Weitere Vorwürfe gegen Guttenberg "Wir sind einem Betrüger aufgesessen"
Verteidigungsminister Guttenberg steht wegen seiner Doktorarbeit weiter im Kreuzfeuer der Kritik. Ein Professor der Universität Bayreuth nannte den CSU-Politiker einen Betrüger. Zudem beschäftigt sich der Ältestenrat des Bundestages mit Erkenntnissen, wonach er weitere Gutachten unbefugt benutzt haben soll.
Von Christoph Käppeler, HR, ARD-Hauptstadtstudio
Falls Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gehofft haben sollte, er könnte nach seiner Befragung im Bundestag und nach seinem Eingestehen von Fehlern, die er gemacht habe, wieder aus den Schlagzeilen verschwinden und zum normalen Ministergeschäft übergehen, so wird diese Hoffnung erst einmal enttäuscht: Nicht nur aus der Opposition kommt weiter scharfe Kritik.
So macht ein Professor der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Bayreuth seinem Ärger Luft. Der Staatsrechtslehrer Oliver Lepsius sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Wir fühlen uns getäuscht. Wir sind einem Betrüger aufgesessen." Aus den harschen Worten des Professors spricht offenkundig die Sorge um den Ruf seines Fachbereiches, der bisher sehr gut ist. "Wir gehören zu den zehn besten rechtswissenschaftlichen Fakultäten in Deutschland", sagte Lepsius der "FAZ" zufolge.
Ältestenrat lehnt Rügen ab
"Betrüger", "Lügner", "Hochstapler" - so war zu Guttenberg am Mittwoch im Bundestag von der Opposition genannt worden. Das wollte die Union vom Ältestenrat rügen lassen - der aber lehnte das ab. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) soll dabei gesagt haben, er habe schon polemischere Debatten aus geringerem Anlass erlebt.
Der Bremer Jura-Professor Andreas Fischer-Lescano, der die Plagiate in zu Guttenbergs Doktorarbeit entdeckt hatte, verschärft indes seine Vorwürfe. Gegenüber dem "Tagesspiegel" sagte er: "Guttenberg hat systematisch verschleiert, plagiiert und getäuscht. Den Vorsatz kann man bei diesem intellektuellen Betrug dann im Grunde nur noch dadurch verneinen, dass man den Autor für unzurechnungsfähig erklärt."
Ähnlich äußerte sich SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks im ZDF: Sie bezweifelt ebenfalls, dass zu Guttenberg nicht gewusst habe, was er tat: "Wenn man sieben Jahre lang an einer Arbeit sitzt, war man sieben Jahre lang nicht bei Sinnen? Oder was war da los? Das kann eigentlich nicht sein."
Kritik an der Universität Bayreuth
Die Universität Bayreuth hatte Guttenberg den Doktortitel aberkannt - weil er nicht ausreichend deutlich gemacht hatte, wo er in seiner Doktorarbeit Texte anderer Verfasser verwendet hatte. Ob Guttenberg dabei bewusst "getäuscht" hatte, dazu äußerte sich die Uni nicht; das prüfe die Ethik-Kommission der Universität jetzt noch, sagte Unipräsident Rüdiger Bormann.
Der Rechtswissenschaftler Hans-Heinrich Trute von der Uni Hamburg kritisiert seine Bayreuther Kollegen: Der Vorwurf der Täuschung hätte im Falle Guttenberg relativ leicht begründet werden können. Dann allerdings hätte der Minister sicherlich zurücktreten müssen, und in dieses politische Geschäft habe sich die Uni Bayreuth wohl nicht einmischen wollen, meinte Trute.
Weitere Gutachten benutzt
Guttenberg hatte am Mittwoch eingeräumt, dass er vier Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages in seiner Doktorarbeit verwendet hatte, ohne sie als Fremdtexte zu kennzeichnen. Es waren aber offensichtlich noch mehr, als Guttenberg zugibt: Auf der Sitzung des Ältestenrates berichtete Bundestagspräsident Lammert, nach seinem jetzigen Kenntnisstand habe zu Guttenberg sechs Gutachten verwendet - in keinem Fall habe eine Genehmigung der Bundestagsverwaltung zur Veröffentlichung vorgelegen. Dass zu Guttenberg diese Texte in seine Doktorarbeit übernommen habe, sei "deprimierend eindeutig", soll Lammert in der Sitzung gesagt haben.