Polizeibeamte stehen vor einer Sicherheitskontrolle vor dem Kölner Dom.
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Nach Anschlag bei Moskau Warum es in Deutschland keine Terrorwarnstufen gibt

Stand: 26.03.2024 06:25 Uhr

Nach dem Terroranschlag bei Moskau hat Frankreich die höchste Sicherheitsstufe ausgerufen. Eine solche Einstufung gibt es in Deutschland nicht. Wie funktionieren Terrorwarnungen stattdessen? Ein Überblick.

Von Eva Huber, ARD Berlin

In Deutschland gibt es, anders als in Ländern wie Frankreich, Belgien oder Österreich, keine Terrorwarnstufen. Die deutschen Sicherheitsbehörden arbeiten mit einem anderen System, sagt das Bundesinnenministerium.

Wie funktionieren Terrorwarnungen in Deutschland?

Das Bundeskriminalamt erstelle "periodisch und einzelfallbezogen Gefährdungsbewertungen zur terroristischen Bedrohungslage", sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Diese Bewertung wird an die Bundesländer weitergegeben.

Wenn sich die "allgemeine Risikolage" erhöht oder es einen Einzelfall mit einem konkreten Risiko gibt, "werden umgehend angepasste Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt". Diese Maßnahmen treffen dann die Bundesländer vor Ort mit der jeweiligen Landespolizei. Anders als in Frankreich, das zentralistisch organisiert ist, liegt in Deutschland beim Thema Sicherheit vieles in den Händen der Bundesländer.

Was spricht gegen die Warnstufen?

Ein System mit Warnstufen, um die Bürgerinnen und Bürger zu informieren, sieht das Bundesinnenministerium eher kritisch. Die Lage könne sich je nach Region und auch innerhalb einer Stadt unterscheiden, "sodass bundeseinheitliche Warnstufen möglicherweise den falschen Eindruck erwecken, dass die Gefahr überall gleich ist", schreibt das Ministerium auf Anfrage. Außerdem befürchtet das Ministerium, dass solche Warnstufen ein Gefühl von Unsicherheit verstärken könnten.

Die Warnstufen könnten zwar ein Instrument sein, um die Bevölkerung zu erreichen, sagt ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg. "Das Mittel nutzt sich mit der Zeit aber ab, weil die Menschen sich daran gewöhnen, wenn häufig die höchste Warnstufe ausgerufen wird." Faktisch sei der Nutzen eines solchen Warnsystems eher gering, "weil die Stufen nicht mit konkreten Verhaltensregeln für die Bevölkerung verbunden sind".

Österreich hatte zum Beispiel im November vergangenen Jahres die Warnstufe erhöht und schrieb dazu, "die Bevölkerung muss keine speziellen Maßnahmen treffen oder ihr Verhalten ändern". Nur so könne man als Gesellschaft den Zielen des Terrors entgegenwirken. Denn dessen Ziel sei es, die Bevölkerung zu verunsichern und das gesellschaftliche Leben möglichst negativ zu beeinflussen.

Wie soll man dann die Bedrohungslage einschätzen?

Auch ohne Warnstufen informieren die Sicherheitsbehörden grundsätzlich über die Bedrohungslage. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte mit Blick auf den Anschlag in Moskau, dass die Gefahr durch islamistischen Terror akut bleibe. Diese Gefahreneinschätzung bestand auch schon vor dem aktuellen Anschlag und gilt weiterhin.

Wenn es ganz konkret wird, also ein Anschlagsplan für einen Ort bekannt wird, dann reagieren die Sicherheitsbehörden - wie zuletzt in Deutschland vor Weihnachten, als es Hinweise auf Anschlagspläne rund um den Kölner Dom gab.

Eva Huber, ARD Berlin, tagesschau, 25.03.2024 19:09 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 25. März 2024 um 22:15 Uhr.