Baden-Württemberg Nach Anschlag in Magdeburg: Wie ist die Sicherheitslage auf Weihnachtsmärkten in BW?
Polizeipräsenz und Poller: Nach dem tödlichen Angriff auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg sind in Baden-Württemberg die Sicherheitsvorkehrungen auf einzelnen Märkten verstärkt worden.
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist die Zahl der Toten auf fünf gestiegen. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt, viele von ihnen schwer. Am Freitagabend war ein Mann mit einem Auto in den Weihnachtsmarkt gerast. Inzwischen haben einige Bundesländer ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Auch in Baden-Württemberg treffen einzelne Städte und Regionen Maßnahmen.
"Es sind grausame Bilder, die uns aus Magdeburg erreicht haben", sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Samstag. "Wir sind in Gedanken bei den Toten und Verletzten, ihren Angehörigen, ihren Familien und Freunden." Ähnlich hatte sich am Vormittag auch schon Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geäußert.
Am Vormittag seien unter anderem zwei Einsatzzüge der Polizei mit insgesamt knapp 80 Beamteinnen und Beamten nach Magdeburg entsandt worden, sagte Strobl und erläuterte das Sicherheitskonzept für die Weihnachtsmärkte in Baden-Württemberg. Hier tue man bereits alles, die zuständigen Behörden hätten die Sicherheitslage im Land aber noch einmal "im Lichte der Ereignisse und Erkenntnisse bewertet", so Strobl. "Aktuell liegen keine Erkenntnisse oder Hinweise vor, aus denen sich eine konkrete Gefährdung für Weihnachtsmärkte in Baden-Württemberg ableiten lässt."
Wir leben in Zeiten, in denen wir alle grundsätzlich wachsam sein müssen. Thomas Strobl (CDU), Innenminister Baden-Württemberg
Die Polizei Baden-Württemberg werde weiterhin eine hohe Präsenz auf Weihnachtsmärkten zeigen und diese bei Bedarf noch intensivieren. Alle Sicherheitskräfte seien vom Innenministerium noch einmal sensibilisiert worden und besonders wachsam. "Wir leben in Zeiten, in denen wir alle grundsätzlich wachsam sein müssen", so Strobl. "Freilich darf Angst nicht pauschal geschürt werden oder gar unseren Alltag bestimmen. Denn damit hätten die Feinde einer freien Gesellschaft ihr Ziel erreicht.“
- Für die sichere und ordnungsgemäße Durchführung von Veranstaltungen trägt grundsätzlich der jeweilige Veranstalter die organisatorische und fachliche Verantwortung.
- Gerade bei Großveranstaltungen kommt einem abgestimmten Sicherheitskonzept regelmäßig eine besondere Bedeutung zu. Deshalb berät die Polizei Veranstalter bei der Planung.
- Die Polizei trifft alle notwendigen polizeilichen Maßnahmen im Zusammenhang mit Weihnachtsmärkten, indem sie die Lage vor Ort einschätzt und sich an den Gefährdungsbewertungen des Bundeskriminalamts und des Landeskriminalamts orientiert. Sie stellt sicher, dass alle notwendigen Planungs- und Durchführungsmaßnahmen für die Gefahrenabwehr, Strafverfolgung und Verkehrsregelung ergriffen werden.
- Die konkreten Maßnahmen der Polizei richten sich am jeweiligen Einzelfall aus, wobei individuelle örtliche Gegebenheiten wie Größe, Lage, Zugangsmöglichkeiten, erwartetes Besucheraufkommen sowie regionale Erkenntnisse berücksichtigt werden.
- Seit dem 31. Oktober 2024 gelten umfangreiche Waffenrechtsänderungen. So ist es demnach beispielsweise verboten, bei öffentlichen Veranstaltungen, worunter auch Weihnachtsmärkte fallen, Messer aller Art mit sich zuführen.
- Die Polizei Baden-Württemberg hat bereits einfachere und zusätzliche Möglichkeiten bekommen, um Waffen- und Messerverbote zu kontrollieren und effektiv durchzusetzen. Eine entsprechende Verordnung hat das Kabinett auf Vorschlag von Innenminister Thomas Strobl bereits am 10. Dezember 2024 beschlossen.
- Vielerorts schützen mobile Poller und stationäre Sperren das Veranstaltungsgelände.
Sicherheit auf Weihnachtsmärkten in den BW-Regionen
Der SWR hat in den Regionen nachgefragt, welche Folgen sich aus den Ereignissen in Magdeburg für die Weihnachtsmärkte in Baden-Württemberg ergeben. Behörden und Veranstalter an vielen Orten haben ihre Sicherheitsvorkehrungen am letzten Wochenende vor den Feiertagen überprüft und teilweise auch verstärkt.
In der Region Stuttgart bleiben die Märkte geöffnet. In einigen Städten wurden die Sicherheits-Maßnahmen aber verschärft. In Esslingen wird etwa die Zahl der Polizei- und Ordnungskräfte erhöht. "Wir lassen uns nicht einschüchtern", betonte der Esslinger Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) in einem Schreiben. Der Weihnachtsmarkt bleibe geöffnet. Es wird aber die Zahl der Polizei- und Ordnungskräfte erhöht werden. Auf dem Weihnachtsmarkt in Ludwigsburg werde die Präsenz der Polizei und des internen Sicherheitspersonals ebenfalls steigen, so ein Sprecher der Stadt. Zudem sollen die Zugänge mit Feuerwehrautos verstellt werden. Eine erhöhte Gefahrenlage gebe es aber nicht. Keine neuen Erkenntnisse zur Sicherheitslage hat auch die Polizei in Stuttgart. Die Polizeipräsenz bleibe so wie an den Tagen zuvor. Der Markt öffne wie gewohnt. Auch im Rems-Murr-Kreis sollen die bisherigen Maßnahmen erhalten bleiben.
