Verheugen kritisiert Finanzaufsicht "Deutschland Weltmeister bei riskanten Bankgeschäften"
Die deutsche Finanzaufsicht hat versagt und den Banken riskante Geschäfte ermöglicht - diese Kritik kommt von EU-Kommissar Verheugen. In keinem anderen Land seien Banken solche Risiken eingegangen. Die Bundesregierung sprach von einer "überraschenden Unkenntnis" auf Seiten Verheugens.
Der scheidende EU- Industriekommissar Günter Verheugen hat massive Kritik an der deutschen Finanzaufsicht geübt. "Deutschland war Weltmeister in riskanten Bankgeschäften", sagte Verheugen der "Süddeutschen Zeitung". Dies sei nur möglich gewesen, weil die Aufsicht die Dinge habe laufen lassen.
"Nirgendwo, auch nicht in Amerika, haben sich Banken mit größerer Bereitschaft in unkalkulierbare Risiken gestürzt, allen voran die Landesbanken", sagte der SPD-Politiker weiter. Dies habe "jetzt dramatische Folgen für den deutschen Steuerzahler".
Kein Zwang zum extremen Risiko
In der EU-Kommission werde daher die Rolle der deutschen Finanzaufsicht kritisch beurteilt. "Es ist ja kein Naturgesetz, hochriskante Geschäfte abzuschließen und zuzulassen." Andere Länder wie beispielsweise Italien stünden nun besser da mit ihren Banken, dort gebe es keine Schrottpapiere.
Verheugen verteidigte zudem Entscheidungen der EU-Kommission gegen die Kritik seines Parteikollegen, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes habe "sehr kluge Auflagen gemacht, damit die deutschen Landesbanken überhaupt überleben", betonte Verheugen. Steinbrück hatte Kroes vorgeworfen, sie wolle deutsche Banken zerstören.
"Überraschende Unkenntnis der Faktenlage"
Die Bundesregierung reagierte verärgert auf Verheugens Äußerungen. Das Finanzministerium und das Kanzleramt wiesen in ungewöhnlich unverblümter Form Kritik des SPD-Politikers an der deutschen Finanzaufsicht zurück. Die Bundesregierung habe die Aussagen Verheugens mit deutlicher Verwunderung aufgenommen, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Torsten Albig. "Sie zeugen von einer doch überraschenden Unkenntnis der Faktenlage." Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, diese klare Bewertung werde in der EU-Kommission sicher zur Kenntnis genommen. Es sei vorstellbar, dass bei dem ein oder anderen Treffen mit Verheugen darüber noch einmal gesprochen werde.
Verheugen scheidet im Herbst nach zwei Amtszeiten aus. Wer sein Nachfoger wird, ist zwischen SPD und CDU umstritten - beide Parteien beanspruchen für sich das Recht, den neuen Kommissar zu benennen.