Abstimmung über EFSF Merkel ist eine breite Mehrheit wohl sicher

Stand: 25.10.2011 20:42 Uhr

Kanzlerin Merkel kann vermutlich mit einer breiten Zustimmung des Bundestags im Rücken zum EU-Gipfel fahren. Koalitions- und Oppositionsfraktionen einigten sich auf einen gemeinsamen Entschließungsantrag, um den Euro-Rettungsschirm per Hebel zu vergrößern. Ob die Kanzlerin auch eine Mehrheit aus den eigenen Reihen bekommt, ist noch unklar.

Bundesregierung und der Großteil der Opposition haben sich auf die Grundzüge einer gemeinsamen Linie bei der Stärkung des Euro-Rettungsschirms EFSF verständigt. Die Verhandlungsführer der Bundestagsfraktionen von Union, FDP, SPD und Grünen vereinbarten einen gemeinsamen Entschließungsantrag für die Bundestagsdebatte am Mittwoch. Damit dürfte eine breite Mehrheit bei der Abstimmung am Mittwoch im Bundestag gesichert sein.

Der Entwurf dieses Entschließungsantrags sieht unter anderem vor, dass den "europäischen systemrelevanten Banken" eine Frist bis 30. Juni 2012 gesetzt wird, sich mit einer Rekapitalisierung gegen neue Risiken zu wappnen. Zudem wird darauf hingewiesen, dass sich durch die geplante Hebelung der EFSF-Mittel "das Verlustrisiko verändern kann". Deutschland ist an den Garantien mit 211 Milliarden Euro beteiligt.

Fraktionen müssen noch zustimmen

Unklar ist aber noch, wie groß die Zustimmung in den Fraktionen zu dem Entwurf sein wird. Die SPD will ihr Abstimmungsverhalten bis unmittelbar vor der Debatte am Mittwoch im Bundestag offenhalten. Darüber werde erst auf einer Sondersitzung der SPD-Abgeordneten am Mittwochmorgen entschieden, sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Grund für die Verzögerung sei, dass die Regierung immer noch keinen "ordentlichen Text" vorgelegt habe, worüber eigentlich abgestimmt werden solle. Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, erklärte, die Fraktionen müssten noch zustimmen. Laut Unions-Parlamentsgeschäftsführer Peter Altmaier wird es sowohl im Parlament als auch beim anschließenden EU-Gipfel nicht um Details der Hebelung gehen, sondern lediglich um eine grundsätzliche Zustimmung.

Mehrere Koalitionsabgeordnete wollen Nein sagen

Auch ob Bundeskanzlerin Angela Merkel die sogenannte Kanzlermehrheit oder eine eigene Mehrheit der Koalitionsfraktion erhalten wird, ist noch offen. Innerhalb der Unionsfraktion kündigten mehrere Abgeordnete bereits an, gegen die Hebelung des EFSF zu stimmen - bei einer Probeabstimmung gab es sieben Nein-Stimmen und drei Enthaltungen. Bei den Liberalen stimmten vier Parlamentarier mit Nein, zwei enthielten sich.

Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach sagte der "Rheinischen Post", er werde wieder mit Nein stimmen, "denn alle diese Maßnahmen helfen nicht, das Problem auf Dauer zu lösen". Zudem steige durch den Kredithebel das Risiko der Inanspruchnahme deutscher Kreditbürgschaften. Der CDU-Haushaltsexperte Klaus-Peter Willsch sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", er werde ebenfalls nicht zustimmen. "Es wird versucht, die übermäßige Verschuldung mit immer mehr Schulden zu bekämpfen. Das funktioniert nicht."

Der FDP-Politiker Frank Schäffler kritisierte im ARD-Morgenmagazin, man wolle jetzt Italien an den Tropf hängen, deshalb werde abgestimmt. Dem Land solle geholfen werden, seine Anleihen-Preise zu senken. Das führe aber dazu, dass Italien nie mehr aus dem Dilemma herauskomme.

Der CDU-Finanzexperte Klaus-Peter Flosbach rechnet trotzdem mit einer eigenen Mehrheit der Bundesregierung. "Ich habe keinen Zweifel, dass die Kanzlermehrheit zustande kommen wird", sagte Flosbach "Handelsblatt Online". Für diese symbolisch wichtige Mehrheit dürfen aber höchsten 19 Abgeordnete von CDU, CSU und FDP gegen den Entwurf stimmen.

"Chaotisches Krisenmanagement"

Die Koalition hatte sich erst am Montag für eine Abstimmung im Plenum des Bundestages und nicht nur im Haushaltsausschuss ausgesprochen, nachdem sie noch am Freitag entsprechende Vorstöße der Opposition zurückgewiesen hatte. SPD und Grüne warfen ihr deshalb ein chaotisches Krisenmanagement vor.

Voraussichtlich wird der Bundestag am Mittwoch im Anschluss an die für mittags geplante Regierungerklärung von Kanzlerin Merkel über die EFSF-Leitlinien entscheiden. Die Kanzlerin benötigt parlamentarische Rückendeckung, damit sie anschließend beim EU-Gipfel den Plänen für einen Kredithebel beim Euro-Rettungsschirm zustimmen kann.