Trotz drastischer Leitzinserhöhung Der Absturz des Rubels geht weiter
Von 10,5 auf 17 Prozent erhöhte die russische Notenbank in der vergangenen Nacht den Leitzins - und selbst die Wirkung dieses dramatischen Schritts ist schon wieder verpufft. Nur wenige Stunden später erreicht die russische Währung neue Tiefstände.
Um mehr als zehn Prozent rutschte der Rubel allein gestern im Vergleich zum Dollar und zum Euro in seinem Wert ab. An den Moskauer Tauschbuden leuchteten Preise von 80 Rubel für einen Euro, wo vor einem Jahr noch knapp die Hälfte angezeigt wurde. Ausgelöst wurde der Rubel-Rutsch möglicherweise durch Aussagen des Ölministers der Vereinigten Arabischen Emirate, der sich auch einen Ölpreis von 40 Dollar vorstellen könnte. Zum Vergleich: Jetzt kostet das Barrel knapp unter 60 Dollar.
"Das beinhaltet auch Chancen"
In der Nacht traf sich der Russische Zentralbankrat dann zu einer Sondersitzung und beschloss, den Leitzins von 10,5 Prozent auf 17 Prozent zu erhöhen. Dessen Vorsitzende Elvira Nabiullina erklärte nach der Sitzung: "In letzter Zeit ist der Rubel deutlich schwächer geworden. Die wichtigsten Ursachen dafür waren die Senkung der Ölpreise und fehlenden Möglichkeiten unserer Unternehmen und Banken, sich im Ausland mit Geld zu versorgen. Die Schwächung des Rubelkurses wird unterschiedliche Auswirkungen auf die russische Wirtschaft haben, beinhaltet aber auch Chancen, nämlich Importe durch eigene Produkte zu ersetzen. Um die negativen Auswirkungen, in erster Linie auf die Inflation, einzuschränken, haben wir die Entscheidung getroffen, den Leitzins zu erhöhen."
Investitionen müssen warten
Ein solcher Schritt bedeutet, dass es für Anleger, auch ausländische, attraktiver wird, Geld in Russland zu investieren. Sie bekommen mehr für ihr Geld. Für die russische Wirtschaft aber bedeutet es, dass es teurer wird, sich Geld zu leihen. Wichtige Investitionen müssen warten. Oder sie werden vielleicht überhaupt nicht getätigt - was fatal ist, denn die Konjunktur schwächelt. Der frühere Wirtschaftsminister Andrej Netschajew erklärte: "Sehr bedeutsam ist auch, dass das Vertrauen in den Rubel verloren gegangen ist. Sowohl die Bürger als auch die Unternehmen kaufen Devisen, weil sie eine stärkere Währung suchen, um ihre Ersparnisse vor der Inflation zu schützen."
Sanktionen nicht die Hauptursache
Das Sanktionspaket des Westens gegen Russland war möglicherweise einer der Auslöser der Krise. Doch sind die Strafmaßnahmen wegen der Annexion der Krim und der russischen Rolle in der Ostukraine nach Ansicht von Experten nicht die Hauptursache der derzeitigen Situation. Russland sei in erster Linie Opfer eine Marktkrise, denn seine Wirtschaft hänge völlig vom Ölpreis ab. Hätte das Land andere Exportgüter als Rohstoffe, auf die sie ausweichen könnte, würde die Krise nicht so hart zuschlagen.
Der Schritt der russischen Zentralbank, den Leitzins um 6,5 Punkte anzuheben, sollte das Finanzsystem auf Kosten der Wirtschaft sichern. Er verschaffte dem Rubel nur kurz Entlastung. Bereits am Vormittag lag der Verkaufspreis höher als gestern Abend.