Fragen und Antworten Was ist der Bund der Vertriebenen?
Der Bund der Vertriebenen (BdV) steht auch aufgrund seiner Präsidentin Erika Steinbach in der Diskussion. Wessen Interessen vertritt der BdV, und wo steht er politisch? tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.
Wen vertritt der Bund der Vertriebenen?
Der Bund der Vertriebenen (BdV) erhebt den Anspruch, die Interessen der von Flucht, Vertreibung und Aussiedlung betroffenen Deutschen zu vertreten. Das geschieht laut BdV unabhängig von der Mitgliedschaft.
Wie viele Mitglieder hat der BdV?
Nach eigenen Angaben sind etwa zwei Millionen Menschen Mitglied im BdV. Sie sind organisiert in 21 so genannten Landsmannschaften (nach Herkunft) und in 16 Landesverbänden (nach Wohnort). Diese sind noch einmal unterteilt in etwa 1000 so genannte Heimatkreisvereinigungen und etwa 6000 regionale Unterverbände.
Auch die Nachkommen und Ehepartner der ursprünglich von Flucht, Vertreibung und Aussiedlung Betroffenen können Mitglieder werden.
Im Jugendverband des BdV, "Junge Generation", sind zwischen 5000 und 7000 Menschen organisiert.
Wann wurde der BdV gegründet?
Am 27. Oktober 1957 wurden die beiden Vorgängerorganisationen des BdV, Bund der vertriebenen Deutschen (BvD) und der Verband der Landsmannschaften (VdL), zusammengeschlossen. Allerdings dauerte es länger als ein Jahr, bis sich der BdV am 14. Dezember 1958 offiziell konstituierte.
BvD und VdL hatten offenbar grundverschiedene Anliegen: Während der BvD sich vor allem für die Rückkehr der Vertriebenen einsetzte, orientierte sich der VdL eher an sozialen und kulturellen Fragen. Die Auseinandersetzungen der beiden Vorgängerorganisationen setzten sich auch in den Anfangsjahren des BdV fort.
Wo steht der BdV politisch?
In der jungen Bundesrepublik bemühte sich der BdV um politische Neutralität. Zugleich waren aber ehemalige und in Verbechen verstrickte Nationalsozialisten Mitglieder in dem Verband. Das führte unter anderem 1964 zum Rücktritt des BdV-Präsidenten und Vertriebenenministers Hans Krüger.
Kernforderung des BdV war, dass keine Bundesregierung auf ehemalige Ostgebiete endgültig verzichten sollte. Ende der 1960er-Jahre kam es deshalb zum Bruch mit der Regierung des SPD-Bundeskanzlers Willy Brandt. Dessen flexiblere Ostpolitik brachte ihm von Seiten des BdV den Schmähtitel "Verzichtspolitiker" ein.
Als die Bundesregierung unter Helmut Kohl nach der Wende die Wiedervereinigung mit den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges ("Vier-Plus-Zwei-Gespräche") aushandelte, setzte der BdV bis zum Schluss seinen Widerstand gegen die Anerkennung der deutschen Nachkriegsgrenzen fort. Auch die CDU-Abgeordnete im Bundestag und gegenwärtige BdV-Präsidentin Erika Steinbach stimmte 1991 gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze zu Polen.
Welche Rolle spielt Erika Steinbach für den BdV?
Die als Kleinkind mit ihrer Mutter aus Westpreußen geflohene Steinbach ist seit 1998 BdV-Präsidentin. Im Bundestag stimmte sie unter anderem gegen die Anerkennung der Oder-Neisse-Grenze. Zugleich setzt sich Steinbach seit Ende der 1990er-Jahre für das "Zentrum gegen Vertreibung" ein.
Strittig an Steinbachs Führung ist unter anderem, dass eine historische Aufarbeitung der NS-Vergangenheit von BdV-Mitgliedern bislang auf sich warten lässt.
Von Patrick Uhe und Christian Radler