Wegen deutscher Gebühren Tschechien setzt wieder auf russisches Gas
Tschechien sieht sich als großer Unterstützer der Ukraine. Doch das Land kauft wieder verstärkt russisches Gas - und füllt damit Putins Kriegskasse. Aus Prag heißt es, deutsche Transitgebühren seien schuld.
Öl und Gas sind die größten Einnahmequellen Russlands. Zu den wichtigsten Käufern zählte lange Tschechien. Damit war vor einem Jahr Schluss. Im November des vergangenen Jahres sagte Premierminister Petr Fiala: "Ich bin sehr stolz darauf, dass wir es geschafft haben, uns in Rekordzeit, innerhalb weniger Monate, aus der fast hunderprozentigen Abhängigkeit von russischem Gas zu befreien. Heute brauchen wir praktisch kein russisches Gas mehr."
Das werde im Ausland hoch geschätzt und Tschechiens Weg werde an Universitäten gelehrt, ergänzte Industrieminister Jozef Sikela, mittlerweile EU-Kommissar. "Außerdem werden wir dank dieses Erfolgs nicht mehr durch unsere Zahlungen für Gas die russische Armee finanzieren, die in der Ukraine kämpft und mordet.“
Import von russischem Gas steigt rasant
Im vergangenen Jahr kamen nur sieben Prozent des Gases in Tschechien aus Russland. Die Regierung sicherte sich Flüssiggas-Kapazitäten in den Niederlanden und in Deutschland und investierte in Leitungen. Doch seitdem steigt der Import von russischem Gas über die Slowakei und die Ukraine wieder - in diesem November rasant auf rund 95 Prozent.
"Aber es ist doch egal, was zu uns fließt. Das Wichtigste ist, dass wir wählen können", rechtfertigt sich Premier Fiala in einem Interview. Der Grund: Das russische Gas ist billiger als die neuen Alternativen. Außerdem entscheide nicht die Regierung, sondern die Händler. "Wichtiger ist, dass uns Putin nicht mehr erpressen kann mit seinem Gas. Das kann er nicht mehr. Das konnte er vor zwei Jahren."
Mehr Geld für russisches Gas als für Ukraine-Hilfen
Fakt bleibt jedoch: Länder wie Tschechien, aber auch die Slowakei, Ungarn oder Österreich, tragen dazu bei, Russlands Krieg in der Ukraine zu finanzieren, wie der Energie-Experte Tomas Jungwirth Brezovsky kritisiert: "Laut einem Bericht des finnischen Thinktanks CREA hat die Tschechische Republik seit dem Beginn der Vollinvasion fünfmal mehr Geld für russisches Öl und Gas gezahlt, als sie in dieser Zeit zur Unterstützung der Ukraine überwiesen hat", sagt er. "Das sollte meiner Meinung nach Grund genug sein, um die russischen Gasimporte zu beenden."
Die tschechische Regierung könnte Händler für Preisunterschiede entschädigen, schlägt der Forscher vor. Er fordert zudem ein gemeinsames Vorgehen der EU. Aber auch Deutschland müsse aktiv werden: "In ihrer Analyse sind sich tschechische Medien und Experten einig: Der Preisunterschied beim Gas besteht zum großen Teil wegen der Transitgebühr aus Deutschland."
Deutsche Gasspeicherumlage soll eigentlich wegfallen
Die Bundesregierung führte die sogenannte Gasspeicherumlage vor zwei Jahren ein, als die Gaspreise in die Höhe schossen. Inzwischen liegt sie bei 2,50 Euro pro Megawattstunde. Im Januar wird sie auf knapp drei Euro steigen.
Nach Kritik aus Ländern wie Tschechien und von der EU-Kommission soll die Gebühr für den Gastransport ins Ausland dann eigentlich wegfallen. Eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes liegt im Bundestag. Allerdings ist fraglich, ob sie nach dem Ampel-Aus noch durchkommt. Falls nicht, dürfte es Tschechien noch schwerer fallen, Russland wirklich den Gashahn zuzudrehen.