Unternehmen kämpfen gegen starken Franken Schweizer wollen nicht in Euro bezahlt werden
Seit Monaten hat die Schweizer Wirtschaft ein Problem: Der Franken ist viel zu stark. Das bekommt der Tourismus zu spüren, aber vor allem die Export-Industrie. Sie versucht nun, Angestellte in Euro zu bezahlen. Dagegen regt sich Widerstand - Gewerkschaften rufen zum Streik auf und klagen vor Gericht.
In der Schweiz regt sich Protest gegen die zunehmende Bezahlung von Angestellten in Euro. Mehrere - vor allem exportorientierte - Schweizer Firmen waren angesichts des starken Frankens dazu übergegangen, ihre Belegschaft nicht mehr in Franken, sondern in Euro zu bezahlen. Nach einem Proteststreik ist etwa die Geschäftsführung des Uhren- und Luxusgüterzulieferers Sycrilor in Noirmont im Jura nun bereit, innerhalb von einem Monat gemeinsam mit den Gewerkschaften nach einer Lösung zu suchen. Das bestätigte Sekretär der Gewerkschaft Unia, Pierluigi Fedele, der Nachrichtenagentur dpa.
Die Auszahlung in Euro bedeute für die 80 Arbeitnehmer "30 Prozent weniger Lohn", sagte Fedele. Ende Juli sei den Mitarbeitern, überwiegend Grenzgängern aus dem nahen Frankreich, mitgeteilt worden, dass sie bereits ihren August-Lohn in Euro erhalten würden. Sycrilor-Geschäftsführer Marc Epstein erklärte gegenüber der Schweizer Nachrichtenagentur SDA, sein Unternehmen, spezialisiert auf die Behandlung von Metallen für Präzisionsteile, leide wie andere exportorientierte Unternehmen auch unter der Stärke des Franken. Durch den gestiegenen Kurs seien die Produkte auf dem Weltmarkt weniger wettbewerbsfähig.
Die Mopac AG, ein Verpackungshersteller aus Wasen im Emmental, hatte im Februar bereits die Löhne seiner Angestellten an den Euro-Kurs angebunden und dabei um zehn Prozent gekürzt, wie Unia weiter mitteilte. Die Gewerkschaft reichte dagegen Klage ein. Unternehmenschef Rainer Füchslin bleibt aber bei seiner Position. Die Gewerkschaft fordert die Schweizer Regierung zum Handeln auf, sonst seien 120.000 Arbeitsplätze bedroht.
Regierung beschließt Milliardenhilfen
Die Schweizer Regierung hatte kürzlich ein Milliarden-Paket gegen die Auswirkungen des starken Franken beschlossen. Nach längerem Zögern rang sich der Bundesrat durch, den von einem Einbruch bedrohten Branchen mit insgesamt zwei Milliarden Franken - umgerechnet rund 1,8 Milliarden Euro - unter die Arme zu greifen. Profitieren sollen vor allem Exportunternehmen und Tourismus-Betriebe. Bis zum Herbst will die Regierung dem Parlament einen Vorschlag vorlegen, wie die Mittel genau eingesetzt werden sollen. Medienberichten zufolge könnten von der Krise besonders hart getroffenen Firmen ein Teil der Sozialabgaben vorübergehend entlassen werden.
Notenbank schließt Bindung an Euro nicht mehr aus
Mitte August hatte Vizepräsident der Schweizerischen Notenbank SNB, Thomas Jordan, in einem Interview gesagt, dass sich die Notenbank vorstellen könne, den Franken vorübergehend an den Euro zu binden. Die Notenbank stemmt sich seit Wochen gegen die starke Aufwertung des Schweizer Franken. Mit dem Beginn der Börsen-Turbulenzen Anfang August eilte der Franken zu Euro und Dollar von einem Rekord zum nächsten - neben dem japanischen Yen gilt die Schweizer Währung als "sicherer Hafen" am Devisenmarkt, in den sich verunsicherte Anleger flüchten. Unter dem starken Franken leiden vor allem die exportorientierten Unternehmen der Schweiz.
Der Euro hatte gegenüber dem Franken im Jahresvergleich zwischenzeitlich um mehr als 25 Prozent seines Werts verloren, stieg in den vergangenen Tagen aber wieder etwas an.