Griechen protestieren gegen neue Sparpläne Steine und Brandsätze gegen Athens Polizisten
Die Proteste der Griechen gegen die Sparpolitik sind in Gewalt umgeschlagen. Die Polizei räumte den Syntagma-Platz vor dem Parlament. Zuvor war sie mit Tränengas gegen Demonstranten vorgegangen, die Beamte angriffen. Zehntausende Menschen beteiligen sich am Streik und legen das öffentliche Leben lahm.
Bei den Protesten gegen das Sparprogramm der Regierung in Griechenland ist es zu massiven Auseinandersetzungen gekommen. Nach stundenlangen Straßenschlachten mit vorwiegend jungen Gewalttätern räumte die Polizei den zentralen Syntagma-Platz vor dem Parlament. Demonstranten hatten Polizisten zuvor mit Steinen und Brandsätzen beworfen. Die Beamten setzten daraufhin Tränengas ein. Nach der Räumung gingen die Auseinandersetzungen in Nebenstraßen weiter. Auch von mehreren Hauptstraßen wurden Krawalle gemeldet.
Zudem wurde ein Wachposten vor dem Präsidentenpalast in Brand gesteckt. Demonstranten schlugen mit Hämmern und Brechstangen auf mehrere Gebäude ein, zerstörten Schilder von Banken und warfen Fenster ein. Mindestens sieben Menschen wurden verletzt ins Krankenhaus gebracht. Es gab zahlreiche Leichtverletzte, die über Atemnot klagten oder leichte Verbrennungen beziehungsweise Platzwunden erlitten hatten.
"Die Regierung muss stürzen"
Zehntausende Menschen folgten dem Aufruf der Gewerkschaften, sich im Rahmen eines zweitägigen Generalstreiks zu Protesten in der Athener Innenstadt zusammenzufinden. Auf den Bannern der Demonstranten waren Slogans wie "Die Macht dem Volk" oder "Die Regierung muss stürzen" zu lesen.
Mit dem größten Streik seit vielen Jahren legten sie das öffentliche Leben lahm. "Wir rechnen mit mehr als 200.000 Menschen", sagte ein Sprecher der Gewerkschaft des staatlichen Bereichs (ADEDY). Nach Angaben der Polizei beteiligten sich bislang mehr als 125.000 Menschen an den großen Kundgebungen in Athen, Thessaloniki, Patras und Heraklion.
Nach Angaben der Gewerkschaft sollen alle Protestzüge vor dem Parlament zusammenlaufen, wo am Abend eine Debatte über weitere geplante Sparmaßnahmen auf dem Programm steht. Die Kundgebung dort soll dann der Höhepunkt der Streikaktion werden.
Auch der Bäcker hat geschlossen
Abseits der Proteste blieb es ruhig in den Straßen Athens. Dort waren die Schaufenster geschlossener Geschäfte mit Postern beklebt, auf denen stand: "Wir schließen für heute, so dass wir nicht für immer schließen müssen." Es ist das erste Mal, dass sich auch kleinere Läden für den täglichen Bedarf wie Bäckereien an dem Ausstand beteiligen. Schulen, Behörden, Ministerien und große Geschäfte blieben geschlossen.
Ein Radiosender nannte den Arbeitskampf den "größten Streik seit Jahrzehnten", der Nachrichtensender Skai sprach von der "Mutter aller Streiks". Neben den Bäckern beteiligen sich Bus- und Taxifahrer, Beamte, Ärzte, Lehrer, Tankstellenpächter, Seeleute und Fluglotsen daran.
Diese hatten bereits um Mitternacht die Streikrunde eingeläutet. Allerdings wollen sie nur zwölf und nicht 48 Stunden streiken, um die Folgen für den Luftverkehr in Grenzen zu halten. Dennoch fielen am Athener Flughafen nach Angaben einer Sprecherin bis zum Mittag 150 Flüge aus. Auch Verbindungen von und nach Deutschland waren betroffen.
Papandreous Beschwichtigungsversuche ohne Erfolg
Ministerpräsident Giorgos Papandreou versuchte, die aufgebrachten Griechen zu beschwichtigen, doch alle Appelle verpufften bislang. Er wandte sich zuletzt eindringlich am Dienstagabend an sein Volk und verglich die Situation des Landes mit einer Art Kriegszustand. "Wir müssen durchhalten in diesem Krieg als Volk, als Regierung, als parlamentarische Gruppe, für das Land, um ihn zu gewinnen."
Es wird erwartet, dass Papandreous dünne Mehrheit von vier Sitzen reicht, um das neue Spargesetz auf den Weg zu bringen. Griechenland muss harte Spar- und Reformauflagen erfüllen, um im Gegenzug Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds zu bekommen. Ohne fremde Hilfe kann das Land seine Schulden nicht mehr bedienen. Ein Zahlungsausfall aber könnte die gesamte Euro-Zone in eine tiefe Krise stürzen.
Mit dem Oppositionschef zum EU-Gipfel?
Das Land steckt das dritte Jahr in Folge in der Rezession. Die Staatsverschuldung beläuft sich auf 162 Prozent der Wirtschaftsleistung. Beim EU-Gipfel am Sonntag in Brüssel soll eine Strategie für das weitere Vorgehen in der Schuldenkrise vorgestellt werden. Wie aus Athen verlautete, soll Papandreou wegen der dramatischen Lage in seinem Land Oppositionschef Antonis Samaras vorgeschlagen haben, gemeinsam zum EU-Gipfel nach Brüssel zu reisen.