Wo bei Großevents viel Geld und zu viel Emotionen im Spiel sind, darf der Staat zur Kasse bitten. Das ist eine - juristisch sehr verkürzte - Zusammenfassung des Urteils von Dienstag. Für mich ist es aber der Kern.
König Fußball sorgt für Spannung und sportliche Hochleistungen. Dafür lieben ihn so viele Menschen, deswegen pilgern jedes Wochenende Zehntausende in die Ovale der Republik. Sie ärgern sich und feiern ihre Mannschaften in den Stadien. Jedes Wochenende landauf, landab - auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Polizeieinsätze ermöglichen das Geldverdienen
Aber manche Fans übertreiben es maßlos. Dann stehen hunderte Polizeibeamte bereit. Die verhindern die heftigsten Gewaltexzesse und sorgen dafür, dass andere Fans das Spiel genießen können. Die Polizei garantiert also, dass die Spieltage überhaupt stattfinden können. Und damit auch: Dass der Fußball sein Geld verdienen kann. Es ist daher richtig, dass die Liga für besonders intensive Hochrisikospiele mitzahlt.
![Philip Raillon (Foto: SWR) Philip Raillon](/swraktuell/baden-wuerttemberg/karlsruhe/1736870941969%2Cphilip-raillon-100~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Der Bremer Sonderweg und das Urteil am Dienstag zeigen: Nicht überall regiert das Geld. Ausgerechnet der kleine Stadtstaat Bremen war bereit, es mit der mächtigen Deutschen Fußball Liga (DFL) aufzunehmen. Da haben sich Politiker hingestellt und eine unbeliebte Entscheidung getroffen. Die Liga hat sich das Geld kurzerhand vom SV Werder Bremen zurückgeholt. Den Verein haben die Kosten stark getroffen. Das hat eine Menge Druck auf die Bremer Politik geladen. Denn der SV Werder ist da nicht irgendwer.
Politik, wie man sie sich wünscht
Ein klassischer Bumerang, durch den das Problem also wieder bei der Politik landete? Könnte man meinen. Doch der Bremer Innensenator blieb standhaft. Im konkreten Fall wurde das heute offiziell vom Gericht bestätigt. Damit gaben die Richter einer Politik grünes Licht, die es nur noch selten gibt: einer Politik mit Vision, mit Idee, mit Plan und mit konsequenter Umsetzung - gegen Widerstand, aber mit Augenmaß und Vernunft.
Wenn die DFL nun beklagt, die Kosten würden steigen, kann ich das nicht verstehen. Ich hoffe sehr, dass Liga und Bundesländer nun eine Lösung für alle finden. Heißt: Dass alle Bundesländer die Kosten umlegen und dann alle Vereine einen Anteil zahlen. Wo kommen wir denn hin, wenn die Liga einzelne Vereine - wie etwa Bremen - mit den Kosten alleine ließe?
Es würde das Ungleichgewicht in der Liga verstärken. Ok, vielleicht wäre es insofern wenig überraschend, wenn die Vereine unsolidarisch wären. Und doch wäre es ein absolutes Armutszeugnis. Es wäre nicht nur unsolidarisch mit den betroffenen Vereinen, es wäre auch unsolidarisch mit der Allgemeinheit. Mit den Steuerzahlern, die mit Fußball nur wenig anfangen können.
Urteil kann sogar Nicht-Fußball-Fans begeistern
Das Gericht hat einen Weg gebilligt, wie bei gefährlichen Großveranstaltungen mit ausreichend großen Gewinnen, die Veranstalter einen Teil der Polizeikosten zahlen müssen. Es geht dabei nicht um ganz gewöhnliche Polizeieinsätze, sondern nur um die Mehrkosten für besondere Ereignisse, etwa für die Hochrisikospiele. Dieser Bremer Weg ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Ich hoffe, weitere Länder folgen dem Beispiel.
Wie sieht es aus in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz?
In Baden-Württemberg möchte die Landesregierung das Urteil prüfen, scheint aber eher skeptisch zu sein. Rheinland-Pfalz hat hingegen vor, die Kosten an den Fußball weiterzugeben. Deuten sich also schon hier im Südwesten die Streitlinien der kommenden Monate an? Es scheint so. Und das ist kein gutes Zeichen. Es ist jetzt am Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, diese Ansichten zu einen und einen gemeinsamen Weg zu finden. Was ein glücklicher Zufall, dass der Vorsitz gerade ausgerechnet beim Vorkämpfer in Sachen Fußballkosten liegt, dem Bremer Innensenator.
Ich hoffe, er hat dabei ein ähnlich gutes Händchen, wie bislang beim Thema Polizeikosten. Dann hätte die schönste Nebensache der Welt heute gezeigt, wie es richtig geht. Und das kann selbst Nicht-Fußball-Fans begeistern.