Treffen der Euro-Finanzminister Nächster Akt im griechischen Schuldendrama
Griechenlands Hoffnung ruht auf den Euro-Finanzministern: Sie beraten heute über zusätzliche Milliardenhilfen für Athen. Zudem müssen die Minister der Auszahlung der nächsten Kredit-Tranche aus dem alten Hilfspaket zustimmen - andernfalls ist Griechenland im Juli zahlungsunfähig.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Es ist fünf vor zwölf. Die griechische Staatskasse ist so gut wie leer, die Mitte Juli fällig werdenden Schulden können nicht mehr bedient werden. Das wäre die Pleite für das Land am Mittelmeer und der Beginn von gewaltigen Euro-Turbulenzen.
Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker hat daher die Finanzminister der 17 Euro-Länder schon für heute Abend einbestellt - denn spätestens am Montag muss weißer Rauch aus dem Luxemburger Ratsgebäude aufsteigen.
Auch EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso treibt die Finanzminister an: "Ich erwarte vom Eurogruppentreffen am Sonntag, dass die Minister ihre verbliebenen Meinungsunterschiede beilegen und zu einer verantwortlichen Einigung über Finanzhilfen für Griechenland kommen."
Dabei geht es zuerst einmal um das laufende, vor einem Jahr beschlossene Rettungsprogramm in Höhe von 110 Milliarden Euro. Die Minister müssen grünes Licht für die Auszahlung der nächsten Kredit-Tranche geben, damit die Griechen wenigstens den Juli ohne Pleite überstehen würden.
Sparziele verfehlt
Das Ja der Minister ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Denn eigentlich haben die Griechen die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt. Die vereinbarten Sparziele wurden verfehlt. Dennoch steht eine Zustimmung der Eurogruppe außer Frage.
Aber das reicht noch nicht. Denn auch der Internationale Währungsfonds (IWF) als zweiter Kreditgeber muss mit ins Boot. Der IWF darf Kredite nur auszahlen, wenn die Finanzierung des Empfängerlandes für mindestens ein Jahr gesichert ist. Das ist aber bei Griechenland absolut nicht der Fall. Es sei denn, die Euro-Staaten gewähren dem Partnerland ein neues, ein zweites Hilfspaket.
Notwendig sind 100 Milliarden Euro oder mehr. Darüber besteht mittlerweile auch Einigkeit - im Grundsatz, nicht aber in den Details.
Auf der Suche nach Lösungen
Vor allem ist umstritten, ob sich auch private Investoren in Form einer Umschuldung an der Rettung beteiligen sollen. Die Bundesregierung drängt mit großem Nachdruck darauf, weil sie sonst die Zustimmung im Bundestag gefährdet sieht. Viele andere sind dagegen, allen voran die Franzosen.
Nach dem Treffen der Bundeskanzlerin mit dem französischen Staatschef Nicolas Sarkozy am Freitag in Berlin sah es aber nach einer Einigung aus. Merkel sagte: "Wir wünschen uns eine Beteiligung privater Gläubiger auf freiwilliger Basis. Ich sage das ausdrücklich. Es gibt keine rechtliche Grundlage bislang für eine verpflichtende Beteiligung."
Merkels Gesprächspartner Sarkozy schob die Definition dafür freiwillig nach: "Wir wollen kein Kreditereignis und keinen Zahlungsausfall." Das wäre der Fall, wenn die privaten Besitzer griechischer Staatsanleihen dazu gezwungen würden - und sei der Zwang auch noch so sanft -, die Anleihen länger zu halten, als vereinbart. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte sogar eine Laufzeitverlängerung um sieben Jahre vorgeschlagen.
Merkel und Sarkozy hatten den Eindruck vermittelt, dass nun eine Einigung über die technischen Details schnell erfolgen könne. "Wir müssen jetzt möglichst schnell eine Lösung finden, damit Klarheit in die Sache kommt. Denn wir diskutieren jetzt den ganzen Mai und Juni immer wieder dieselben Fragen, ohne dass sie gelöst werden", sagte Merkel.
Last auf den Schultern der Finanzminister
Die Lösung müssen nun die Finanzminister aushandeln, zumindest müssen sie sich auf die Grundzüge des neuen Rettungspakets einigen. Sonst kann die nächste Tranche des alten Rettungspakets nicht ausgezahlt werden und Griechenland ist pleite. Aber schon gestern rückte die Einigung wieder in weite Ferne. Die Bundeskanzlerin forderte erneut einen substanziellen Beitrag der privaten Geldgeber.
Schäuble schob "quantifizierbar" und "verlässlich" als Bedingungen nach. Was mit vollständiger Freiwilligkeit nur schwer zusammengeht. Dagegen hielt Eurogruppenchef Juncker, der per Zeitungsinterview mit Blick auf die private Beteiligung vor einem Spiel mit dem Feuer und vor extremen Folgen für die Währungsunion warnte. Auch Portugal, Irland und andere Schuldenstaaten könnten so in die Pleite gezogen werden. Man darf also gespannt sein auf den nächsten Akt im europäischen Rettungschaos.