Manuel Hagel, Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg

Baden-Württemberg CDU-Landeschef Hagel will grüne Ära in BW beenden und Kretschmann beerben

Stand: 29.03.2025 19:51 Uhr

Der angekündigte Abgang des grünen Erfolgsgaranten Winfried Kretschmann verleiht den Christdemokraten Flügel. Der junge Manuel Hagel soll die langjährige Hochburg der CDU BW zurückerobern. Schafft er das?

Die CDU Baden-Württemberg legt ihr Schicksal nun vollends in die Hände ihres 36 Jahre alten Partei- und Fraktionsvorsitzenden: Am Samstag hat Manuel Hagel in den Parteigremien in Friedrichshafen am Bodensee angekündigt, dass er Spitzenkandidat bei der Landtagswahl im März 2026 werden will.

Die Parteispitze zeigte sich erfreut über die seit langem erwartete Bewerbung. Hagels Kür beim CDU-Parteitag im Mai gilt als Formsache. Sein Auftrag ist klar: Er soll die dann 15 Jahre währende grüne Ära in Baden-Württemberg beenden - und wieder in die Regierungszentrale, die Villa Reitzenstein in Stuttgart, einziehen, die die CDU vorher 58 Jahre lang innehatte.

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Interview mit Manuel Hagel

CDU in BW hofft auf "frischen Wind"

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß aus dem Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen begrüßte die Kandidatur Hagels. Mit ihm sei es möglich, wieder stärkste Kraft im Land zu werden.

Nach 15 Jahren grüner Politik braucht es jetzt wieder einen frischen Wind und mehr Gestaltungswille. Thomas Bareiß, CDU-Bundestagsabgeordneter

Um aber bei der Landtagswahl erfolgreich zu sein, brauche es auch Rückenwind aus Berlin, so Bareiß. Erster öffentlicher Gratulant außerhalb der CDU war am Samstag der Finanzminister Baden-Württembergs, Danyal Bayaz (Grüne).

Social-Media-Beitrag auf Twitter von Danyal Bayaz: "Lieber @HagelManuel, Glückwunsch zu diesem beachtenswerten Schritt! Ich freue mich auf einen fairen Wettstreit um die besten Ideen für unser Land und auf weiterhin gutes und verlässliches Regieren in unserer Koalition. https://t.co/o8TAJI3vMj"

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Potrait: Wer ist Manuel Hagel?

Hagel will "konservativ inspirierten Umweltschutz" in Baden-Württemberg

Der CDU-Landesvorsitzende Hagel will im Wahlkampf um das Ministerpräsidentenamt auch den Umweltschutz in den Blick nehmen. Umweltschutz sei kein Thema, das die Grünen gepachtet hätten, sagte Hagel nach Verkündung seiner Spitzenkandidatur für die Landtagswahl bei einer Abendveranstaltung in seiner Heimat Ehingen. Viele Menschen hätten keine Lust auf Umweltschutz, weil sie durch Regulierung, Normen und Jobabbau abgeschreckt seien. Hagel plädierte für einen "konservativ inspirierten Umweltschutz", mit dem die CDU zeigen könne, dass Umweltschutz auch gelingen könne. "Umweltschutz ist Heimatschutz", sagte Hagel. Es gehe dabei nicht nur um Greta Thunberg, sondern vielleicht auch um Papst Franziskus, um Bauern und Streuobstwiesen.

Manuel Hagels Erfolg hängt auch von Merz' Performance ab

Die Chancen für einen Erfolg Hagels stehen derzeit nicht schlecht: Der grüne Landesvater und Erfolgsgarant Winfried Kretschmann (76) tritt nicht mehr an. Umfragen zeigen den kleinen Koalitionspartner CDU seit Monaten gut zehn Punkte vor den Grünen. Dabei profitierten die Christdemokraten im Land aber auch vom Verdruss über die Ampel-Bundesregierung und vom Aufschwung der Union im Bund. Krisen und Kriege haben den Klimaschutz in der politischen Agenda verdrängt. Noch ist der Trend der Freund der CDU - aber eben auch der AfD.

Hagels grüner Gegenspieler im Wahlkampf dürfte Cem Özdemir (59) werden. Der geschäftsführende Bundeslandwirtschaftsminister hatte seine Kandidatur schon im Oktober verkündet. Er muss aber noch vom Parteitag im Mai bestätigt werden. Der Wahlkampf in BW dürfte auch davon abhängen, ob die Koalition aus Union und SPD in Berlin zustande kommt und wie sich Friedrich Merz dann als voraussichtlicher Kanzler schlägt.

Ist der frühere Sparkassen-Filialleiter der Richtige?

Aber ist Hagel, ehemaliger Filialleiter der Sparkasse Ehingen (Alb-Donau-Kreis), der Richtige, um seiner Partei zu altem Glanz zu verhelfen und die Grünen abzulösen? Seine Parteikarriere ist steil: Mit 28 Jahren wurde er Generalsekretär, mit 33 Fraktionschef. Als Hagel Ende 2023 als Nachfolger von Thomas Strobl auch noch zum Landesparteichef gewählt wurde, stand eigentlich schon fest, dass er Spitzenkandidat werden würde.

