EU-Kommission legt sich mit US-Computerhersteller an "Die Verbraucher dürfen nicht verapplet werden"
EU-Justizkommissarin Viviane Reding hat die Mitgliedsstaaten aufgefordert, gegen Apple vorzugehen. Der Vorwurf: Der US-Computerhersteller täusche mit seiner Werbung für eine kostenpflichtige Garantieverlängerung auf zwei beziehungsweise drei Jahre den Käufer. Apple verschweigt nämlich, dass in der EU ohnehin einen zweijährigen Gewährleistungsanspruch gilt.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
"Apple Care" - das klingt gut, das klingt nach: Apple kümmert sich. Wer iPhone, iPad oder Mac erwirbt, dem bietet der US-Computerkonzern einen Schutzplan für die schönen Produkte an. Damit wird die Apple-Herstellergarantie von einem Jahr auf zwei oder drei Jahre ausgeweitet. So viel Kümmern hat natürlich seinen Preis: bei einem Macbook immerhin 249 Euro.
Die EU-Kommission schwingt sich aber nun zum Spielverderber auf: "Es scheint so, dass Apple es versäumt, den Verbrauchern klare, wahrhafte und komplette Informationen zu geben über die Garantie, die ihnen nach EU-Recht zusteht", sagt Kommissionssprecherin Mina Andreeva und packt sogar noch flotte Sprüche obendrauf: "Die Verbraucher dürfen nicht verapplet werden."
Gesetzliche Gewährleistung verschwiegen
Der Vorwurf an Apple ist folgender: Das Unternehmen weist prominent auf seine einjährige Basisgarantie und die Möglichkeit einer Verlängerung dieser Garantie hin, lässt dabei aber unter den Tisch fallen, dass das EU-Recht ohnehin einen zweijährigen Gewährleistungsanspruch für neue Produkte vorschreibt. Und das sei einfach schlecht, sagt Klaus-Heiner Lehne, der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Europäischen Parlament: "Das macht jedenfalls nicht klar, dass jeder Kunde schon durch das vorhandene Recht automatisch eine Gewährleistung über zwei Jahre hat."
Nun muss man dem Computergiganten zugute halten, dass die Apple Care-Garantie über die normale Gewährleistung hinaus geht und zum Beispiel für alle Mängel gilt, nicht nur die, die schon beim Kauf da waren. Aber, so Lehne, in der Rechtspraxis mache das keinen großen Unterschied: "Deswegen stehe ich nach wie vor auf dem Standpunkt: Egal ob Apple vielleicht formaljuristisch unter gewissen Gesichtspunkten Recht hat - es ist irreführend, und deshalb muss Apple das klarstellen."
EU-Staaten müssen aktiv werden
Lehne hat zusammen mit anderen EU-Abgeordneten einen Protestbrief an Justizkommissarin Reding geschrieben. Auch elf Verbraucherschutzverbände haben bereits Beschwerde in Brüssel gegen die Apple-Informationspolitik eingereicht. Und jetzt ist Reding in den Ring gestiegen und hat ihrerseits einen Brief geschrieben - an die für Verbraucherschutz zuständigen Minister der EU-Staaten.
"Wir erwarten also, dass die Mitgliedsstaaten jetzt aktiv werden und auf der Basis ihrer nationalen Gesetze gegen Apple vorgehen", sagt Redings Sprecherin. Direkt kann die Kommissarin nicht eingreifen, im Verbraucherschutz kann Brüssel nur anmahnen, dass die Mitgliedsstaaten die europäischen Gesetze einhalten. Und da gibt es eben auch die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, nach der die Mitgliedsstaaten feststellen müssen, ob die Händler die Verbraucher irgendwie in die Irre führen.
Verbraucherministerium soll Klage prüfen
Angeschrieben wurde auch Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner. Die kann nun, meint der Abgeordnete Lehne, zum Beispiel das Bundesamt für Verbraucherschutz einschalten oder die Verbraucherschutzverbände auffordern, Klage gegen Apple einzureichen. In Italien ist das Unternehmen wegen "Apple Care" auch schon zu einer Strafe von 900.000 Euro verurteilt wurden.
Apple hat inzwischen reagiert und auf seiner Verkaufswebsite einen Link zu den europäischen Regeln eingefügt. Der EU-Kommission reichen die dort gegebenen Informationen aber immer noch nicht. Es werde nicht ausdrücklich darauf verwiesen, dass der europäische Gewährleistungsanspruch auch für alle Anfangsmängel gilt, die vielleicht erst später bemerkt werden.
Bekommen Käufer ihr Geld zurück?
Und so macht der CDU-Rechtsexperte Lehne sogar Verbrauchern Hoffnung, die das viele Geld für das "Apple-Care"-Paket zurückerstattet haben wollen: "Ich meine, wenn so irreführende Werbung gemacht wird, und das von Gerichten möglicherweise bestätigt wird, dass das irreführende Werbung ist, dann kann ich mir durchaus vorstellen, dass dieses 'Apple Care' dann angefochten werden kann."
Wie auch immer - der Lack des Kultunternehmens aus Cupertino hat einen weiteren Kratzer bekommen.