ARD-DeutschlandTrend USA so unbeliebt wie zu Bush-Zeiten
Auf dem Höhepunkt seines Ansehens waren neun von zehn Deutschen mit US-Präsident Obama zufrieden - nun sind es nur noch 43 Prozent. Und gar nur 35 Prozent halten Amerika für einen verlässlichen Partner. Das sind Werte wie zu Zeiten George W. Bushs.
Nicht nur auf der politischen Ebene ist das deutsch-amerikanische Verhältnis ramponiert. Auch das öffentliche Ansehen der USA und ihres Präsidenten ist nach den weiteren Enthüllungen über die Arbeit der amerikanischen Geheimdienste stark beschädigt. Selten hatten in den Erhebungen des ARD-DeutschlandTrends in den vergangenen 15 Jahren die Deutschen so wenig Zutrauen zum amerikanischen Partner, noch nie wurde die Arbeit von US-Präsident Obama so negativ bewertet.
Vor allem der Absturz Obamas ist beachtlich, hatte er doch auf dem Höhepunkt seines Ansehens alle Rekorde geschlagen. Im April 2010 waren 88 Prozent der Deutschen zufrieden mit seiner Arbeit - ein Wert, den kein anderer Politiker je erreicht hat. Jetzt fällt er auf 43 Prozent zurück, und erstmals bewertet eine Mehrheit von 52 Prozent seine Arbeit als negativ.
Nur den Russen trauen die Deutschen noch weniger
Gerade mal 35 Prozent der Befragten halten die USA noch für einen verlässlichen Partner. Das sind Werte, wie wir sie aus der Zeit von Präsident George W. Bush kennen. Nach dem Amtsantritt von Obama Anfang 2009 hatten allerdings 78 Prozent eine positive Einschätzung des Verbündeten. Seither bröckelt das Vertrauen. Ungebrochen ist es nur zum direkten Nachbarn Frankreich, den nennen 80 Prozent "vertrauenswürdig". Bei Großbritannien sind es 50 Prozent, bei Russland 20 Prozent. Die Zahlen machen deutlich, wo die Deutschen die Vereinigten Staaten mittlerweile einordnen.
Auch ein so genanntes "No-Spy-Abkommen", also eine Vereinbarung zwischen den USA und der Bundesrepublik darüber, dass man sich gegenseitig nicht mehr ausspioniert, würde daran nichts ändern. 92 Prozent der Befragten rechnen damit, dass die USA ein solches Abkommen brechen und trotzdem weiterhin in Deutschland mit ihren Geheimdiensten aktiv sein würden.
Edward Snowden, dessen Verhalten nach den ersten Enthüllungen im Sommer durchaus noch umstritten war, gilt nun der Mehrheit der Befragten (60 Prozent) als Held. Nur 14 Prozent sehen ihn als Straftäter. Trotzdem lehnen erstaunlich viele Menschen den Wunsch nach politischem Asyl in der Bundesrepublik ab. Offenbar ist ihnen bewusst, dass dies einen noch tieferen Keil zwischen Deutschland und die USA treiben würde. 46 Prozent (+ 11 gegenüber Juli) befürworten die Aufnahme von Snowden, 48 Prozent (- 10) lehnen sie ab - ein unentschiedenes Bild.
Popularitätsschub für Christian Ströbele
Sein Besuch in Moskau hat den grünen Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele aus dem Stand zum populärsten Grünen-Politiker gemacht. Mit 41 Prozent Zustimmung kommt er auf Platz 8 unseres Politiker-Rankings. Die Fraktionschefs Katrin Göring-Eckardt (25 Prozent) und Anton Hofreiter (13 Prozent) hängt er damit weit ab.
Unangefochten führt Bundeskanzlerin Angela Merkel mit 69 Prozent (+ 2) die Liste an, vor Finanzminister Wolfgang Schäuble mit 66 Prozent (+ 5), NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft mit 54 Prozent (+ 2) und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier mit 53 Prozent (+ 4). Nach dem Spitzenquartett folgen mit etwas Abstand Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (46 Prozent) vor SPD-Parteichef Sigmar Gabriel (44 Prozent) und CSU-Chef Horst Seehofer (42 Prozent).