Hagel gibt sich konservativ, tritt in Asylfragen als Hardliner auf, kann aber inhaltlich auch geschmeidig sein, wie zuletzt bei der Schuldenbremse. Grüne Strategen nennen das hinter vorgehaltener Hand "beliebig" und "unglaubwürdig".  

Hagels größtes Manko: Im Vergleich zu Özdemir ist er noch ziemlich unbekannt. Als echte Leistung wird ihm zugutegehalten, dass die CDU BW - anders als unter Strobl - geschlossen auftritt. Die Ablösung von Innenminister Strobl als Parteichef organisierte Hagel relativ geräuschlos. Heilsam wirkt da sicher auch, dass mit dem angekündigten Abgang Kretschmanns die Siegchance für die CDU deutlich größer ist als bei den vergangenen beiden Wahlen. Wenn Posten winken, wirkt das in der Regel disziplinierend.

Hagel versucht Spagat zwischen Schützenverein und Start-ups

In Bayern dürfte Manuel Hagel noch gar nicht Ministerpräsident werden, dort gibt es eine Altersgrenze von mindestens 40 Jahren - in BW liegt diese bei 35. Die CDU BW will mit dem jungen Hagel auf Erneuerung setzen, nachdem nun der deutlich ältere Kretschmann so lange am Ruder war. Experten wie Professor Frank Brettschneider von der Universität Stuttgart-Hohenheim sehen in ihm eher einen Kandidaten des ländlichen Raums. Das müsse aber kein Problem sein, so Brettschneider, wenn Hagel als heimatverbunden, also nah an den Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen werde.

Hagel versucht Stadt und Land zu verbinden, wechselt zwischen Janker und Anzug hin und her. Im SWR-Interview sagte er mal, er wolle den Ministerpräsidenten Lothar Späth (1978-1991) und Erwin Teufel (1991-2005) nacheifern. "Ich finde so dieses Landsmannschaftliche, dieses Erdverbundene von Erwin Teufel ziemlich cool", erklärte Hagel. "Lothar Späth mit seiner Ambition, mit seiner Tatkraft, für das Land was zu machen, mit Start-ups, mit High-Tech." Aktuell imponiert ihm der nordrhein-westfälische CDU-Regierungschef Hendrik Wüst (49), der als "Landespapa" erfolgreich sei. Hagel hat mit seiner Frau drei kleine Kinder.

In Städten in BW ist Özdemir der Gegner - auf dem Land womöglich die AfD

Sein Rivale Cem Özdemir kommt zwar aus Bad Urach, wird aber als ehemaliger Stuttgarter Bundestagsabgeordneter eher als Kandidat der Städte wahrgenommen. Zumal er als Landwirtschaftsminister die geballte Wut der Bauern abbekam, nachdem die Ampel Ende 2023 Steuersubventionen für Landwirte strich. Andererseits hat der 59-jährige Özdemir Regierungserfahrung, gilt als versierter Redner und versucht sich als wahrer Erbe des wertkonservativen und pragmatischen Kretschmann zu inszenieren.

Wenn Özdemir gewinnen will, muss der selbst ernannte "anatolische Schwabe" wie Kretschmann auch in ländlichen Gebieten punkten. Bei der CDU wird bezweifelt, dass die Grünen auf dem Land ihr Hauptgegner sein werden. Die AfD werde auch hier immer stärker - das hätten die Ergebnisse bei der Bundestagswahl gezeigt.

Mit dem grünen Koalitionspartner im Wahlkampf

Hagel muss bis zum voraussichtlichen Wahltermin am 8. März 2026 einen Balanceakt hinlegen. Einerseits muss sich der Partei- und Fraktionschef bekannter machen und Profil entwickeln. Auf der anderen Seite muss er weiter - wenn möglich ohne großen Streit - mit den Grünen um Kretschmann regieren. "Bloß keine Fehler machen", heißt deshalb die interne Devise.

Banger Blick nach Berlin

Das würde sich die CDU BW auch von Friedrich Merz wünschen. Doch es gibt Unruhe wegen der Koalitionsverhandlungen mit der SPD - denn die im Wahlkampf angekündigten Wenden bei Migration und Wirtschaft sind bisher noch nicht wirklich in Sicht. Stattdessen gibt es ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro und eine für Verteidigung aufgeweichte Schuldenbremse - zur Freude der SPD. Die Grünen, im Wahlkampf noch von Söder und Merz beschimpft, wurden plötzlich für die Änderung des Grundgesetzes im alten Bundestag gebraucht. Die Ampel ist so gut wie Vergangenheit. Nun muss Merz zeigen, was er kann. Ohne Rückenwind aus Berlin dürfte die Rückeroberung der Villa Reitzenstein für Hagel deutlich schwerer werden.

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