Verhandlungen der EU-Finanzminister Start des Euro-Rettungsfonds vorverlegt
Die EU-Finanzminister haben sich in Brüssel auf den Vertrag für den künftigen Euro-Rettungsfonds ESM geeinigt. Der Krisenfonds soll bereits am 1. Juli starten - ein Jahr früher als geplant. Kritik gab es dagegen an den griechischen Sparbemühungen. Diese seien "aus der Spur geraten".
Von Cai Rienäcker, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
Bis kurz vor Mitternacht saßen die Finanzminister aller EU-Staaten in Brüssel zusammen, um über die wichtigen Weichenstellungen der Eurozone zu beraten. Anschließend konnte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker das wichtigste Ergebnis verkünden: "Wir waren in der Lage, uns auf einen Text für einen überarbeiteten ESM-Vertrag zu einigen. Der ESM wird nun früher in Kraft treten, im Juli 2012 statt im Juli 2013."
Damit, so Eurogruppenchef Juncker, sei der künftige ständige Rettungsschirm jetzt besser als es der im vergangenen Jahr ausgehandelte Vertrag vorgesehen habe. Es bleibt vorerst weiter bei dem festgelegten Kreditvolumen von 500 Milliarden Euro. Im März soll aber wie geplant überprüft werden, ob dieser Umfang des ständigen Rettungsschirms weiter angemessen ist. Der italienische Regierungschef Mario Monti und IWF-Chefin Christine Lagarde hatten gefordert, die Mittel des ESM deutlich aufzustocken.
ESM soll unabhängiger von Ratingagenturen werden
Der ESM löst den im Sommer auslaufenden Hilfsfonds für klamme Eurostaaten (EFSF) ab. Als wichtige Neuerung wird er über ein Barkapital von 80 Milliarden Euro verfügen und damit unabhängiger von Bewertungen der Ratingagenturen werden. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte nach dem Finanzministertreffen in Brüssel, er sehe ebenfalls Diskussionsbedarf: "Ja, wir müssen weiter daran arbeiten, unsere finanzielle Brandschutzmauer zu stärken. Die heutige Entscheidung, den ESM-Vertrag fertigzustellen, ist dabei ein Eckstein für diese Firewall."
Die EU-Finanzminister konnten in Brüssel auch bei einem zweiten wichtigen Papier vorankommen: dem Fiskalpakt. Wie beim letzten Gipfel im Dezember beschlossen, wollen die Eurostaaten und alle anderen EU-Staaten bis auf Großbritannien die Defizitregeln deutlich verschärfen. Verschiedene Entwürfe hatten in den letzten Wochen die Runde gemacht. Eurogruppenchef Juncker sieht den jetzt erarbeiteten Text als gute Grundlage für den EU-Gipfel am kommenden Montag.
Zinssatz für griechische Staatsanleihen senken
Ob bis zum EU-Gipfel nächste Woche auch Fortschritte aus Griechenland zu vermelden sind, ist weiter unsicher. Zum ersten Mal mischen sich die Euro-Staaten jetzt öffentlich in die Verhandlungen der griechischen Regierung mit den Banken ein. "Die Minister haben ihren griechischen Kollegen gebeten, die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern so fortzusetzen, dass die Zinssätze der neu auszugebenden Staatsanleihen deutlich unter vier Prozent liegen", sagte Juncker.
Bis zum Jahr 2020, präzisierte er anschließend, sollten diese Zinssätze sogar unter 3,5 Prozent liegen. Damit werden die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt der Banken von mindestens 50 Prozent gegenüber Griechenland nicht einfacher. Die Euro-Finanzminister machten auch klar, dass Griechenland selbst mehr tun müsse, um weitere Hilfskredite zu bekommen. "Es ist offensichtlich, dass das griechische Programm aus der Spur gekommen ist. Und deswegen muss mehr unternommen werden, bevor wir ernsthaft ein neues griechisches Hilfsprogramm angehen können", sagte Juncker. Der Eurogruppenchef betonte noch einmal, dass trotzdem kein falscher Eindruck entstehen solle: Alle anwesenden Finanzminister seien der Meinung gewesen, dass Griechenlands Zukunft in der Eurozone liege.