Die Zukunft der Warenhäuser Karstadt, Kaufhof & Co brauchen Imagewechsel
Der Milliardendeal ist geplatzt: Kaufhof bleibt vorerst in der Hand des Handelsriesen Metro - obwohl es zahlreiche Interessenten gibt. Konkurrent Karstadt kommt unterdessen gestärkt aus der Insolvenz und erwartet mehr Umsatz. Hat sich die angeschlagene Warenhausbranche wieder erholt?
Von Marie Teresa Giese für tagesschau.de
Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen, in dem keiner der Interessenten eine Gelegenheit ausließ, die Zukunft der Warenhäuser anzupreisen: Gleich drei Bewerber buhlten zuletzt um die Metro-Tochter Kaufhof mit den mehr als 100 Warenhäusern und rund 20.000 Mitarbeitern. Darunter die österreichische Immobilienfirma Signa mit ihrem Chef René Benko sowie ein Konsortium aus Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen und dem Finanzinvestor Blackstone.
Doch das viele Werben scheint vorerst vergebens gewesen zu sein: Völlig überraschend hat der neue Metro-Chef, Olaf Koch, den Kaufhof-Verkauf nun bis auf Weiteres auf Eis gelegt. "Die aktuelle Lage am Kapitalmarkt bietet keine geeigneten Rahmenbedingungen für eine so wichtige Transaktion", sagte Koch am Morgen in Düsseldorf. Offenbar war ihm das Angebot zu niedrig.
Warenhäuser trotz Umsatzsteigerung im freien Fall
Dabei schienen die Warenhäuser zuletzt wieder einen Aufschwung zu erleben: Kaufhof wurde umgarnt von mehreren Interessenten und Karstadt ging aus der Insolvenz gestärkt hervor - in den kommenden fünf Jahren erwartet der Konzern Umsatzsteigerungen von insgesamt knapp einer halben Milliarde Euro.
Doch der Schein trügt. Der Marktanteil von Warenhäusern sinkt stetig. In den 1970er-Jahren trugen sie noch mit 14 Prozent zum Umsatz des Einzelhandels bei. Mitte der 1990er-Jahre halbierte sich der Marktanteil und heute sind es nur noch drei Prozent.
"Kaufhäuser werden nicht in der Anzahl bestehen bleiben, wie wir sie heute haben. Ob es 20 oder 40 sind, die in den kommenden Jahren schließen werden, ist schwer zu sagen", analysiert Joachim Stumpf, Geschäftsführer der BBE Handelsberatung GmbH. Die Idee Warenhaus brauche einen neuen Anstrich.
Das bestätigt auch Kai Falk vom Handelsverband Deutschland (HDE). "Wegen ihrer Größe sind Warenhäuser weniger flexibel als einzelne Filialen und Einkaufszentren. Deshalb müssen sie sich mit neuen Ideen und Modellen der Konkurrenz stellen."
Einfach Einkaufen war gestern - schön Shoppen ist morgen
Und tatsächlich bietet das Prinzip Alles-unter-einem-Dach auch Vorteile. "In Zukunft wird entscheidend sein, was für ein Erlebnis den Kunden beim Einkaufen geboten wird. Gibt es Ruheräume zum Entspannen, eine Zone mit kostenfreiem W-Lan-Anschluss oder Kaffee zum Mitnehmen? Was das betrifft, haben die Warenhäuser wegen ihrer Größe einen Vorteil gegenüber individuellen Geschäften", so Stumpf. Sie böten halböffentliche Räume, die neben dem Zuhause und dem Arbeitsplatz eine soziale, entspannende Funktion in der Gesellschaft einnehmen könnten.
Hertie, Horten und Co. sind Geschichte - nur zwei große Warenhauskonzerne sind in Deutschland übrig geblieben: Karstadt und Kaufhof.
Im künftigen Shoppingverhalten würden diese Räume eine immer größere Rolle spielen. Es gehe nicht mehr um das reine Einkaufen, sondern um ein Gesamterlebnis.
Für Warenhäuser könnte das eine Überlebenschance sein, meinen die Experten. "An attraktiven Standorten - zum Beispiel in Innenstädten - werden sich immer tragfähige Konzepte finden lassen, trotz starker Konkurrenz", sagt Stumpf. Aber an weniger zentralen Punkten oder in kleineren Gemeinden werde es ohne neue Konzepte immer wieder Schließungen geben.
Einkaufszentren sind unabhängiger und flexibler als Warenhäuser
Auch die Konkurrenz durch Einkaufszentren, deren Zahl sich seit 1990 vervierfacht hat, verschärft den Wettbewerb für Warenhäuser immens, so Falk vom HDE. Das zeigt auch das Beispiel in Stuttgart, wo die Hamburger ECE-Gruppe mitten in der Innenstadt ein 43.000 Quadratmeter großes Einkaufszentrum mit mehr als 200 Geschäften bauen will. Dabei mangelt es in der schwäbischen Hauptstadt nicht an Einkaufsmöglichkeiten.
Oder ein zweites Beispiel des europäischen Marktführers für innerstädtische Shopping-Center: die Hamburger Europa Passage mit 120 Geschäften auf fünf Ebenen in zentraler Lage. "Einkaufszentren haben deutlich bessere Überlebenschancen als Warenhäuser, weil sie viel flexibler auf Entwicklungen auf dem Markt reagieren können", sagt Stumpf.
Durch die Absage des Kaufhof-Verkaufs von Metro-Chef Olaf Koch wird es in Deutschland vorerst weiterhin zwei konkurrenzfähige Warenhausketten geben. Dabei hätte die Handelsberatung BBE gerade in einer Fusion von Karstadt und Kaufhof eine gesteigerte Überlebenschance für Warenhäuser gesehen. "Berggruen hat gezeigt, dass er Karstadt auf einen guten Weg geführt hat", so Stumpf. "Durch einen Zusammenschluss mit Kaufhof würde der Warenhausbetreiber seine Position sowohl national als auch international weiter ausbauen und beispielsweise Beschaffungsvorteile erlangen." Das könne die ohnehin angeschlagene Warenhausbranche langfristig stärken."