Ihre Erinnerungen an 60 Jahre Tagesschau Von A wie Armstrong bis Z wie Zeitenwende
Am 26. Dezember 2012 feiert die Tagesschau ihren 60. Geburtstag. Anlässlich des Jubiläums fragten wir Sie im Vorfeld der heutigen Jubiläumssendung nach Ihren persönlichen Highlights aus den vergangenen Jahrzehnten. In der Geburtstagssendung konnten Sie das Resultat sehen. Hier eine Auswahl Ihrer Kommentare:
Am 22.11.1963 begann die Tagesschau verspätet. Zur üblichen Zeit, um 20 Uhr blieb der Bildschirm schwarz. Ich weiß nicht mehr, wie lange das dauerte, vielleicht war es auch nur kurze Zeit. Dann wurde gemeldet, dass John F. Kennedy ermordet wurde. Meine Eltern, Jahrgang 1906 und 1907, waren überzeugt: Jetzt gibt es wieder Krieg. Ich war damals 17 Jahre alt. Diese Minuten werde ich nie vergessen.
Zwei Tagesschau-Sendungen werden stets in meinem Gedächtnis verhaftet bleiben:
Am Freitag, dem 22.11.1963, begann die Tagesschau wie gewohnt um 20 Uhr, wurde aber nach kurzer Zeit unterbrochen - schwarzer Bildschirm. Es folgte eine Sondermeldung aus Dallas in den USA. Ein Attentat war auf den amerikanischen Präsidenten, John F. Kennedy, verübt worden. Schlimmste Befürchtungen, dass Kennedy dabei ums Leben gekommen sei, bestätigten sich wenig später und Lyndon B. Johnson wurde am gleichen Tag zu seinem Nachfolger vereidigt.
Ebenso erschüttert war ich am 11.9.2001, als ich nachmittags um 15 Uhr die Nachrichten einschaltete. Der Bericht von dem Flugzeugabsturz in einen der beiden Zwillingstürme des World-Trade-Centers stellte sich recht schnell als ein gezielter Terrorakt heraus, als live der Crash eines weiteren Flugzeugs in den zweiten Tower gezeigt wurde. Bedauerlicherweise bleiben in erster Linie derartige Schreckensmeldungen in Erinnerung.
Als ich vom Ableben von Louis Armstrong hörte, hab ich am Fernseher geweint.
Genscher in Prag: Am 30.09.1989 wurde jedem klar, dass eine Zeitenwende stattgefunden hat. Bei mir erzeugen die Aufnahmen immer noch Gänsehaut, obwohl ich ganz und gar nicht patriotisch oder besonders wertkonservativ bin.
Eine Sendung liegt mir besonders am Herzen: die vom Tag des Mauerfalls. Für mich ist die Tagesschau von dem Tag das beste Abbild von der Stimmung, die herrschte. So können auch jüngere Leute wie ich (ich war damals 4 Jahre alt) den Geist dieser Zeit erfassen.
Die Sendung, die bei mir hängengeblieben ist, habe ich gar nicht selber gesehen, aber oft genug die Geschichte von meinem Vater gehört. Es war die, in der in München Passanten zum Tod von Franz Josef Strauß befragt wurden. Auf einmal ist ein alter Freund von meinem Vater im Bild und sagt: "Ein Verbrecher weniger!" Leider geht das Archiv bei tagesschau.de nicht so weit zurück und ich habe auch schon öfters versucht, den Ausschnitt bei verschiedenen Videoportalen zu finden, aber ohne Erfolg. Ich würde mich sehr freuen, das einmal zu sehen.
Die erste Tagesschau-Sendung, an die ich mich bewusst erinnere, ist die Sendung vom 9. Dezember 1980. Ich war fast sieben Jahre alt und saß mit meinem Vater vor dem Fernseher, um die Sendung ("nur noch die Tagesschau, aber dann ab ins Bett!") zu sehen, die mich in meinen damaligen Grundfesten erschüttern sollte. Mein Berufswunsch war bis dahin völlig klar: Ich wollte Musiker werden, wie mein Vater, allerdings nicht wie er klassischer Musiker, sondern mein Berufswunsch war "Beatle".
Dann kam die Meldung des Tages: "John Lennon in New York erschossen". Meine Berufspläne waren von einem auf den anderen Moment zerschlagen - der Beruf des Beatle erschien mir fortan deutlich zu gefährlich, bringt er doch das große Risiko mit sich, erschossen zu werden. Auch zum klassischen Musiker habe ich es nicht gebracht, die Motivation zum Üben war nach diesem Erlebnis einfach dahin. Ich bin Kinderarzt geworden.
Es vergeht kein 8. Dezember, an dem ich nicht an John Lennon denke, und an meinen 1991 viel zu früh verstorbenen Vater, mit dem ich meine erste Tagesschau sah.
