Finanzmarktregulierung Kabinett billigt Verbot ungedeckter Leerverkäufe

Stand: 02.06.2010 14:03 Uhr

Das Bundeskabinett hat ein Verbot ungedeckter Leerverkäufe beschlossen. Ohne strenge Regulierung neigten Märkte zur Selbstzerstörung, sagte Finanzminister Schäuble. Er äußerte die Hoffnung, der deutsche Vorstoß könne die Einführung einheitlicher europäischer Regeln beschleunigen.

Zwei Wochen nach dem umstrittenen deutschen Alleingang weitet die Bundesregierung das Verbot für riskante Börsenwetten aus. Das Bundeskabinett billigte einen entsprechenden Gesetzentwurf, wie der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans mitteilte.

Künftig sollen alle ungedeckten Leerverkäufe untersagt werden. Hoch spekulativen Wetten von Investoren auf fallende Kurse wird damit ein Riegel vorgeschoben. Das Verbot betrifft laut Bundesfinanzministerium deutsche Aktien sowie deutsche und österreichische Staatsanleihen.

Aktienmarkt
Bei Leerverkäufen oder "short sellings" verkaufen Händler Aktien, die sie nur ausgeliehen haben. Wenn der Kurs des Papiers unter den eigenen Verkaufspreis gefallen ist, kaufen sie die Aktien zurück und verdienen an der Differenz abzüglich einer Leihgebühr.

Ungedeckte Leerverkäufe sind eine verschärfte Form der "short sellings". Anders als bei einem normalen Leerverkauf sind bei dieser englisch "naked short selling" genannten Spekulationsform die verkauften Wertpapiere noch nicht einmal geliehen. Damit kann theoretisch ein Vielfaches der aktuell verfügbaren Papiere verkauft werden, was starke Kursverwerfungen nach sich ziehen kann. Der Short Seller hat bei dieser Form dann in der Regel mehrere Tage Zeit, sich die Papiere, die er bereits verkauft hat, nachträglich zu beschaffen.

"Potenziell krisenverstärkende Transaktionen"

In der Gesetzesbegründung heißt es: Durch das gesetzliche Verbot "bestimmter potenziell krisenverstärkender Transaktionen" und mehr Transparenz solle negativen Marktentwicklungen entgegengetreten werden. Ungedeckte Leerverkäufe seien in der Krise "in einem nicht mehr beherrschbaren Maße" von Investoren genutzt worden, um Marktentwicklungen zu beeinflussen, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Ohne strenge Regulierung neigten Märkte am Ende zur Selbstzerstörung.

Mit dem Verbot prescht Berlin erneut vor. Vor zwei Wochen hatte die Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin bereits ein befristetes Verbot ungedeckter Leerverkäufe verhängt. Damit hatte sich Deutschland heftige Kritik von Investoren und den EU-Partnern eingehandelt. Letztere monierten vor allem den deutschen Alleingang in dieser Frage. Schäuble sieht das anders. "Den Vorwurf, wir würden hier Alleingänge machen, würde ich aus meiner Sicht widerlegen." Die deutsche Entscheidung schwäche nicht Europa, sondern beschleunige die Einführung einheitlicher europäischer Regeln. Die EU-Kommission will ihre Vorschläge zum Umgang mit Leerverkäufen erst im Oktober vorlegen.