Die Drohne mit "Mini-Kühlschrank" an Bord zum Transport von Blutproben

Bayern Wenn es schnell gehen muss: Blutproben fliegen mit Drohne

Stand: 10.05.2024 09:17 Uhr

Wenn ein Kind schwer krank wird, brauchen Ärzte schnell Blutwerte. Doch was, wenn das nächste Labor weit weg ist? Drohnen könnten Wege abkürzen. Ein Projekt aus Passau zeigt, welches Potenzial in der Technik steckt. Es gibt aber auch Hürden.

Von Katharina Häringer

Angenommen, Eltern bringen ihr krankes Kind in Zwiesel im Landkreis Regen zum Arzt. Der Bub hat immer mehr blaue Flecken am Körper und Fieber. Es könnte sein, dass das Kind eine Blutvergiftung hat, sagt Matthias Keller, Chef der 70 Kilometer entfernten Kinderklinik in Passau.

Er führt das Szenario weiter aus: Angenommen, der niedergelassene Arzt aus dem Bayerischen Wald überstellt das Kind in die Klinik. Dann würde es nach etwa einer Stunde in Passau ankommen, erst dort würde Blut abgenommen und 30 Minuten später lägen die Ergebnisse mit der Diagnose Blutvergiftung vor. "Wir könnten erst anderthalb bis zwei Stunden, nachdem das Kind beim Arzt war, mit der Behandlung anfangen“, sagt Keller.

Wertvolle Zeit könnte eingespart werden

Deshalb ist er begeistert von dem Drohnen-Projekt, an dem sich Kinderklinik, Uni Passau, TH Deggendorf, MVZ Labor Passau und der Drohnen-Entwickler "Quantum Systems" beteiligen. Mit Hilfe des Projekts soll durchgespielt werden, ob es möglich ist, Blutproben von Arztpraxen in ländlichen Regionen direkt ins Labor zu schicken. Die ersten Forschungsergebnisse wurden jetzt vorgestellt. Und sie zeigen: Technisch ist schon vieles möglich, bis zur Umsetzung dürfte aber noch Zeit vergehen.

Drohne mit Mini-Kühlschrank an Bord

Klinikleiter Matthias Keller erhofft sich viel von der Drohne: "Wenn wir bei dem Beispiel Zwiesel bleiben: Der niedergelassene Arzt nimmt dort Blut ab, schickt es per Drohne ins Labor. Dann liegen uns in der Kinderklinik die Werte schon vor, bevor das Kind zu uns kommt. Wir könnten direkt mit der Behandlung beginnen."

Doch ist der Drohnen-Flug einfach so möglich? Die Entwickler haben den Test gemacht. Sie haben die Drohne – bepackt mit einem Mini-Kühlschrank, in dem die Blutproben liegen – vor der Praxis der Kinderärztinnen in Ortenburg im Landkreis Passau starten und bis zum Labor in Passau fliegen lassen. Eine Strecke von rund 25 Kilometern, die der Laborfahrer ein Mal am Tag zurücklegt und für die er mit Zwischenstopps etwa eine Stunde braucht. Der Test zeigt: Die Drohne ist etwa 20 Minuten unterwegs und bringt die Blutproben gekühlt am Zielort an. Allerdings braucht es mehrere Anläufe, bis der Flieger in der Luft ist, weil die Software streikt. Im direkten Vergleich wäre der Patient vor der Drohne vor Ort gewesen.

Mitarbeiterinnen in einem Labor.

Im Labor können die per Drohne angelieferten Blutproben dann schneller untersucht werden.

Genehmigung einer Flugstrecke kann über ein Jahr dauern

"Um die Drohne in Serie zu bekommen, gibt’s viele Herausforderungen", bilanziert Pierre Ulfig, Projektleiter bei "Quantum Systems". Die technischen Voraussetzungen seien größtenteils erfüllt. Allerdings gibt es lauf Ulfig noch enorm viele Auflagen, strenge Gesetze und bürokratische Hürden.

Ein Beispiel: Die Entwickler haben ein Jahr dafür gebraucht, um vom Bundesluftfahramt die Genehmigung für die Strecke Obernzell-Passau zu bekommen. Um den Großraum Passau bis in den Bayerischen Wald hinein mit Drohnen zu versorgen, bräuchte es vermutlich mehr als 50 Drohnen auf verschiedenen Strecken, schätzt Ulfig. Jede Route müsste eigens genehmigt werden. Hinzu kommt: Die Drohnen können im Moment noch nicht den direkten Weg fliegen. Über Flüssen, Schiffen, Autobahnen und bewohnten Gebieten müssen Bogen oder spezielle Winkel geflogen werden. So dass die Drohne im Moment die gewünschte Zeitersparnis nicht reinholen kann.

Projektleiter Pierre Ulfig gibt sich dennoch zuversichtlich: "Ich gehe davon aus, dass wir in zwei Jahren solche Systeme in Deutschland sehen werden. Ich glaube da dran.“

Fachkräftemangel lässt Drohne wichtiger werden

Matthias Keller, Chef der Kinderklinik Dritter Orden Passau, gibt sich überzeugt davon, dass es in fünf bis zehn Jahren andere Methoden brauche, um Kinder – gerade auf dem Land – gut medizinisch zu versorgen. "Wir reden über Ärztemangel, Fachkräftemangel bei Labormitarbeitern und -fahrern. Und es ist wichtig, dass wir uns jetzt Gedanken machen, wie wir mit den Herausforderungen der Zukunft umgehen.“

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Quelle: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz 10.05.2024 - 11:45 Uhr