Ende 1975 lag der spanische Diktator General Franco im Sterben. Gegner seines Regimes wagten sich demonstrierend auf die Straße, ein demokratisches System fordernd. Ich war in jenen Tagen Referendar an einem bayrischen Gymnasium und hatte für eine Lehrprobe im Fach Sozialkunde das Thema "Wirksamkeit von Medien" in einer 10. Klasse zu unterrichten. Um festzustellen, welcher Informationskanal des Menschen durch die elektronischen Medien am wirksamsten angesprochen wird, hatte ich mir folgenden Versuch ausgedacht: Ein etwa dreiminütiger Beitrag der Tagesschau vom Vorabend wurde von meinen Schülern angesehen. Eine Gruppe hielt sich dabei die Ohren zu und sah einen Sprecher, der einen kleinen Filmbeitrag einleitete, in dem Polizisten hinter einem versprengten Demonstranten herliefen und immer wieder mit Gummiknüppeln auf ihn einschlugen. Eine zweite Gruppe hielt sich die Augen zu und hörte nur den Sprecher. Die dritte Gruppe nahm den Beitrag ganz normal mit geöffneten Augen und Ohren auf. Anschließend wurden in einem kleinen Test die Informationen des Beitrags abgefragt.
Was glauben Sie, wer das beste Ergebnis erzielte? Es war mit Abstand die Gruppe, die nur den Sprecher hörte.
Der Gurkenlaster und die Flötengruppe von Lengede
Der Gurkenlaster und die Flötengruppe von Lengede
Am meisten bewegt hat mich nicht eine Sendung, sondern die ganze Berichterstattung zur Entführung von Hanns-Martin Schleyer 1977. Das verzweifelte Ringen um die Befreiung des Entführten; mit jeder Tagesschau-Ausgabe hoffte man auf eine positive, glückliche Wendung. Fassungslosigkeit, wenn abermals keine Erfolgsmeldung verkündet wurde. Das Drama von damals hat sich tief eingeprägt und ich habe es bis heute in Erinnerung. Damals war ich elf Jahre alt.
Ob es wirklich "Highlights" sind, weiß ich nicht, aber wichtige Ereignisse: Challenger, Tschernobyl, Fukushima, Hans Rosenthal...
"Es ist genull nau Uhr!" ...und die Lottozahlen mit Dagmar Berghoff. Weltklasse.
Jo Brauner: "Ich bitte Sie um Entschuldigung. Das war unprofessionell." ...fand ich sehr professionell.
Da wäre an den Bericht über den Gurkenlaster-Unfall von Daniel Küblböck zu erinnern.
Ich bin Jg. 1955 und in Köln geboren. Vor allem drei Ereignisse sind mir hängengeblieben.
1. Das "Wunder von Lengede". Wir hatten nachmittags um 15 Uhr Blockflötenunterricht bei unserem Lehrer, Herrn Stapper (Katholische Volksschule Bensberg-Frankenforst). Ausnahmsweise, so Herr Stapper, wollen wir heute einmal fernsehen. Es wurden nämlich gerade die Bergleute in einer Bombe, d.h. einem engen Rohr, aus der Tiefe gezogen. Oben öffnete sich die Türe und die Eingeschlossenen wurden begrüßt. Ich weiß noch genau, wie sich unser Lehrer eine Träne aus den Augen wischte, was mich damals sehr wunderte. Die Flötengruppe durfte den Hochgekommenen dann immer ein Liedchen spielen.
2. Die zweite Erinnerung ist eine weniger schöne. Es muss damals einen Verbrecher gegeben haben, der mit einem Flammenwerfer (das Wort war mir neu als Kind) in einer Schulklasse gewütet hatte. Ich glaube sogar, er hat mehrere Schüler getötet. In dem Film sah man geschwärzte Wände, und ich mochte mir als Kind nicht vorstellen, wie es war, von einem Flammenwerfer getötet zu werden. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es die Tagesschau war oder die Sendung "Hier und Heute".
3. Die dritte Erinnerung bezieht sich auf den 13. August 1961. Ich saß als Sechsjähriger in der Essecke und mein Vater rief aufgeregt aus dem Wohnzimmer zu meiner Mutter, die in der Küche war: "Inge, Inge, in Berlin haben sie alles abgeriegelt." Ich spürte, dass etwas Wichtiges geschehen war, konnte aber mit dem Wort "abriegeln" nichts anfangen.
Die Nachricht vom Ende des "Sonntagsfrühschoppens" in der Tagesschau, der seit 1953 (meinem Geburtsjahr) durch Werner Höfer geleitet und moderiert wurde, hat mich damals mehr als erwartet getroffen. Mit meinem Vater und einigen meiner sieben Geschwister habe ich über viele Jahre die Sendung angeschaut und ich war intensiv dabei, wenn mit den eingeladenen, ausländischen Journalisten wichtige Themen analysiert und diskutiert wurden. So bin ich - auch bedingt durch diese Sendung - immer ein politisch interessierter Mensch geblieben. Mit seinen späteren Äußerungen zu dem Pianisten Kreiten (und nach Kenntnis seiner NSDAP-Mitgliedschaft) war Werner Höfer dann bekanntlich stark in die Kritik geraten. Aber mit dem Ende des "Sonntagsfrühschoppens" war für mich auch ein wesentlicher Teil meiner Kindheit und Jugend zu Ende gegangen. Am Tag der Nachrichtenübermittlung fühlte ich mich persönlich betroffen.
