Überraschender Rückzug Koch tritt als Bilfinger-Chef zurück
Drei Jahre lang stand der frühere hessische Ministerpräsident Koch an der Spitze des Baukonzerns Bilfinger. Jetzt hat er überraschend seinen Rückzug angekündigt. Grund ist die zweite Gewinnwarnung innerhalb kurzer Zeit. Er stehe dafür als Chef ein, sagte Koch.
Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch tritt überraschend als Chef des Bau- und Dienstleistungskonzerns Bilfinger zurück. Wie das Unternehmen mit Sitz in Mannheim mitteilte, soll Koch zum 8. August ausscheiden. Der frühere Vorstandsvorsitzende Herbert Bodner wechselt vorübergehend vom Aufsichtsrat zurück an die Spitze des Vorstands.
Grund für Kochs Rückzug ist die zweite Gewinnwarnung innerhalb kurzer Zeit, wie beide Seiten bestätigten. Wegen einer nochmals reduzierten Ergebnisprognose in der Kraftwerkssparte musste der Konzern seine Gewinnvorhersagen abermals anpassen. Ende Juni hatte Bilfinger seine Ziele schon einmal revidiert. Nun gehen die Mannheimer von einem um 25 Millionen Euro reduzierten bereinigten Konzernergebnis zwischen 205 und 220 Millionen Euro aus.
Koch: "Stehe für Gewinnwarnungen ein"
Nach Angaben des Unternehmens soll durch den Rücktritt Kochs ein Dissens über die kurzfristige Unternehmensentwicklung vermieden werden.
Koch selbst erklärte in der Unternehmensmitteilung, er stehe als Vorstandsvorsitzender für die beiden Gewinnwarnungen ein. Die zweite Warnung habe das Vertrauen des Kapitalmarkts in Bilfinger "erschüttert". Er habe daraufhin eine vorzeitige Trennung angeboten, sagte Koch. "Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil ich feststellen musste, dass wesentliche Teile des Aufsichtsrats und ich bei der Beurteilung der unmittelbaren nächsten notwendigen Maßnahmen nicht ausreichend übereinstimmen."
Vertreter der Anteilseigner hatten zuvor einem Vorschlag des Aufsichtsrates zugestimmt, ein vorzeitiges Ausscheiden des früheren hessischen Ministerpräsidenten zu empfehlen. Am Donnerstag soll das Kontrollgremium den Schritt dann offiziell beschließen.
Sparkurs mit Stellenstreichungen eingeleitet
Der frühere CDU-Spitzenpolitiker war im Jahr 2010 vom Amt des hessischen Ministerpräsidenten zurückgetreten und hatte im Folgejahr den Chefposten bei Bilfinger übernommen. Unter Koch wurde auch ein Sparkurs mit Stellenstreichungen eingeleitet. Im Herbst 2013 kündigte das Unternehmen an, 1250 von weltweit insgesamt 9000 Verwaltungsstellen zu streichen. Rund 800 davon waren in Deutschland angesiedelt.
Ende Juli hatte der IG-Metall-Vorstand und bisherige Bilfinger-Aufsichtsrat Holger Timmer dem Ex-Politiker in der "Wirtschaftswoche" gravierende Managementfehler vorgeworfen. "Koch hat zu viel auf einmal angepackt und dabei das System so unter Stress gesetzt, dass Fehler passieren", bemängelte Timmer, der bis Mai 2014 im Bilfinger-Aufsichtsrat saß. Als "Operation am offenen Herzen" bezeichnete der Top-Gewerkschafter die laufenden Umstrukturierungen bei Bilfinger.
Bilfinger hat weltweit mehr als 70.000 Mitarbeiter. Zu Bilfingers Schwerpunkten gehören die Wartung von Industrieanlagen, Kraftwerken und Immobilien. Das Unternehmen hat vor allem Probleme mit den Folgen der Energiewende. Besonders starke Einbrüche verzeichnete die zur Kraftwerkssparte gehörende Fertigung von Hochdruck-Rohrleitungen. Für die jüngste Gewinnwarnung war nach Konzernangaben auch ein verlorener Auftrag in Südafrika verantwortlich.