Bescheidene Werte für Schwarz-Rot
Das Verhandeln und Ringen um eine Große Koalition beobachten die Bundesbürger mit durchaus gemischten Gefühlen. Nur 55 Prozent sehen die Entwicklung hin zu diesem Bündnis positiv, 40 Prozent hätten lieber eine andere Regierung. Bedenkt man, dass Union und SPD bei der Bundestagswahl zusammengerechnet auf fast 70 Prozent der Stimmen kamen, sind 55 Prozent Zustimmung für die Große Koalition ein eher bescheidener Wert.
Möglicherweise hat das damit zu tun, dass diesem Bündnis auf wichtigen Politikfeldern wenig zugetraut wird. So glauben 64 Prozent der Befragten, einer Großen Koalition werde es nicht gelingen, den Haushalt auszugleichen und Schulden abzubauen. 61 Prozent bezweifeln Erfolge bei der Bekämpfung der Altersarmut. Die größten Erwartungen gibt es in der Familienpolitik: 62 Prozent gehen davon aus, dass die Große Koalition Familien mit Kindern mehr als bisher unterstützen wird.
59 Prozent sind für eine Pkw-Maut
Die Frage, ob Deutschlands Autofahrer künftig für die Benutzung von Autobahnen bezahlen müssen, gilt zwar nicht als zentrales politisches Problem, sie steht aber im Mittelpunkt der Debatte. Und sie hat wegen der Vorfestlegung von CSU-Chef Seehofer eine hohe Symbolik. Die Ergebnisse des DeutschlandTrends zu diesem Thema dürften ihm nur teilweise gefallen. Auf der einen Seite befürworten 59 Prozent der Befragten grundsätzlich die Einführung einer Pkw-Maut, wenn deutsche Autofahrer dafür bei der Kfz-Steuer entlastet werden. 39 Prozent lehnen diese Pläne ab. Das Projekt ist also im Grundsatz über die Grenzen Bayerns hinaus populär.
Allerdings knüpfen sich daran bei den Befragten ganz andere Erwartungen als bei Horst Seehofer. Das Ziel, mit einer solchen Maut vorrangig zusätzliche Einnahmen für die Staatskasse zu erzielen, unterstützen ganze 10 Prozent. Die übergroße Mehrheit, 88 Prozent, wünscht sich hingegen, dass die Maut zu einer gerechteren Verteilung der Kosten für den Straßenbau führt - indem Vielfahrer mehr und Wenigfahrer weniger bezahlen. Dieses Prinzip wird ja gegenwärtig bei der automatischen Erfassung von Lkw und der Abrechnung nach gefahrenen Kilometern verfolgt. Die von der CSU vorgeschlagene Vignette hingegen wäre eine Flatrate, die alle Autofahrer unabhängig von der jährlichen Fahrleistung gleich belastet.
Die Grünen im Ströbele-Hoch
Bleibt der so kurz nach der Wahl eher symbolische Blick auf die Sonntagsfrage. CDU/CSU mit 42 Prozent, SPD mit 26 Prozent und die Linke mit neun Prozent bleiben gegenüber dem Vormonat unverändert. Deutlich zulegen können allein die Grünen, die von acht auf zehn Prozent springen - was vielleicht auch mit dem Besuch des Grünen-Abgeordneten Ströbele bei Snowden in Moskau zu tun hat. Die AfD fällt von 4,5 auf vier Prozent, die FDP bleibt unverändert bei drei Prozent.
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/ Dual Frame
(Relation Festnetz-/Mobilfunknummern 70:30)
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)***
Fallzahl: 1002 Befragte
Erhebungszeitraum: 04. bis 05. November 2013
Sonntagsfrage: 1.520 Befragte
Erhebungszeitraum: 04. bis 06. November 2013
Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
*bei einem Anteilswert von 5 Prozent **bei einem Anteilswert von 50 Prozent
*** Aus statistischen und methodischen Gründen lassen sich bei der Telefonumfrage sehr kleine Parteien nicht sinnvoll ausweisen. Infratest dimap verfolgt deshalb die Praxis, Parteien, deren Anteil lediglich bei zwei Prozent oder darunter vermutet wird, nicht aufzuführen.