Verhandlungen von Regierung mit Troika Griechen steuern auf sechstes Rezessionsjahr zu
Verhandlungen, Sparmaßnahmen, Proteste - die Situation in Griechenland scheint nach dem immer gleichen Muster abzulaufen. Aktuell geht es um zwölf Milliarden Euro, die die Regierung einsparen muss. Doch offenbar hilft das nicht. Griechenland steuert auf das sechste Rezessionsjahr in Folge zu.
Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
"Troika raus", brüllen empörte griechische Bürger vor dem Finanzministerium in Athen, in dem die Chefs der Troika mit Finanzminister Yannis Stournaras über das Sparpaket verhandeln. Alle, die hier protestieren, haben schon viele Kürzungen ihrer Löhne oder Renten hinnehmen müssen. Nun, so fürchten sie, sollen sie nochmal auf rund zehn Prozent ihres Einkommens verzichten.
"Die Galgen stehen bereit", rufen die Demonstranten und drohen damit ihren Ministern, die das Sparpaket ausarbeiten und den Experten der Troika von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, die auf einen harten Sparkurs pochen.
Details des Sparpakets dringen nicht nach außen. Noch steht nicht fest, welche Löhne wie stark gekürzt werden sollen. Klar ist nur, dass die Troika darauf dringt, dass Griechenland endlich einen ausgeglichenen Haushalt bekommt. Noch immer aber gibt der griechische Staat deutlich mehr Geld aus als er einnimmt.
15.000 Beamte müssen entlassen werden
Die Ausgaben müssen runter. Deshalb, so fordert offenbar die Troika, müsse der griechische Staat noch in diesem Jahr 15.000 Beamte entlassen. Die Regierung will solche harten Maßnahmen vermeiden. Sie befürchtet, andernfalls könnten soziale Unruhen ausbrechen, die außer Kontrolle geraten.
Der Zorn der Protestierenden war heute nicht zu überhören: Als Paul Thomsen, Chef-Verhandler des Internationalen Währungsfonds, aus einem Seitenausgang des Athener Finanzministeriums kam und in sein Auto hastete, brandeten sogleich Buh-Rufe auf.
Kinderfreibeträge sollen gestrichen werden
Weder von der Troika noch von der griechischen Regierung gab es heute eine Erklärung; sie verhandeln hinter verschlossenen Türen. Aber: Finanzminister Stournaras legte am Nachmittag einen ersten Entwurf für den Haushalt des kommenden Jahres vor. Darin sind bereits milliardenschwere Einsparungen eingeplant. So sollen zum Beispiel Kinderfreibeträge gestrichen werden. Das heißt: Eltern mit Kindern müssen dann genauso viele Steuern zahlen wie Paare ohne Kinder. Viele Sozialleistungen sollen gestrichen, Löhne und Renten gekürzt werden.
Insgesamt will die Regierung fast zwölf Milliarden Euro kürzen. Einige Gewerkschaften drohen bereits mit Streiks, aber nicht nur für 24 Stunden, sondern unbefristet, bis die Regierung die Sparmaßnahmen zurücknimmt. Das aber will die Regierung nicht tun, um endlich einen Haushalt ohne Defizit zu erreichen und nicht weiter im Schuldensumpf zu versinken.
Allerdings wird die Talfahrt der griechischen Wirtschaft weitergehen: Nach einem Minus von fast sieben Prozent in diesem Jahr rechnet das Athener Finanzministerium auch im kommenden Jahr damit, dass die Wirtschaft weiter schrumpft, und zwar um vier Prozent. Die Regierung hofft dennoch, mit der Sparpolitik die Krise zu überwinden und ab 2014 wieder ein Wirtschaftswachstum zu erreichen.