-Knappheit.
Von Anne-Katrin Mellmann, ARD-Studio Mexiko Stadt
In Venezuela wird das Bier knapp. Der größte Nahrungsmittel- und Getränkehersteller Polar kann nicht mehr produzieren, weil ihm der Grundstoff ausgeht: das Gerstenmalz. In einer Woche werden die letzten Vorräte erschöpft sein, teilte Polar mit. Dann müssten die Brauereien schließen. Schuld sei die Regierung, die dem Unternehmen keine Devisen für den Import von Zutaten zur Verfügung gestellt habe.
In Venezuela kontrolliert der Staat seit 2003 den Devisenhandel. Das ist ein Grund für die Wirtschaftskrise, in der sich das Land befindet. Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs sind knapp, sogar Milch und Mineralwasser. Bier war eines der wenigen Produkte, die es noch problemlos zu kaufen gab.
Mehr als 80 Prozent aber kam aus den Brauereien von Polar. Deren Mitarbeiter forderten im Internet im Chor Devisen für den Import, damit sie weiterarbeiten können. Polar beschäftigt 30.000 Mitarbeiter. In den vier Brauereien arbeiten 10.000, deren Arbeitsverhältnis nach der Schließung ruhen wird.
Es fehlt an Devisen
Schon im August hatte Polar die Produktion vorübergehend eingestellt, weil ausländische Zulieferer nicht mehr auf ihr Geld warten wollten. Das zahlt nach venezolanischem Gesetz nicht das Unternehmen aus, sondern die Zentralbank, die ihren Verpflichtungen jedoch nicht nachgekommen war.
Die Konkurrenz von Polar wird die entstandene Lücke nicht füllen können. Deshalb hamstern die Venezolaner jetzt das letzte Bier. Allerdings ist das nur etwa sechs Monate haltbar.
Der sozialistische Präsident Nicolas Maduro wirft dem Unternehmen schon seit geraumer Zeit vor, an einem Wirtschaftskrieg gegen das eigene Land beteiligt zu sein. In den vergangenen Jahren wurden einige private Unternehmen unter diesem Vorwand enteignet. Zur Ankündigung Polars, die Bierproduktion einzustellen, gab die Regierung noch keinen Kommentar ab.