Mit der Trägerrakete Ariane 6 will die Europäische Weltraumorganisation (ESA) wieder einen "eigenen Zugang zum All“. Getestet wurde wichtige Komponenten auch in Baden-Württemberg.

Baden-Württemberg Ariane 6: Die Rakete wurde in Baden-Württemberg mitentwickelt

Stand: 08.07.2024 16:42 Uhr

In Französisch-Guyana soll die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 erstmals starten. Wichtig dabei: Technik und Know-How aus Baden-Württemberg. Viele aufwendige Prüf- und Testverfahren sind hier im Land erfolgt.

Die neu entwickelte europäische Trägerrakete Ariane 6 soll am 9. Juli 2024 vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana zu ihrem Jungfernflug starten.

Start der Ariane 6 Trägerrakete live verfolgen

YouTube-Video von European Space Agency, ESA: "Ariane 6 first flight - clean feed (Official broadcast)"

Der erste Test der Ariane 6 war ursprünglich für 2020 vorgesehen, wurde aber immer wieder verschoben. Mit der Trägerrakete Ariane 6 will die Europäische Weltraumorganisation (ESA) wieder einen "eigenen Zugang zum All" um so selbst Satelliten in eine Erdumlaufbahn schicken zu können. Die sehr erfolgreiche Vorgänger-Rakete 5 hatte ihren letzten Flug im Juni 2023.

Bei ihrem ersten Testflug soll die Ariane 6 insgesamt 17 kleinere Nutzlasten an Bord haben, darunter auch einige aus Deutschland. Der erste kommerzielle Start der Trägerrakete ist für Ende des Jahres geplant. Knapp 30 weitere Flüge sind bereits gebucht, darunter auch Starts für das geplante Satellitennetzwerk "Projekt Kuiper" des Amazon-Konzerns.

Mit der Trägerrakete Ariane 6 will die Europäische Weltraumorganisation (ESA) wieder einen "eigenen Zugang zum All". Wichtige Komponenten wurden auch in Baden-Württemberg getestet.

Mit der Trägerrakete Ariane 6 will die Europäische Weltraumorganisation (ESA) wieder einen "eigenen Zugang zum All". Wichtige Komponenten wurden auch in Baden-Württemberg getestet.

Wichtige Elemente der Ariane-6-Trägerrakete wurden in Baden-Württemberg überprüft und getestet

Was jetzt von Kourou ins All startet, das war schon mal hier: Bei Zeppelin in Friedrichshafen wurden und werden alle Bauteile für die Tanks der Ariane-6-Rakete geprüft, sogar zweimal. Das ist ein aufwendiger Prozess.

Eine fluoreszierende Flüssigkeit wird auf die Tanks gesprüht und anschließend wieder entfernt. Durch die Reste der Flüssigkeit werden Risse in den Tanks sichtbar, wenn es welche gibt. Die Augen der Spezialisten sind genauer als jeder Scanner - ihnen entgeht nichts.

Sicherlich haben wir eine große Tradition in der Ariane-Historie, weil wir auch schon früher für Ariane 4 selber Tanks hergestellt haben. Ich denke aber in der heutigen Zeit mit dem Portfolio, das wir machen, sind wir wirklich ein kleiner Baustein von vielen, die wichtig sind für die Ariane. Kerstin Kleemann, Geschäftsführerin Zeppelin Aviation & Industrial Service GmbH

Auch die Antriebe der Ariane 6 wurden in Baden-Württemberg geprüft

Besonders wichtig für einen erfolgreichen Start der Ariane 6 : Die Antriebe. Auch die werden in Baden-Württemberg getestet. In Lampoldshausen bei Heilbronn steht die wichtigste europäische Forschungs- und Testeinrichtung für Raketenantriebe. Getestet wird hier schon seit Ende der 1950er. Für die Ariane 6 hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eigens einen neuen Prüfstand gebaut - für Tests möglichst nah am echten Flugbetrieb.

In Lampoldshausen bei Heilbronn (Baden-Württemberg) wurde die Oberstufe der Trägerrakete Ariane 6 getestet und mitentwickelt.

In Lampoldshausen bei Heilbronn (Baden-Württemberg) wurde die Oberstufe der Trägerrakete Ariane 6 getestet.

Deshalb testen wir zum Beispiel auch die Oberstufentriebwerke unter Vakuumbedingungen, weil das sind ja auch die Bedingungen, die die Triebwerke später im Flug dann auch aushalten müssen. Anja Frank, DLR, Leiterin Versuchsanlagen

Schon das Einhängen der fast zwölf Meter hohen Oberstufe mit über fünf Meter Durchmesser in den Teststand ist Millimeterarbeit. Die Raketen-Oberstufe bringt künftig Satelliten in ihre Umlaufbahn ab einer Höhe von 170 Kilometern. Getestet wurden aber auch alle anderen Antriebe.

So laufen die Tests der Ariane-6-Raketentriebwerke in Lampoldshausen

Deshalb startet die Trägerrakete Ariane 6 nicht aus Deutschland

Hätte man die neue Ariane dann nicht auch gleich von Lampoldshausen aus starten können? Im Prinzip ja, doch der Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana hat einen entscheidenden Vorteil: Er liegt näher am Äquator. Dort lassen sich Raketen viel energiesparsamer starten als von unseren nördlichen Breitengraden aus.

Die neue Ariane-Rakete – Europas teurer Zugang zum Weltraum

Ist die Ariane 6 schon vor ihrem ersten Start veraltet?

Die ersten Ideen und Entwicklungen der Ariane 6 begannen Anfang der 2010er Jahre. Zum Teil wird die Kritik geäußert, dass die neue Trägerrakete schon veraltet sei, bevor sie überhaupt das erste Mal geflogen ist. Im Gegensatz zur Ariane 6 ist die Falcon-9-Rakete von Space-X zum Beispiel wiederverwendbar und günstiger.

Allerdings ist die Falcon 9 nur für private Auftraggeber günstiger. Die US-Bundesbehörde NASA zahlt pro Start einer Falcon 9 mehr als private Auftraggeber und auch mehr als ein Start mit der Ariane 6 kosten würde. Immer wieder wird diese Preispolitik als Subvention durch die Hintertür kritisiert.

Jeder Jungfernflug einer Rakete birgt Risiken

Der letzte Jungfernflug einer Ariane - der Ariane 5 - endete bereits nach etwa 40 Sekunden in einem großen Feuerball. Der Grund war ein grober Programmierfehler, wodurch der Computer abstürzte, die Rakete außer Kontrolle geriet und dann vom Boden aus das Signal zur Selbstzerstörung gesendet wurde.

Die neuen Triebwerke, Oberstufe und Startrampe der Ariane 6 wurden zwar, soweit das möglich ist, vorab getestet, doch am Ende muss sich die Rakete bei einem tatsächlichen Flug bewähren. Dabei kann schon der kleinste Fehler zu einem spektakulären Fehlschlag führen.

Mindestens neun Flüge der Ariane 6 pro Jahr geplant

Der erste kommerzielle Flug der Ariane 6 soll Ende des Jahres stattfinden - ein erfolgreicher Test vorausgesetzt. Für 2025 sind derzeit acht Starts geplant, danach soll sich die Frequenz auf mindestens neun Flüge im Jahr einpendeln.

Sendung am Di., 9.7.2024 16:05 Uhr, Wissen aktuell - Impuls, SWR Kultur

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