Urteil des Europäischen Gerichtshofs EZB darf Staatsanleihen kaufen
Die Europäische Zentralbank darf Staatsanleihen von kriselnden Euro-Ländern kaufen. Das entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg. Die Richter billigten damit ein entsprechendes Programm der Notenbank aus dem Jahr 2012.
Die Europäische Zentralbank hat vom Europäischen Gerichtshof grünes Licht für umstrittenen Ankauf von Staatsanleihen bekommen. Wie der EuGH entschied, dürfen die Zentralbanker unter Einhaltung bestimmter Bedingungen Papiere von kriselnden Euro-Staaten aufkaufen. Die Richter billigten damit ein Programm, das auf eine Entscheidung des EZB-Rates im September 2012 zurückgeht: Die Notenbank werde notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Euroländern kaufen, um die Währung zu stützen, hatte zuvor EZB-Präsident Mario Draghi verkündet.
Geknüpft wurde das Programm mit dem Namen Outright Monetary Transactions (OMT) an bestimmte Bedingungen. So wird die Zentralbank nur tätig, wenn das betroffene Land unter einen Euro-Rettungsschirm geschlüpft ist und folglich strenge Reformvorgaben erfüllen muss. Bislang wurde das OMT-Programm allerdings nie angewendet. Allein die Ankündigung hatte seinerzeit die Märkte beruhigt.
EZB überschreitet nicht ihre Befugnisse
Nun gaben die Luxemburger Richter der EZB grünes Licht. Das Programm überschreite nicht die währungspolitischen Befugnisse der EZB und verstoße nicht gegen das Verbot der monetären Finanzierung von Mitgliedstaaten, teilte der Gerichtshof mit. Es handele sich um ein Programm, das dem Bereich der Währungspolitik zuzuordnen sei und keine Wirtschaftspolitik darstelle. Es trage zu dem Ziel der EZB bei, die Preisstabilität in den Mitgliedsstaaten zu gewährleisten, hieß es in der Urteilsbegründung. Die Richter verlangten aber, dass die EZB ihre selbst gesetzten Regeln einhält, sollte sie das OMT-Programm nutzen. So dürfe die Zentralbank beispielsweise ihre Entscheidung zum Ankauf oder das geplante Volumen nicht vorher ankündigen.
Die Entscheidung gibt EZB-Chef Draghi Rückendeckung bei einem aktuell laufenden Anleihe-Kaufprogramm namens "Quantitive Easing" vom 22. Januar 2015. Es hat zum Ziel, bis Ende September 2016 Staatsanleihen aller Euro-Staaten im Wert von bis zu einer Billion anzukaufen. Damit soll "billiges Geld" in Umlauf gebracht und Deflationstendenzen entgegenwirkt werden. Allerdings sind auch gegen dieses Programm Klagen angekündigt.
Jahrelanger Rechtsstreit geklärt
Der jahrelange Rechtsstreit um OMT ist damit geklärt. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Thema zur Entscheidung an den EuGH gegeben. In Karlsruhe hatten der CSU-Politiker Peter Gauweiler, die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin, die Bundestagsfraktion der Linkspartei und der Verein "Mehr Demokratie" geklagt. Fast 12. 000 weitere Kläger schlossen sich an. Die Karlsruher Richter waren seinerzeit zu dem Schluss gekommen, dass die EZB mit dem OMT-Programm ihre Kompetenzen überschreite.
Kläger sprechen von "Kriegserklärung" an BVerfG
Gauweiler kritisierte das Ja des EuGH als schweres Fehlurteil. Gauweiler und sein Mitkläger Dietrich Murswiek werteten es als schwerwiegende Verletzung der staatlichen Souveränität. Die Bedenken des Bundesverfassungsgerichts habe der EuGH beiseite gewischt, für Karlsruhe sei das Urteil "eine Kriegserklärung".
Der EuGH gebe mit seinem Urteil einen Freibrief für die Umverteilung von Haushaltsrisiken unter den EU-Staaten in Höhe von Hunderten Milliarden Euro, kritisierte Gauweiler: "Er segnet damit die von der EZB bewirkte Vergemeinschaftung der Haftung für Staatsschulden ab, die es nach dem Willen der Vertragsstaaten nicht geben sollte."
Gauweiler und Murswiek forderten das Verfassungsgericht auf, gegen den EuGH vorzugehen. So sollen die Karlsruher Richter die Bundesregierung verpflichten, gegen die Vertragsverletzungen vorzugehen: "Diplomatische Proteste sind das Mindeste, was sofort unternommen werden muss."
Rechtssache C-62/14