Die Tagesschau gehört auch bei uns (thailändische Familie in zweiter Generation in Berlin) auf jeden Fall zum Abendprogramm dazu. Ich interessiere mich für die Nachrichten und meine Tante ist eher auf die Wettervorhersage fixiert. Somit haben wir alle unsere Dinge, die wir an der Tagesschau so lieben. Schade, dass Sie die Eröffnungsmelodie von 1994-97 nicht weiter beibehalten haben.
Schicksalstage und das piepende Wetter
Schicksalstage und das piepende Wetter
Eine Sternstunde der Berichterstattung waren für mich die Nachrichten zum Anschlag auf das World Trade Center, hier spürte man inmitten der journalistischen Nüchternheit die tiefe menschliche Anteilnahme der ARD-Sprecher und -Sprecherinnen.
Zu meinen Kindheitserinnerungen zum Thema Medien Anfang der 80er zählt ein Ereignis eines politischen Umbruchs in einem afrikanischen Staat, welches um 19:30 Uhr bei der Aktuellen Kamera von der einen Seite kommentiert und um 20 Uhr bei der Tagesschau von einer anderen Seite dargestellt wurde. Für mich war dies der Auslöser, vieles kritischer zu sehen und zu hinterfragen, bevor ich Rückschlüsse für mich traf. Eine Zeit lang habe ich keinem der beiden Sender mehr getraut. Erst in meiner sich entwickelnden Reife sah ich einiges klarer und dann war 1989.
Erinnere mich an Irene Koß und Annette von Arentin (kann sein, dass die Namen falsch geschrieben sind, aber Menschen meiner Generation wissen, wen ich meine).
Am 28.8.1988 stürzten auf der Flugschau in Ramstein zwei italienische Flugzeuge zusammen. Am selben Tag ist auch der Geburtstag meiner Schwester. Deswegen bleiben mir die Bilder der Tagesschau-Sendung dieses Tages in schrecklicher Erinnerung.
Ich war acht Jahre alt und gerade bei meinen Großeltern zu Besuch, als ich aus der Tagesschau erfuhr, dass Diether Krebs gestorben ist. Ich habe mir zusammen mit meinen Eltern viele Sketche von ihm angesehen, bin auch heute noch ein großer Fan von ihm, und war richtig traurig, dass er tot ist.
Drei Dinge erinnere ich besonders: 1. Die Wahl von Karol Wojtyla zum Papst - für uns DDR-Bürger ein Brückenschlag beonderer Qualität (damals war ich noch katholisch, also was wollte man mehr?)
2. Die Berichterstattung über die Luxemburg-Liebknecht-Veranstaltung im Januar 1988. Da war "breeze of change" ganz zart zu spüren - einer von mehreren Anfängen vom Ende
3. Die Äußerung von Edmund Stoiber, dass die Tschechische Republik ein Fremdkörper in Europa sei. Das hat mich sehr aufgeregt, weil in dieser Schlichtheit sehr viel Falsches liegt. [...]
4. Wie alle Menschen, die am 11.9.2001 ferngesehen haben, habe ich die damaligen Ereignisse natürlich noch in Erinnerung. [...]
Diese vier Beispiele sind nur ein ganz spontanes Erinnern. Gefühlt habe ich durch die Tagesschau und auch andere Informationssendungen einen Blick für die Welt haben können, den die Regierung des Landes, in dem ich aufwuchs und bis 1990 lebte, nicht zulassen wollte. Ein großer Teil von erlebter Freiheit in meinem Leben geht auf das Konto der Tagesschau.
Ich erinnere mich noch gut an die Wettervorhersage der Siebziger Jahre, die stets mit mehreren Pieptönen endete, die an Morsezeichen erinnern. Ich frage mich heute noch nach dem Sinn und der Bedeutung dieser Morsezeichen. Können Sie mir dies bitte erklären?
Liebe Tagesschau,
ich bin zwar lange nicht so alt wie du, aber ich bin schon ein treuer Fan. Spontan fallen mir zwei Tagesschau-Erlebnisse ein, die mir besonders im Gedächtnis haften geblieben sind:
1) Als ich in die erste Klasse ging, haben mich Nachrichten überhaupt nicht interessiert, doch die Tagesschau war täglich ein wichtiger Termin, denn nach der Wettervorhersage hieß es "Ab ins Bett!" Um den Zeitpunkt so weit wie möglich hinauszuzögern habe ich also häufig mit Papa mitgeschaut. Aus dieser Zeit erinnere ich mich besonders an den Beitrag zum Elchtest der Mercedes A-Klasse (den sie nicht bestanden hat), denn zum ersten Mal war etwas sehr Lustiges zu sehen.
2) Als viel jüngeres Erlebnis erinnere ich mich an einen erstaunlichen Beitrag von Marion von Haaren über allerlei aus China importierte Waren, die beim Zoll getestet und sich als sehr ungeeignet herausgestellt haben ("Dieser Wasserkocher kocht sich selbst gleich mit.")
Jetzt muss ich ganz schnell Schluss machen, es ist 19:58 Uhr. Alles Gute zum Geburtstag!