Längstes deutsches Wort verschwindet RkReÜAÜG fliegt raus
Deutschlands Sprachwissenschaftler trauern um einen Superlativ: Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hat sein Gesetz zur Etikettierung von Rindfleisch abgeschafft - und damit das längste Wort der deutschen Sprache beerdigt. Doch Nachfolge-Kandidaten gibt es sicher zur Genüge.
An der Wortschöpfung des mecklenburg-vorpommerischen Landesrechts hätte Mark Twain seine helle Freude gehabt: "Manche deutsche Wörter sind so lang, dass sie eine Perspektive haben", schrieb der amerikanische Schriftsteller in seinem Aufsatz über "die schreckliche deutsche Sprache". Dafür führte der selbst ernannte Sammler von Wortraritäten unter anderem die sperrigen "Generalstaatsverordnetenversammlungen" ins Feld.
Ein knackiges Kürzel verglichen mit der Vokabel, die uns der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern bescherte: Das Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz war zwar nicht gerade ein geflügeltes Wort im Deutschen, aber immerhin jahrelang Rekordhalter in der nationalen Disziplin des Bandwurmwörterbildens. Nun aber wurde der Hidden Champion abgeschafft.
RkReÜAÜG war überflüssig geworden
Das Schweriner Landesparlament beschloss vergangene Woche, das Gesetz mit dem vollen Namen "Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz" aufzuheben.
Grund war nicht etwa das wiederentdeckte Sprachgefühl der Abgeordneten. Nein, das 1999 eingeführte Gesetz - kurz RkReÜAÜG - war schlicht überflüssig geworden. Weil gesunde Rinder künftig an Schlachthöfen nicht mehr auf BSE getestet werden, muss die Aufgabe der Überwachung der Etikettierung von Rindfleisch auch nicht mehr gesetzlich übertragen werden. So einfach ist das.
63-Buchstaben-Rekord-Monstrum
Mit dem Gesetz endet auch der Rekord: Denn die Sprachwissenschaft berücksichtigt nur Wörter, die in veröffentlichten Texten verwendet werden. Dabei war das 63-Buchstaben-Monstrum längst weit über die nordostdeutsche Masttierhaltung hinaus zum Phänomen geworden: Als "das derzeit längste authentische Wort im deutschen Sprachgebrauch" bezeichnete der Berliner Sprachforscher Professor Anatol Stefanowitsch das Substantiv.
Nun ergeht es dem Ex-Rekordhalter wie seiner Vorgängerin: Die Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung, sogar vier Buchstaben länger, wurde 2007 aufgehoben. Ob rasch ein würdiger Nachfolger für RkReÜAÜG gefunden wird? Die deutsche Liebe zu zusammengesetzten Substantivketten und komplexen Gesetzestexten lässt hoffen, dass die deutsche Sprache auch künftig nicht perspektivlos wird.