Interview

Pro: Krisenmanagerin Merkel "Kanzlerin Merkel weiß, was sie will"

Stand: 23.08.2012 04:31 Uhr

Merkel macht ihre Aufgabe bislang sehr gut, meint der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels, Anton Börner. Es sei klug gewesen, nicht die deutsche Stabilitätskultur zu opfern, sagt er. Was für die Wirtschaft zähle, sei das Ergebnis - und das könne sich sehen lassen.

tagesschau.de: Laut ARD-DeutschlandTrend sind die meisten Deutschen mit dem Euro-Krisenmanagement der Kanzlerin zufrieden. Teilen Sie diese Mehrheitsmeinung?

Anton Börner: Zunächst einmal: Wir sprechen von einer Krise, die in ihrer Dimension einmalig ist. Sie ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen verfehlten Politik zahlreicher autonomer Länder. Das macht die Lösung so langwierig und komplex. Die Bundeskanzlerin weiß inhaltlich, was sie will und macht ihre Arbeit in der Schuldenkrise gut. Ihr großes Problem ist die Kommunikation: den Menschen in Europa zu erklären, was sie macht und warum sie es tut.

tagesschau.de: Schafft es Merkel (noch), die eigenen Leute von ihrem Kurs zu überzeugen?

Börner: Für uns in der Wirtschaft zählt das Ergebnis. Bislang hat die Bundesregierung ja stets eine sehr deutliche Mehrheit im Deutschen Bundestag für ihre Krisenpolitik bekommen. Regierung und Opposition kommt bei einer Krise solchen Ausmaßes gleichermaßen eine große Verantwortung zu. Aber auch in den eigenen Reihen sehe ich eine sehr breite Mehrheit für den Kurs der Bundesregierung.

Zur Person

Anton Börner ist seit 2001 Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Der gelernte Diplom-Kaufmann und Unternehmer setzt sich für den freien Welthandel ein. Börner setzt sich dafür ein, die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft international zu verbreiten, den interkulturellen Austausch zu stärken und den Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Kirche fortzusetzen.

tagesschau.de: Welche Entscheidung Merkels halten Sie für die beste und welche für die schlechteste?

Börner: Klug war, bei dem jüngsten Gipfel in Brüssel den Südländern die Punkte auf dem Spielfeld zu überlassen ohne die deutsche Stabilitätskultur zu opfern. Ziel ist und muss bleiben, unseren Euro-Partnern zu helfen, aber nur wenn diese zu Strukturreformen bereit sind, die langfristig deren Wettbewerbsfähigkeit steigern und die Länder attraktiv für Investoren machen: Erst liefern, dann helfen. Wir brauchen mehr Wachstum zur Lösung der Schuldenprobleme in der Euro-Zone.

Eine Entscheidung, die viele Leute für richtig halten, aber grundfalsch und teuer ist, war die Beteiligung der privaten Gläubiger an den Kosten für die Rettung Griechenlands. Denn Staatsanleihen gelten per Gesetz als ausfallsicher. Einseitig die Spielregeln zu brechen, hat bei den Investoren, Banken und Versicherungen weltweit viel Vertrauen zerstört und kostet somit unvorstellbar viel Geld.

tagesschau.de: Konnte Merkels Kurs die deutsche Wirtschaft bisher vor den Auswirkungen der Krise ausreichend schützen? Und wird er das weiterhin tun?

Börner: Das Halbjahresergebnis der Deutschland AG kann sich sehen lassen. Die deutsche Wirtschaft hat sich in dem zunehmend schwierigen Umfeld bislang gut behaupten können; die ungeliebten Reformen der letzten Jahre zeigen inzwischen ihre segensreiche Wirkung. Die globalen Wachstumstrends sind trotz Abkühlung nach wie vor intakt. Die deutsche Wirtschaft ist auf den Weltmärkten gut aufgestellt und hat gute Chancen, auch in der zweiten Jahreshälfte und darüber hinaus weiter zu wachsen. Auch der Konsum in Deutschland hält sich standhaft. Die Einbußen, insbesondere in südeuropäischen Märkten, können wir durch Wachstum in ostasiatischen Ländern und auch im US-Geschäft überkompensieren. Das verspricht unterm Strich ein deutliches Plus im Außenhandel, von dem auch beispielsweise Spanien, Italien und Frankreich als Zulieferer vieler Komponenten profitieren. Ohne die Wachstumslokomotive Deutschland wären diese Länder längst in der Depression versunken.

tagesschau.de: Trägt Merkels Krisenpolitik entscheidend zur Rettung des Euro bei oder erschwert sie eine nachhaltige Stabilisierung der Eurozone?

Börner: Entscheidend bleibt, unseren Euro-Partnern die notwendigen Strukturreformen unter dem permanenten Druck der Märkte zu verschreiben, um damit langfristig deren Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und die Länder attraktiv für Investoren zu machen. Nur durch mehr Produktivität können die Schuldenprobleme in der Euro-Zone gelöst werden. Ohne ungeliebte Strukturreformen kein Wachstum, und damit keine Zukunft für Europa.