Polizeiwagen am Einsatzort

Baden-Württemberg Großsachsenheim: Mann soll Ehefrau mit Messer attackiert haben

Stand: 18.07.2024 17:55 Uhr

Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl gegen einen Mann erlassen, der am Mittwoch versucht haben soll, sich und seine Frau mit einem Messer zu töten. Das Motiv ist noch unklar.

Direkt vor dem Bahnhofsgebäude in Sachsenheim (Kreis Ludwigsburg) soll ein 52-jähriger Mann am Mittwochnachmittag kurz vor 15 Uhr auf seine 50 Jahre alte Ehefrau eingestochen haben. Danach habe er versucht, sich selbst mit dem Messer zu töten, teilte die Polizei am Abend mit. Der Mann soll bei der Tat mehrfach auf das Opfer eingestochen haben, wie oft ist noch unklar. Das Opfer wie auch der Täter wurden schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.

Die Frau schwebte am Donnerstag nach Angaben der Polizei weiterhin in Lebensgefahr, der tatverdächtige Mann ist mittlerweile stabil. Er soll im weiteren Verlauf in ein Justizvollzugskrankenhaus überstellt werden. Denn die zuständige Staatsanwaltschaft Heilbronn hat mittlerweile Haftbefehl gegen den 52-jährigen Ehemann erlassen, wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung.

Augenzeugen kümmerten sich um attackierte Frau

"Es war eine Tat in aller Öffentlichkeit am helllichten Tag", erklärte ein Polizeisprecher auf SWR-Anfrage. Dementsprechend gab es zahlreiche Augenzeugen der Tat, die sich um die verwundete Frau kümmerten und deren Aussagen nun sortiert und bewertet werden müssten. Zudem sucht die Polizei nach weiteren Zeugen. Die Kriminalpolizei ist noch dabei, den genauen Tathergang zu rekonstruieren. Derzeit können die Ermittler beispielsweise weder bestätigen noch ausschließen, dass ein bis dahin unbeteiligter Dritter den Mann überwältigt hat, wovon in sozialen Medien die Rede ist.

Tathintergründe und Motiv noch unklar

Zudem sind weder der mutmaßliche Täter noch das Opfer vernehmungsfähig. Ob es sich bei der Tat um einen Femizid handelt oder ob andere Tatmotive vorliegen, kann die Polizei deshalb noch nicht beantworten. Angesichts dessen, dass in den sozialen Medien über den Tathergang wie die Tathintergründe viel spekuliert wird, appelliert die Polizei an die Bevölkerung, sich mit Spekulationen zurückzuhalten. Die Ermittlungen zu Details und Hintergründen der Tat liefen noch.

Polizei: Gefahr für die Bevölkerung bestand nicht

Für die Bevölkerung, so versichert die Polizei, habe jedenfalls keine Gefahr bestanden. Auch der Bahnverkehr war nicht beeinträchtigt. Bei dem Einsatz war ein Großaufgebot an Polizei und Rettungskräften im Einsatz. Im Zusammenhang mit dem Vorfall kam es auch zum Einsatz eines Rettungshubschraubers, die Verletzten selbst wurden aber mit dem Krankenwagen in die Klinik gebracht.

Warum sprechen wir von Femizid?

Als Femizid bezeichnet man die Tötung einer Frau oder eines Mädchens aufgrund ihres Geschlechts. Wird in Deutschland jemand von seinem (Ex-)Partner oder Ehepartner getötet, ist in über 90 Prozent der Fälle das Opfer weiblich. 2021 wurde rechnerisch alle drei Tage eine Frau von ihrem (Ex-)Partner oder Ehepartner getötet. Das geht aus der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts hervor. Ein versuchtes Tötungsdelikt gegen eine Frau durch (Ex-)Partner oder Ehemann gab es rechnerisch sogar fast jeden Tag. In Notfällen könne sich betroffene Frauen auch an das Hilfetelefon unter der Nummer 0800 0116 016 wenden. Woher stammt der Begriff? Der Begriff Femizid wird inzwischen von vielen Frauenorganisationen und Aktivistinnen und Aktivisten, aber auch in der Wissenschaft verwendet. Auch Journalistinnen und Journalisten sprechen verstärkt von Femizid, um beschönigende und irreführende Begriffe wie "Familiendrama", "Ehrenmord" oder "häusliche Gewalt" zu vermeiden und auf das Ausmaß der Gewalt aufmerksam zu machen. Der Begriff geht auf die Soziologin und Feministin Diane E. H. Russell zurück. Er soll verdeutlichen, dass es sich dabei um Hassverbrechen handelt. Diese geschehen laut Russell entweder aus Frauenhass, oder weil Frauen aus traditionellen Rollenvorstellungen ausbrechen. 2011 hat der Europarat die Istanbul-Konvention beschlossen, die seit 2018 auch in Deutschland verbindlich ist. Darin wird geschlechtsspezifische Gewalt als "strukturelles Problem" anerkannt. Die 46 Mitgliedsstaaten des Europarats verpflichten sich durch die Konvention, unter anderem "Gewalt gegen Frauen zu verhüten, zu verfolgen und zu beseitigen". (Europarat und Rat der EU sind leicht zu verwechseln, aber nicht dasselbe - hier wird der Unterschied erklärt.)

Sendung am Do., 18.7.2024 18:00 Uhr, SWR1 BW Nachrichten

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