Vorschlag einer Banklizenz für ESM Rettet ein Schutzschirm ohne Limit den Euro?
Die Euro-Staaten beteuern, den Euro mit allen Mitteln retten zu wollen. Im Gespräch ist nun die Idee, dem Rettungsschirm ESM die Möglichkeit zu geben, quasi unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenstaaten zu kaufen. Wegen der enormen Risiken lehnte die Bundesregierung das Modell bislang immer ab.
Von Malte Pieper, MDR, ARD-Hauptstadtstudio Berlin
Es ist inzwischen ein geradezu verzweifeltes Ringen gegen Spekulanten, gegen die sogenannten Märkte. Eine Idee jagt die nächste. Das einzige Ziel ist es, den Dominoeffekt zu verhindern, dass immer mehr Euro-Länder quasi fallen und die gemeinsame Währung scheitern könnte.
Dreh- und Angelpunkt ist Spanien. Denn den Entscheidern in Paris, Brüssel, Rom oder Berlin ist klar: Gelingt es nicht, Spanien zu stabilisieren, kommt auch das hoch verschuldete Italien unter Druck. Und dafür würde wohl kein Rettungspaket oder Rettungsschirm mehr ausreichen. Zuletzt hatte EZB-Chef Mario Draghi indirekt angedeutet, man solle Staatsanleihen etwa von Spanien in großem Maße aufkaufen, um so die Zinsen für Madrid wegen der dann hohen Nachfrage wieder erträglich zu machen.
Kauf von Staatsanleihen zur Beruhigung der Märkte
Doch kommt es hart auf hart, wären auch die Mittel der Rettungsschirme EFSF und ESM irgendwann erschöpft. Deshalb die neueste Idee: ein Schutzschirm, quasi ohne Limit nach oben. Der neue Europäische Stabilitätsmechanismus ESM soll demnach im großen Stil Anleihen von Spanien und Italien aufkaufen können. Diese hinterlegt er dann bei der Europäischen Zentralbank als Sicherheiten und bekommt neues Geld. So könnten, wie in einem Kreislauf, so lange Staatsanleihen aufgekauft werden, bis die Länder wieder genug Geld haben und "die Märkte" endlich beruhigt sind.
Das sei eine gute Idee, findet Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Denn bislang sei es doch so, dass die Staaten sich bei Privatbanken Geld leihen müssten. "Die bekommen dafür sieben Prozent von dem betroffenen Staat", sagt er. Die EZB gebe ihrerseits den Banken Geld zu einem Zinssatz von einem Prozent. "Bleiben sechs Prozentpunkte in den Taschen der Banken", rechnet Trittin vor. "Ich würde mir wünschen, dass das eher in den Taschen des Europäischen Rettungsfonds bleibt. Deswegen ist eine Banklizenz für den ESM die bessere Alternative zum bloßen Ankauf von Anleihen auf dem Sekundärmarkt durch die Europäische Zentralbank."
Koalition lehnt Banklizenz für ESM ab
Die Reaktion aus Berliner Regierungskreisen ist dagegen bislang ebenfalls genauso eindeutig wie bei den Koalitionsparteien. Michael Meister, Unionsfraktionsvize, machte am Morgen im Westdeutschen Rundfunk schnell klar: Ein Rettungsschirm ESM mit praktisch unbegrenzter Feuerkraft komme nicht in Frage. "Wir haben dazu in Deutschland eine klare Position. Wir haben immer gesagt haben, eine Banklizenz ist für uns weder für EFSF noch für ESM diskutabel", sagte Meister.
Eine Inflation könnte nämlich heraufbeschworen werden, die Unabhängigkeit der EZB könnte ebenso gefährdet werden und am Ende viel Geld weg sein. Ein Argument, das man im Ausland vielfach nicht mehr hören kann.
Bislang war vorgesehen, dass der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM Staatsanleihen von Euro-Ländern selbst kaufen kann, damit diese Staaten niedrigere Zinsen zahlen müssen, wenn sie sich bei Investoren Geld leihen. Der ESM kann diese Papiere aber nicht unbegrenzt kaufen. Denn das Geld für diese Geschäfte muss sich der Rettungsschirm auf dem Kapitalmarkt selbst leihen. Zur Absicherung dient dabei das Stammkapital von 700 Milliarden Euro, das die Euro-Staaten bereitstellen.
Bekäme der ESM nun eine Banklizenz, könnte er sich wie andere Geldhäuser nach Bedarf frisches Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen. Dafür müsste er Sicherheiten wie die erworbenen Staatsanleihen hinterlegen. So käme ein Kreislauf in Gang, der sich praktisch unbegrenzt fortsetzen ließe. Denn mit dem EZB-Geld könnte der ESM weitere Staatsanleihen kaufen. Damit stiegen aber auch die Risiken für die anderen Euro-Staaten.
Luxemburgs Außenminister platzt der Kragen
Nachdem gestern Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker deutliche Worte zur deutschen Politik fand, platzte nun seinem Stellvertreter, Jean Asselborn, der Kragen. "So einfach ist es ja nicht, dass nur die Interessen des deutschen Steuerzahlers zu sehen sind, sondern dass wir uns wirklich in der Europäischen Union zusammenraufen und dass Vertrauen kommen muss in die Positionen der Europäischen Zentralbank und dass man das nicht zerreden und zertreten soll", sagte Asselborn im ARD-Morgenmagazin. "Sonst schaden wir uns allen, schadet Deutschland sich selbst, und Europa ist damit nicht geholfen." Klar ist: Die Diskussion ist damit eröffnet, Sommerpause hin oder her.