Neue Regel gilt ab heute in Berlin Wem hilft die Mietpreisbremse?
Die Große Koalition hat sich auf mehr Rechte für Mieter verständigt. Aber bei der sogenannten Mietpreisbremse gibt es zahlreiche Ausnahmen, etwa bei Neubauten und Modernisierungen. tagesschau.de erklärt, was die Neuerungen für Mieter bringen - und was nicht.
Wie funktioniert die Mietpreisbremse?
Bisher darf die Miete beliebig hoch sein, wenn ein neuer Mietvertrag geschlossen wird. Nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums kommt es in boomenden Großstädten bislang zu Preissprüngen um 20, 30 oder sogar 40 Prozent bei Neuvermietungen. Mit der Mietpreisbremse sollen diese Preissprünge gedeckelt werden: Bei Neuvermietungen darf der Mietpreis künftig höchstens zehn Prozent über dem Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Dadurch soll verhindert werden, dass die Mieten zu rasant steigen und Gering- und Normalverdiener aus beliebten Wohnlagen verdrängt werden.
Wo wird die Mietpreisbremse gelten?
Die geplante Mietrechtsänderung gilt nicht automatisch für das gesamte Bundesgebiet, sondern nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt. Durch das neue Gesetz werden die Bundesländer ermächtigt, solche Gebiete auszuweisen - was Berlin nun als erstes Land auch gemacht hat. Die Bremse soll zunächst für maximal fünf Jahre greifen. Danach muss neu entschieden werden. Laut Bundesministerium wissen die Länder am besten, wo das notwendig ist. Es bleibt also den Bundesländern und deren jeweiligen Regierungen überlassen, ob sie die Mietpreisbremse umsetzen oder nicht.
Wann tritt das Gesetz in Kraft?
Die Regelung tritt mit dem 1. Juni in Kraft. Wirksam wird sie jedoch erst, wenn die Länder das Bundesgesetz - wie jetzt Berlin - in eigene Verordnungen umsetzen. In NRW soll die Bremse zum 1. Juli kommen, Thüringen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz planen, die Regelung bis zur politischen Sommerpause umzusetzen. Die übrigen Länder sind offenbar noch nicht so weit.
Wie errechnet man die "ortsübliche Vergleichsmiete"?
Auskunft über die ortsübliche Vergleichsmiete gibt in der Regel der örtliche Mietspiegel. Die allermeisten Städte erstellen solche Mietspiegel schon seit Jahren, um die Zulässigkeit von Mieterhöhungen zu prüfen. Von einem qualifizierten Mietspiegel spricht man, wenn dieser alle zwei Jahre nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt und von den örtlichen Akteuren anerkannt wird. In der Vergangenheit gab es jedoch immer wieder Konflikte um Mietspiegel, weil nicht eindeutig geregelt ist, nach welchen Kriterien sie erstellt werden.
Der Mieterschutzbund kritisiert außerdem, dass die Bezugsgröße für Mietspiegel nur die Mietverträge der vergangenen vier Jahre sind. "Es wird nicht der Durchschnitt aller bestehenden Mieten herangezogen, sondern nur die obere Spitze", sagt Geschäftsführer Claus O. Deese im Gespräch mit tagesschau.de. Justizminister Maas hat allerdings ein weiteres Gesetzespaket angekündigt, in dem die Kriterien zur Erstellung von Mietspiegeln überarbeitet werden sollen. "Wir wollen ein genaueres Bild über die Entwicklung der Mieten bekommen", sagt Maas. Dabei gehe es beispielsweise darum, aus welchem Zeitraum Daten in Mietspiegel einfließen sollen.
Wo es keinen Mietspiegel gibt und sich der Mieter nicht selbst über die ortsübliche Vergleichsmiete informieren kann, hat er einen Auskunftsanspruch gegen den Vermieter, um die Zulässigkeit der vereinbarten Miete überprüfen zu können.
Welche Ausnahmen soll es geben?
Ausgenommen von der Mietpreisbremse ist der Erstbezug von Neubauten. Hier darf der Vermieter die Miete nach wie vor beliebig festlegen.
Eine weitere Ausnahme gilt bei umfassenden Modernisierungen: Auf die Miete, die nach der Mietpreisbremse zulässig wäre, kann der Vermieter dann einen Zuschlag verlangen. Die Befürchtung der Immobilienbranche, der Wohnungsbestand könne verfallen, weil Modernisierungen sich nicht mehr lohnten, ist also unbegründet. Die Befürchtung von Mietern, schon durch kleinere Modernisierungen könnten Vermieter die Mietpreisbremse aushebeln, ist ebenso unbegründet. "Wer Modernisierungskosten auf Mieter umlegen will, muss das - wie bisher auch - gut begründen", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.
Was ändert sich bei Modernisierungen?
