EU-Kommission stellt Pläne für einheitliche Aufsicht vor Wer soll Europas Banken kontrollieren?
Eine einheitliche Bankenaufsicht ist Voraussetzung dafür, dass Geld aus dem Euro-Rettungsfonds direkt an kriselnde Banken fließen darf. EU-Kommissionspräsident Barroso stellt heute seine Pläne dazu vor. Vieles ist umstritten. Wo soll die Aufsicht sitzen - und wie weit reicht ihre Zuständigkeit?
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Krise macht's möglich. Auf einmal soll Europa eine einheitliche Bankenaufsicht bekommen - und diesmal auch eine, die Zähne hat. Eine, die Banken zumachen und bestrafen kann, die den nationalen Aufsichtsbehörden Anweisungen erteilen kann. Das haben die Staats- und Regierungschefs auf dem letzten Gipfel im Juni beschlossen.
Eine große Mehrheit der EU-Parlamentarier findet das richtig: "Grundsätzlich brauchen wir eine gemeinsame, handlungsfähige Bankenaufsicht", sagt Sven Giegold, der Finanzexperte der Grünen. "Die Nationalsstaaten, jetzt wieder Spanien und Slowenien, haben ihre Finanzinstitute zu lange geschützt und die Karten nicht offen auf den Tisch gelegt. Und hinterher müssen wir alle bezahlen. Deshalb haben wir gerade in Deutschland ein großes Interesse daran, dass es eine gemeinsame Aufsicht mit strengen Kontrollen gibt."
Giegold: EZB "Einäugige unter den Blinden"
Giegold findet es auch in Ordnung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) diese Aufgabe übernehmen soll: "Die EZB hat sich viel Glaubwürdigkeit in der Krise erworben im Vergleich zu allen anderen", sagt er. "Der Einäugige ist auch hier unter Blinden König."
Allerdings müssten die geldpolitischen Entscheidungen der Zentralbank strikt getrennt werden von den neuen Aufsichtspflichten, sagt Werner Langen von der CDU: "Die EZB ist verantwortlich für die Preisstabilität. Wenn sie jetzt zusätzlich die Bankenaufsicht ausüben soll, dann ist es rechtlich zwingend notwendig, dass es ein eigenständiger Korpus wird, bei dem der EZB-Rat nicht mehr mitreden kann." Das dürfte auch die EU-Kommission so sehen.
Erhebeliche Differenzen gibt es aber bei der Frage, ob die EZB alle Banken oder nur die großen beaufsichtigen soll. Europaparlamentarier Langen stellt sich da vehement gegen die Pläne der Kommission: "Ich halte nichts davon, dass die Europäische Zentralbank alle Banken der Euro-Zone beaufsichtigen soll", sagt er. "Das sind 6200 nach den neuesten Angaben. Das wird ein bürokratisches Monster."
Aufsicht über alle - oder nur über die Großen?
Ähnlich sieht es der der SPD-Parlamentarier Udo Bullmann: "Es geht nicht um Omas kleine Sparkasse. Wir müssen uns konzentrieren darauf, die Bankinstitute ins Visier zu nehmen, von denen die großen Risiken für die nationalen Volkswirtschaften und für Europa insgesamt ausgehen."
Eine direkte EZB-Aufsicht nur für die Großen - das fordert auch der FDP-Finanzexperte im Europäischen Parlament, Wolf Klinz. Er fordert, alles Weitere an die schon bestehenden nationalen Aufsichtsbehörden zu delegieren, etwa in Deutschland die Bafin und die Bundesbank - "mit der Möglichkeit, dass würde ich der neuen Behörde bei der EZB schon konsitieren, dass die halt stichprobenartig sich davon überzeugt, dass diese Delegation in der Praxis so funktioniert, wie sie sich das vorstellt".
Möglicherweise hat der FDP-Politiker da einen Kompromissweg skizziert. Die EZB solle nicht alle Banken direkt kontrollieren, so auch der zuständige EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Das sollten die nationalen Behörden tun, allerdings gebunden an die Weisungen aus dem Frankfurter Eurotower.
Und wer kontrolliert die Aufsicht?
Kein Kompromiss in Sicht ist allerdings bei einer anderen Frage, die den Parlamentariern stark am Herzen liegt: der demokratischen Kontrolle der neuen europäischen Bankenaufsicht. "Wenn die EZB die Bankenaufsicht sein will, und wenn die Staats- und Regierungschefs beziehungsweise die Finanzminister beschließen, dass das so sein soll, dann werden wir mitentscheiden wollen, auf welche Art und Weise die EZB diese Aufgabe wahrnehmen kann und wer ihr auf die Finger schaut", erläutert Bullmann. "Und das müssen wir sein."
Bislang will die EU-Kommission aber lediglich zugestehen, dass der Chef der künftigen Aufsichtsbehörde einmal im Jahr den Parlamentariern Rede und Antwort steht. "Das ist nur ein Placebo", schimpft Langen. Und auch bei der Ausarbeitung der gesetzlichen Bestimmungen soll dem Parlament nur die Rolle eines Zaungasts zugebilligt werden.