Fragen und Antworten zur neuen Kfz-Steuer Grüne Reform oder Mogelpackung?

Stand: 01.07.2009 01:40 Uhr

Der Bund möchte ein Signal setzen: Seit dem 1. Juli wird der CO2-Ausstoß eines Fahrzeugs bei der Kfz-Steuer berücksichtigt. Allerdings gilt die neue Formel längst nicht für jedes Fahrzeug - und ihre ökologische Wirkung ist umstritten. tagesschau.de erklärt die Feinheiten der Reform.

Wie wird die Kfz-Steuer künftig berechnet?

Um angesichts des Klimawandels den Kauf von Fahrzeugen mit einem geringeren CO2-Ausstoß zu fördern, wird der Ausstoß des Treibhausgases künftig bei der Steuer berücksichtigt. Bislang waren der Hubraum und die Antriebsart eines Kfz die einzigen Kriterien für die Berechnung der Steuer.  

Mitarbeiter des TÜV-Süd misst in einem Auspuff den CO2-Ausstoß eines Fahrzeuges

Auf den genauen Wert kommt es an: Abgasuntersuchung beim TÜV-Süd

Pkw mit einem Ottomotor zahlen künftig einen Grundbetrag von 2,00 Euro je 100cm3 Hubraum. Für Diesel-Fahrzeuge beträgt der entsprechende Grundbetrag 9,50 Euro. 

Hinzu kommt ein Betrag von 2,00 Euro je Gramm CO2 pro Kilometer. Der jeweilige Ausstoß eines Autos ist im Fahrzeugbrief vermerkt. Allerdings greift dies erst ab einem Ausstoß von 121 Gramm pro Kilometer. Bis dahin ist der Ausstoß steuerfrei. Diese Grenze wird jedoch in den kommenden Jahren schrittweise gesenkt.

Gilt die neue Steuer für alle Fahrzeuge?

Durch die Reform wird das alte Steuermodell nicht komplett abgeschafft. Unter bestimmten Voraussetzungen gilt die alte Formel weiter – abhängig von Erstzulassung und der Abgas-Norm.

Alle Fahrzeuge, die ab dem 1. Juli 2009 erstmals zugelassen werden, unterliegen der neuen Formel. Für Pkw, die vor dem 5. November 2008 neu zugelassen wurden, ändert sich dagegen nichts. Für sie gilt weiter die alte Steuerformel. Erst vom Jahr 2013 an sollen sie in die neue Steuer überführt werden.

Etwas komplizierter verhält es sich mit Fahrzeugen, die in der Zwischenzeit  erstmals zugelassen wurden, also zwischen dem 5. November 2008 und dem 30. Juni 2009. Entscheidend ist hier die Euro-Norm für die Abgase.

Pkw der Norm 5 und 6 sind maximal für ein weiteres Jahr nicht steuerpflichtig. Spätestens aber vom 1. Januar 2011 an muss für sie die Kfz-Steuer gezahlt werden. In den Genuss der zweijährigen Steuerbefreiung kommen also nicht alle Autos, sondern nur die, die bis zum 31.12. 2008 neu zugelassen wurden. Pkw der Euro-Norm 4 zahlen ein Jahr keine Kfz-Steuer. Einschränkung: Bei Diesel-Fahrzeugen ohne Filter gilt bis zum 31. März 2011 ein Zuschlag von 1,20 Euro pro 100 cm3 Hubraum weiter.

Gleich, ob Euro-Norm 4, 5 oder 6: Nach Ablauf der Steuerbefreiung muss für die in diesem Zeitraum neu zugelassenen Fahrzeuge nicht zwangsläufig die neue Steuerformel gelten. Vielmehr wird bei der Berechnung der Steuer der günstigere Satz ermittelt – u.U. kann dies auch die alte Steuer sein. Die Berechnung übernehmen die Behörden – ein besonderer Antrag ist dafür nicht erforderlich.

Wie werden alternative Motoren besteuert?

Hybridmotoren werden wie Ottomotoren besteuert – also auch abhängig vom CO2-Ausstoß. Gleiches gilt für Motoren, die Gas, Ethanol, Pflanzenöl oder Biodiesel verbrennen. Elektromotoren bleiben fünf Jahre ab Erstzulassung steuerfrei. Danach werden sie ermäßigt besteuert.

Wer profitiert?

Zu den Gewinnern der Reform gehören nach einer ADAC-Erhebung Hybrid- und Kleinwagen. So sinkt die Steuer für einen Toyota Prius Hybrid von 101 Euro auf 30 Euro, Fahrer eines Honda Civic Hybrid erhalten einen Steuernachlass von 66 Euro und zahlen nur noch 28 Euro. Der niedrigste Satz von 20 Euro wird Besitzern eines Kleinwagen mit einem Hubraum von 1,0 Litern wie dem Citroen C1, dem Daihatsu Cuore, Opel Agila oder Smart fortwo berechnet. Gleichwohl gibt es auch größere Pkw, die günstiger wegkommen. So hat der Verkehrsclub Deutschland (VCD) errechnet, dass etwa ein VW Sharan um vier Euro niedriger eingestuft wird. Wie dieser Großrauwagen profitieren laut VCD viele Diesel-Motoren von der Reform.

Wer verliert?

Fahrer großer und sportlicher Wagen werden kaum überrascht sein: Sie zahlen nach der Reform drauf. Für einen Lamborghini Murciealago etwa mit einem CO2-Ausstoß von 495 Gramm pro Kilometer zum springt die Steuer von 438 auf 880 Euro. Der Fahrer eines Audi Q7 muss nach ADAC-Berechnungen bis zu 197 Euro mehr ins Staatssäckel zahlen – 304 Gramm pro Kilometer haben ihren Preis. Allerdings gibt es laut VCD auch Q7-Modelle, für die die Steuer gleichbleibt. Vergleichsweise günstig nehmen sich dagegen die 70 Euro mehr aus, die der Fahrer eines VW Touareg berappen muss. Ähnlich hoch bemisst sich der Aufschlag für viele Sportwagen wie den Alfa 159 oder den Porsche Boxster. Auch die Besitzer eines VW Multivans dürfen sich zu den Verlierern der Reform zählen – seine Steuer klettert um 171 Euro.

Gibt es auch weiterhin Steuerbefreiungen für Neuzulassungen?

Der Gesetzgeber will auch weiter im begrenzten Rahmen Anreize für den Erwerb schadstoffärmerer Wagen setzen. Diesel-Pkw mit der Euro-Norm 6, die zwischen dem 1. Juli 2009 und dem 31.12. 2013 erstmals zugelassen werden, bekommen deshalb eine Steuerbefreiung von 150 Euro. Diese wird aber erst ab dem Jahr 2011 gezahlt, weil erst dann die Euro-Norm 5 in der EU verbindlich ist.

Wie "grün" ist die Reform?

Die Meinungen der Experten gehen auseinander. Der ADAC spricht von einem großen umweltpolitischen Erfolg und schreibt ihn sich zu - jahrelang habe man in Berlin dafür getrommelt. Der VCD dagegen nennt die Reform eine Mogelpackung und kritisiert, dass die Steuer nicht genug für den Klimaschutz leiste. Diesel-Pkw mit überdurchschnittlichem CO2-Ausstoß würden oft billiger.