In einem weiteren Gesetzespaket zugunsten von Mietern will Bundesjustizminister Maas die Kosten von Modernisierungen für Mieter dämpfen. "Modernisierungskosten dürfen künftig nur noch bis zu zehn Prozent und längstens, bis der Vermieter seine Aufwendungen gedeckt hat, auf die Miete umgelegt werden", sagte Maas. Bisher ist dies bis zu elf Prozent möglich. Und derzeit bleiben die wegen Modernisierung erhöhten Mieten auch dann noch hoch, wenn die Investitionen längst abbezahlt sind.
Welche Kritik gibt es?
Die Immobilienbranche beklagt, dass die Mietpreisbremse Neubauten verhindern und Investoren abschrecken würde. Gerold Happ vom Eigentümerverband Haus und Grund sagt gegenüber tagesschau.de: "Wenn sich Bauen nicht mehr lohnt, entstehen auch keine neuen Wohnungen."
Happ: "Die Mietpreisbremse schreckt Investoren ab, Wohnungen zu bauen."
So werde der Wohnungsmangel in bestimmten Gebieten nicht behoben und die Mieten würden noch stärker steigen. Dies gelte auch dann, wenn Neubauten generell von der Mietpreisbremse ausgenommen würden. "So oder so ist dieser Eingriff in den Mietmarkt ein Tabubruch", meint Happ.
Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund hält diesen Einwand für unberechtigt. Trotz Ankündigung der Mietpreisbremse seien die erteilten Wohnungsbaugenehmigungen im Jahr 2014 gegenüber den Vorjahren noch einmal deutlich gestiegen: "Das ist für mich ein Indiz, dass Investoren davon ausgehen, dass sie auch mit Mietpreisbremse nach wie vor gutes Geld verdienen werden."
Was ändert sich bei Maklercourtagen?
Im Maklerrecht soll künftig das Prinzip "Wer bestellt, bezahlt" gelten. Dadurch soll gewährleistet sein, dass die Partei die anfallenden Maklergebühren zahlt, die den Makler beauftragt. In der Praxis wird das meist der Vermieter sein, der mit Hilfe eines Maklers einen neuen Mieter sucht.
Befürchtet wird aber, dass zahlreiche Vermieter künftig versuchen, die Gebühr doch an die Mieter weiterzugeben. Denkbar sind beispielsweise Schmiergelder oder überhöhte Abstandszahlungen. Derartige Versuche seien aber rechtswidrig, betont Ulrich Ropertz vom Mieterbund gegenüber tagesschau.de. Mieter müssten sich auf solche Forderungen nicht einlassen: "Zu Unrecht gezahlte Abstandszahlungen oder Ähnliches kann ein Mieter bis zu drei Jahre nach Zahlung zurückfordern."
Was bringt die Mietpreisbremse wirklich?
"Die Mietpreisbremse ist zwar kein zahnloser Tiger, aber auch kein sehr wilder", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Das größte Problem aus seiner Sicht: Sie gilt nicht für bestehende Mietverhältnisse, sondern nur für neue Mietverträge. Wer also bereits in einer überteuerten Wohnung lebt, hat keinen Anspruch darauf, die Miete zu senken. Und: Auch bei Neuvermietung wird eine vorher teure Wohnung künftig nicht billiger, weil ein Vermieter mindestens so viel verlangen darf, wie beim vorherigen Mieter. De facto kommt es also nirgends zu Mietsenkungen, sondern nur zu einer Dämpfung der rasanten Mietsteigerungen. "Überteuerte Mieten werden so quasi legalisiert", kritisiert Ropertz.
Immerhin: "Die Mietpreisbremse wird den Menschen helfen, die gezwungen sind, umzuziehen", sagt Ropertz. Für sie würde es in angespannten Wohnlagen künftig zumindest leichter, eine bezahlbare Wohnung zu finden.
Gero Happ vom Eigentümerverband Haus und Grund meint hingegen, die Mietpreisbremse werde nicht die gewünschte Wirkung haben. Auch künftig würden Vermieter sich immer die Mieter mit der größten Bonität aussuchen, egal, wie viel die Wohnung kostet. Dass Menschen mit geringen und mittleren Einkommen zum Zug kämen, hält er für unwahrscheinlich.
Außerdem rechnet Happ damit, dass es künftig deutlich mehr Mietrechtsstreitigkeiten geben wird, beispielsweise über die Höhe der "ortsüblichen Vergleichsmiete". Auch der Deutsche Mieterbund befürchtet, dass zahlreiche Vermieter zunächst versuchen könnten, die neue Rechtslage zu umgehen. Mieter können zwar auch nach Vertragsunterzeichnung ihr Recht einklagen, Vermieter haben allerdings nicht viel zu befürchten. Zwar müssen sie - wenn der Mieter den Klageweg nicht scheut - die Miete dann anpassen, doch Sanktionen für einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse sind im Gesetz nicht vorgesehen.