Die Stadt Karlsruhe habe sich am Vormittag mit den Verantwortlichen über das Sicherheitskonzept ausgetauscht, heißt es auf Anfrage des SWR. Demnach steht die Polizei mit den Veranstaltern der Weihnachtsstadt in engem Austausch. Die bereits installierten Poller seien ausreichend. Allerdings können laut Stadt nicht alle Zufahrtswege gesperrt werden. In Baden-Baden habe man sich auch gegen eine Sicherheitsaufrüstung entschieden. Die Stände sollen mit Kerzen und schwarzem Stoff aus Solidarität mit Magdeburg ausgestattet werden. In Pforzheim läuft der Markt wie gewohnt, es wird auf eine erhöhte Polizeipräsenz gesetzt. Die Zufahrtswege sollen zusätzlich verengt werden.
Auch auf dem Weihnachtsmarkt in Freiburg setzt die Polizei auf verstärkte Präsenz, sagte ein Sprecher dem SWR am Samstagmorgen. Wie Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn auf Instagram schrieb, seien in der Nacht Sicherheitspoller bei den Zufahrtswegen angebracht worden.
Auf dem Weihnachtsmarkt in Freiburg setzt die Polizei auf verstärkte Präsenz. Außerdem wurden in der Nacht Sicherheitspoller bei den Zufahrtswegen angebracht.
Im Polizeipräsidium Mannheim wurde über eine mögliche Verschärfung des Sicherheitskonzepts für die Weihnachtsmärkte in Mannheim und der Region beraten. "Gemeinsam mit der Polizei und den Veranstaltern prüfen wir die Sicherheitskonzepte für die Weihnachtsmärkte und passen sie wo nötig an die aktuelle Lage an, um eine größtmögliche Sicherheit zu ermöglichen", sagte Oberbürgermeister Christian Specht (CDU). Die zuständige Mannheimer Weihnachtsmarkt-Gesellschaft denkt eigenen Angaben zufolge darüber nach, die Sicherheitsmaßnahmen zu verbessern.
"Es wird nie hundertprozentige Sicherheit auf Weihnachtsmärkten geben", sagte der Veranstalter des Weihnachtsmarktes in Heidelberg, Mathias Schiemer. Die Betonbarrieren müssten so angebracht sein, dass Feuerwehr und Rettungswagen durchfahren können. Oft gebe es Zufahrtsstraßen, die man nicht verriegeln könne.
Heilbronn: Mehr Polizeipräsenz - Programm wird angepasst
Die Polizeipräsenz rund um den Weihnachtsmarkt in Heilbronn wird erhöht, das habe die Stadt in Absprache mit der Polizei beschlossen. Weitere bauliche Maßnahmen wie beispielsweise Poller sind dagegen nicht geplant. Das Programm wird außerdem angepasst. Das betrifft das Bühnenprogramm und die Christmas Beats. Am Samstagnachmittag war auch eine Schweigeminute geplant.
Bodensee-Oberschwaben: Sicherheitslage wird überprüft
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg überprüfen die Polizeipräsidien Konstanz und Ravensburg die Sicherheitslage auf den Weihnachtsmärkten in der Region:
Ulm: Weitere Poller und Fahrzeuge als Hindernisse
Auf dem Weihnachtsmarkt in Ulm soll die Sicherheit noch einmal erhöht werden. An den Straßen, die zum Ulmer Weihnachtsmarkt führen, werden weitere Poller aufgestellt. Schon bestehende Durchfahrtsbehinderungen sollen enger gestellt werden, damit es nicht möglich ist, mit einem Pkw mit hoher Geschwindigkeit hineinzufahren. In die Zufahrtsstraßen sollen auch für das letzte Weihnachtsmarktwochenende städtische Fahrzeuge als Hindernisse abgestellt werden. Vertreter von Polizei, Feuerwehr, Ordnungsamt und Marktbetreiber hatten sich am Vormittag auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt getroffen.
Auch in Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis) wird der Weihnachtsmarkt durch zusätzliche "Blockade-Fahrzeuge" des Ordnungsdienstes an den Zufahrtstraßen abgesichert. Außerdem soll es heute und morgen nach Angaben der Stadt eine höhere Polizei-Präsenz geben.
Mutmaßlicher Täter nutzte Flucht- und Rettungsweg
Ein Autofahrer ist am Freitagabend in Magdeburg auf dem Weihnachtsmarkt in eine Menschenmenge gerast. Bei dem Anschlag starben fünf Menschen, darunter ein Kleinkind. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen. Bei ihm handelt es sich nach Angaben der Behörden um einen 50 Jahre alten Mann aus Saudi-Arabien. Er sei im Jahr 2006 nach Magdeburg gekommen, habe einen unbefristeten Aufenthaltstitel und als Arzt gearbeitet. Der Polizei war er nicht als Islamist bekannt. Der mutmaßliche Täter soll über den Flucht- und Rettungsweg auf den Weihnachtsmarkt gelangt sein. Nach Angaben der Stadt Magdeburg war dieser Weg nicht durch Sperren oder Poller geschützt. Es seien aber mobile Einsatzkräfte der Polizei dort stationiert gewesen.
Sendung am Sa., 21.12.2024 19:30 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW